Darstellung der Grenztruppen in einem Schulbuch aus dem Jahre 1964

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08.06.2013 16:10
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ABV

Hallo Forengemeinde!
Zu meinen Hobbys gehört das Durchforsten von Trödelläden. Dabei fiel mir vor einiger Zeit ein DDR-Schulbuch für den Heimatkundeunterricht der 5. Klassen, Ausgabe 1964, in die Hände. Hochinteressant und aus heutiger Sicht zuweilen unfreiwillig komisch. In dem Buch wird, neben vielen anderen Gegenden der damaligen DDR, auch auf den Harz eingegangen. Geradezu nostalgisch wirkt eine Fotoaufnahme des Brockens. Auf dem sogar Skiwanderer zu sehen sind. Konnte der Brocken im Jahre 1964 von " normalen Bürgern" noch betreten werden? Die Autoren des Heimatkundebuchs ließen auch die mitten durch den Harz verlaufende Staatsgrenze nicht unerwähnt.
Geschildert wurde auch der Alltag der Grenztruppen:

Mit Genossen unserer Grenzsicherungstruppen unterwegs

Kartenarbeit: Folge auf der Atlaskarte dem Verlauf unserer Staatsgrenze im Gebiet des Harzes!
Es ist Winter. Das Thermometer zeigt -20 Grad Celsius an. Ein scharfer Nordwestwind streicht über das Gebirge. In kurzen Abständen fegen Windstöße über die Hänge und wirbeln den Schnee auf. Die Straßen des kleinen Harzstädtchens sind menschenleer. Die vielen Wintersportler bleiben bei diesem Wetter lieber in den warmen, behaglichen Räumen ihrer Ferienheime.
Dennoch gibt es Menschen, die bei diesem Wetter ihren Dienst im Freien versehen. Es sind die Genossen unserer Grenzsicherungstruppen. Wie hier im Harz, stehen sie Tag und Nacht überall an der Staatsgrenze unserer Republik auf Wacht, um unser sozialistisches Vaterland mit der Waffe zu schützen.
Trotz der Kälte wollen wir einige Genossen bei ihrem Streifengang begleiten!
Über vereiste Pfade und durch meterhohe Schneewehen stapfen wir voran. Aufmerksam sucht der Postenführer mit seinem Feldstecher das Gelände ab. Da hat er eine verdächtige Spur entdeckt! Deutlich sind Fußtapfen im Schnee zu erkennen. Sie können nicht von einer unserer Grenzstreifen herrühren! Schnell werden die Genossen im Stützpunkt benachrichtigt. Acht Soldaten mit einem Fährtenhnd beginnen die Spur zu verfolgen. Von der Schnelligkeit dieser Gruppe hängt es ab, ob die Grenzverletzer bald gefasst werden können.
Eineinhalb Stunden dauert nun schon die Verfolgung. Wie mit spitzen Nadeln beisst die Kälte in unsere Gesichter. Doch dann ist es geschafft! In einer dichten, tiefverschneiten Schonung werden die Verfolgten gestellt. Die Genossen richten ihre Maschinenpistolen auf das Versteck. Bevor die Grenzverletzer Gegenwehr leisten können, sind sie überwältigt und entwaffnet. Es sind zwei Männer, die voller Hass auf die Soldaten blicken. Bei der Durchsuchung ihrer Kleidung und ihrer Rucksäcke kommen Brandplättchen, Sprengstoff, Munition, Landkarten, Lagepläne und gefälschte Ausweise zum Vorschein. Zwei gefährliche Agenten aus Westdeutschland sind gefasst! Von den Genossen werden sie zur Vernehmung abgeführt. Später werden sie sich vor einem Gericht der DDR zu verantworten haben und ihrer gerechte Strafe erhalten
.

Wie überall an unseren Staatsgrenzen, stehen auch im Harz die Genossen der Grenzsicherungsgruppen für unsere Republik auf Wacht. Ihr Dienst ist schwer und verantwortungsvoll.

Nun kann sich ja jeder selbst seinen Reim auf das Geschriebene machen. Das die " Grenzverletzer" ausgerechnet aus westlicher Richtung kamen und "ganz schlimme Finger waren", versteht sich fast von selbst. Wie hätte man zehnjährigen Kindern auch erklären können, dass die besagten "Grenzverletzer" in den allermeisten Fällen aus der Gegenrichtung kamen. Und keine Agenten, Diversanten oder was auch immer waren. Wie sage ich es meinem (Schul)kinde?
Meine Schulzeit dauerte von 1970-1980. Ich kann mich jedoch nicht erinnern, dass die Tätigkeit der Grenztruppen im Schulunterricht auf diese Weise behandelt wurde. Was aber auch daran liegen kann, dass es mich damals schlichtweg noch nicht interessierte. Wie sah es bei euch aus Wurde im Unterricht auf diese oder ähnliche Weise, "Schleichwerbung" für die Grenztruppen der DDR betrieben?

Gruß an alle
Uwe

09.06.2013 01:50
#2
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Danke Uwe.

Hier meine Heimatkundeunterricht der 4. Klassen, Ausgabe 1987


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09.06.2013 16:05
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#3
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ABV

Danke Schlutup. Ich bin 1980 aus der Schule gekommen. Damals gab es ja schon den Wehrkundeunterricht. Da wurde unter Garantie auch über Grenzdienst und Grenztruppen gesprochen. Aber im Heimatkundeunterricht? Ist ja auch schon ein paar Jährchen her.

Viele Grüße aus dem sonnigen Oderland
Uwe

09.06.2013 16:31 (zuletzt bearbeitet: 09.06.2013 16:32)
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Zitat von ABV im Beitrag #3
Danke Schlutup. Ich bin 1980 aus der Schule gekommen. Damals gab es ja schon den Wehrkundeunterricht. Da wurde unter Garantie auch über Grenzdienst und Grenztruppen gesprochen. Aber im Heimatkundeunterricht? Ist ja auch schon ein paar Jährchen her.

Viele Grüße aus dem sonnigen Oderland
Uwe


In manchen Schulen ergab sich das Thema Grenztruppen 1964 von selbst.Auch ohne Schulbuch.

seaman


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09.06.2013 16:46
#5
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moin moin ABV,
hast mal ein Foto von deinem Schulbuch?

Danke schlutup


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09.06.2013 20:47
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Wir hatten als Klasse so eine Art Patenschaft mit einer Grenzkompanie aus Sonneberg.


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09.06.2013 20:51
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#7
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Zitat von seaman im Beitrag #4


In manchen Schulen ergab sich das Thema Grenztruppen 1964 von selbst.Auch ohne Schulbuch.

seaman



Wir trauerten um einen Lehrer und die Schule wurde darauf umbenannt.
seaman


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09.06.2013 20:54
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#8
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Zitat von seaman im Beitrag #7
Zitat von seaman im Beitrag #4


In manchen Schulen ergab sich das Thema Grenztruppen 1964 von selbst.Auch ohne Schulbuch.

seaman



Wir trauerten um einen Lehrer und die Schule wurde darauf umbenannt.
seaman

War der schon ein richtiger fertiger Lehrer bevor der gezogen wurde? Das finde ich erstaunlich.


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09.06.2013 20:56
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#9
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Zitat von Mike59 im Beitrag #8
Zitat von seaman im Beitrag #7
Zitat von seaman im Beitrag #4


In manchen Schulen ergab sich das Thema Grenztruppen 1964 von selbst.Auch ohne Schulbuch.

seaman



Wir trauerten um einen Lehrer und die Schule wurde darauf umbenannt.
seaman

War der schon ein richtiger fertiger Lehrer bevor der gezogen wurde? Das finde ich erstaunlich.


Hatte die Unterstufe 1+2.Klasse.Junglehrer.
seaman


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09.06.2013 21:11
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#10
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Ja, wo schauen die den hin?


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09.06.2013 21:35
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#11
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wir trauerten in den 50 er Jahren auch um manchen Lehrer und auch Mitschüler. Nein zu den GT waren sie nicht gezogen worden, sie waren von den westdeutschen Imperialisten abgeworben worden ( O-Ton Ulbricht ), wir sagten sie waren entweder krank oder in den Westen abgehauen, wenn sie früh am Morgen nicht in der Schule erschienen. Über Grenztruppen und Staatsgrenze wurde in den 50 er Jahren im Unterricht nicht gesprochen.


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09.06.2013 21:37 (zuletzt bearbeitet: 09.06.2013 21:39)
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#12
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Zitat von Gert im Beitrag #11
wir trauerten in den 50 er Jahren auch um manchen Lehrer und auch Mitschüler. Nein zu den GT waren sie nicht gezogen worden, sie waren von den westdeutschen Imperialisten abgeworben worden ( O-Ton Ulbricht ), wir sagten sie waren entweder krank oder in den Westen abgehauen, wenn sie früh am Morgen nicht in der Schule erschienen. Über Grenztruppen und Staatsgrenze wurde in den 50 er Jahren im Unterricht nicht gesprochen.




Der Lehrer, von dem ich hier spreche,kam an der Grenze zu Tode.

seaman


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09.06.2013 21:44 (zuletzt bearbeitet: 09.06.2013 21:45)
avatar  Mike59
#13
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Zitat von Gert im Beitrag #11
wir trauerten in den 50 er Jahren auch um manchen Lehrer und auch Mitschüler. Nein zu den GT waren sie nicht gezogen worden, sie waren von den westdeutschen Imperialisten abgeworben worden ( O-Ton Ulbricht ), wir sagten sie waren entweder krank oder in den Westen abgehauen, wenn sie früh am Morgen nicht in der Schule erschienen. Über Grenztruppen und Staatsgrenze wurde in den 50 er Jahren im Unterricht nicht gesprochen.




Also zumindest bei den Grenztruppen kann ich das verstehen, die gab es halt noch nicht. Wie lange ging eigentlich die ostdeutsche Fiktion der Wiedervereinigung ?


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09.06.2013 21:46
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#14
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Zitat von Mike59 im Beitrag #13
Zitat von Gert im Beitrag #11
wir trauerten in den 50 er Jahren auch um manchen Lehrer und auch Mitschüler. Nein zu den GT waren sie nicht gezogen worden, sie waren von den westdeutschen Imperialisten abgeworben worden ( O-Ton Ulbricht ), wir sagten sie waren entweder krank oder in den Westen abgehauen, wenn sie früh am Morgen nicht in der Schule erschienen. Über Grenztruppen und Staatsgrenze wurde in den 50 er Jahren im Unterricht nicht gesprochen.




Also zumindest bei den Grenztruppen kann ich das verstehen, die gab es halt noch nicht. Wie lange ging eigentlich die ostdeutsche Fiktion der Wiedervereinigung ?
ca 1968.


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09.06.2013 22:31
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#15
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Zitat von Mike59 im Beitrag #13
(...)




Also zumindest bei den Grenztruppen kann ich das verstehen, die gab es halt noch nicht. Wie lange ging eigentlich die ostdeutsche Fiktion der Wiedervereinigung ?[/quote]

"Fliessend" zwischen 1968 und 1974
Die Präambel der Verfassung von 1968 beginnt
Getragen von der Verantwortung, der ganzen deutschen Nation den Weg in eine Zukunft des Friedens und des Sozialismus zu weisen,
in Ansehung der geschichtlichen Tatsache, daß der Imperialismus unter Führung der USA im Einvernehmen mit Kreisen des westdeutschen Monopolkapitals Deutschland gespalten hat, um Westdeutschland zu einer Basis des Imperialismus und des Kampfes gegen den Sozialismus aufzubauen, was den Lebensinteressen der Nation widerspricht, hat sich das Volk der Deutschen Demokratischen Republik(...),


und die von 1974
In Fortsetzung der revolutionären Traditionen der deutschen Arbeiterklasse und gestützt auf die Befreiung vom Faschismus hat das Volk der Deutschen Demokratischen Republik in Übereinstimmung mit den Prozessen der geschichtlichen Entwicklung unserer Epoche sein Recht auf sozial-ökonomische, staatliche und nationale Selbstbestimmung verwirklicht und gestaltet die entwickelte sozialistische Gesellschaft(...)-

Als logische Konsequenz wurde die Bundesrepublik bis 1968 als "Westdeutschland" bezeichnet, danach bis 1974 als "westdeutsche Bundesrepublik" und nach 1974 als "BRD". Entgegen der Hoffnung der DDR hat sich das Monopolkapital und der der Imperialismus nicht aus Westdeutschland verzogen und somit konnte dort auch der Sozialismus nicht durchsetzen, weshalb man die Wiedervereinigung ganz aufgab.
Theo


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