In den Westen tauchen

22.06.2009 14:31
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#1
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Seit 1990 hofften wir, dass wir den Verbleib meines Onkels in Erfahrung bringen könnten.
Mein Onkel 1938 bei Magdeburg geboren, versuchte mit seinem Freund Hans-Peter Mielau im März 1962 mittels selbstgebastelten Taucheranzügen und dazugehöriger Taucherausrüstung durch einen Nebenfluss der Elbe, die Aland, bei Schnackenburg tauchend in die Bundesrepublik zu kommen.
Laut der Aktenlage in der Zentralen Erfassungsstelle Salzgitter erhielten wir die Information, dass mein Onkel beim Fluchtversuch ums Leben kam.
Sein Freund wurde auf dem Gebiet der Bundesrepublik tot aus der Elbe geborgen und dann nach Magdeburg überführt, wo er bestattet wurde.
Über den Verbleib des Leichnams meines Onkels haben wir nichts in Erfahrung bringen können.
Jedoch müssen wir davon ausgehen, dass die Grenztruppen, die die beiden beim Fluchtversuch überraschten und auf meinen Onkel schossen, ihn zu fassen bekommen haben müssen. Denn meiner Großmutter wurden kurze Zeit später Taucherbrille und -flossen gezeigt, die, so der Beschreibung Hans-Peter Mielaus zufolge in den Salzgitter-Akten, nur meinen Onkel gehört haben können.
Meine Großmutter hat nie den Wunsch gehegt, den Schützen gerichtlich eine Strafe zukommen zu lassen, sondern vielmehr die sterblichen Überreste ihres Sohnes bestatten lassen zu können. Leider hat sie das bis zu ihrem Tode im Jahre 2000 nicht mehr erreichen können.
Seither treibt mich dieses Thema um! Und irgendwie komme ich nicht wirklich voran.
Auf einer Liste, die im Haus am Checkpoint Charlie ausliegt und hier im Internet ebenso veröffentlicht ist, findet sich der Freund meines Onkels. Weiter unten steht ein Unbekannter mit demselben Sterbedatum. Es kann sich dabei nur um meinen Onkel handeln.


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22.06.2009 15:17
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#2
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Hallo OK76,
die Chancen verläßliche Details über den Verbleib deines Onkels zu bekommen, dürften sehr gering sein. Die Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter konnte natürlich auch nur Straftaten an der Grenze "verwalten". Einzelheiten zu den jeweiligen Delikten bekam sie entweder von bundesdeutschen Behörden oder aber durch Flüchtlinge, welche dann hier in der Bundesrepublik aussagten. Wenn du also in Salzgitter weiter nichts gefunden hast, bist du im Grunde darauf angewiesen, das du einen Hinweis von den damaligen Gresos bekommst, welche entweder damals in diesem Abschnitt stationiert waren, oder direkt in der Straftat einbezogen waren. Auch wenn sie mittlerweile nach den Erfahrungen bei ähnlichen Vorkommnissen wohl nichts zu befürchten hätten, werden sie sich wohl nicht melden. Ich würde es an deiner Stelle mal mit einer Reise in die Gegend versuchen, und Privatleute befragen. Vielleicht bekommst du da etwas heraus.


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22.06.2009 16:19
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#3
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Manchmal hat man vor Ort ja Glück. Inzwischen glaube ich auf Grund der Strafverfolgung aber nicht mehr daran, dass jemand, der wirklich noch etwas weiß, aussagen würde. Da aber bei jedem dieser Vorgänge das MfS mit eingebunden war und von dort auch weitere Schritte, wie Verbleib des Toten, Beobachtung der Angehörigen dokumentiert wurden, könnte eine Anfrage bei der Birthler-Behörde vielleicht mehr erbringen.


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22.06.2009 18:55
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#4
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Zitat von S51
....könnte eine Anfrage bei der Birthler-Behörde vielleicht mehr erbringen.


Das sollte eigentlich der erste Schritt gewesen sein. Bisher war ich davon ausgegangen, das dies schon getan wurde. Aufgrund der Tatsache, das es Gegenstände des Flüchtigen gab bzw. später noch Gespräche geführt worden sind, muss eine Akte vorhanden sein- oder sie ist vernichtet worden.
In den Akten der Verwandten, Beteiligten sollte man weiterkommen. Dort stehen machmal auch Hinweise zu Drittakten drin.
Eine Hilfe heute vor Ort zu bekommen halte ich für nahezu unmöglich.


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23.06.2009 14:57
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#5
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Hallo! Ich danke euch/Ihnen für die Hinweise. Bei der sogenannten Birthler-Behörde hatten wir einen Antrag gestellt. Diese Anträge müssen immer mit einer konkreten Frage versehen sein. Unsere war auf den Verbleib meines Onkels ausgerichtet. Diesbezüglich ließ sich leider in den vorhandenen Akten nichts finden. Alle paar Jahre kann man ja einen erneuten Antrag stellen. Wobei mittlerweile ja auch Außenstellen in einigen Bundesländern geschlossen wurden, da die Aktenbestände des MfS gesichtet und bearbeitet sind.
Von Augenzeugen vor Ort halte ich leider auch nicht viel. Jedoch gehe ich davon aus, dass in Akten der NVA bzw. der Grenztruppen im Militärarchiv in Freiburg i.B. sich evtl. etwas finden lässt. Eine Anfrage habe ich dort nun gestellt.
Zudem haben meine Eltern im Nachlass meiner Großmutter auch ein paar Unterlagen herausgesucht, aus denen Infos hervorgehen, was nach 1990 rechtlich vorangetrieben wurde. Es wurden auch Grenzer zumindest befragt, aber sie verweigerten die Aussage.
Mal schauen, was ich da machen kann.


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23.06.2009 15:40
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#6
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Es lies sich nichts finden? Die sind doch sonst so kreativ. Vielleicht haben sie nur nach Akten auf diesen Namen (?) gesucht. Soweit ich gehört habe, sind in den ersten Unterlagen aber oft keine Namen vorhanden, weil die Personalpapiere, falls gefunden, erst nachgereicht wurden. Dann sind unter dem Datum (im ersten Tatortbericht/Bericht erster Angriff) nur unbekannte Tote/Verletzte zu finden, die erst in den nachgefertigten Unterlagen einen/den richtigen Namen "erhalten". Vielleicht die Anfrage konkretisieren, etwa so: Gesucht wird im Zeitraum TT.MM.JJJJ bis TT.MM.JJJJ nach Grenzdurchbruch/versuchten Grenzdurchbruch im Raum Süd, Ort x bis Ort X mit Todesfall oder verletzten Personen, die eventuell später als Name und/oder Vorname und/oder Geb-Datum registriert wurden. Die Leutchen werden schlucken (riesiger Aufwand) aber da ihr ja als Angehörige von Verfolgten den Antrag stellt, werden sie es versuchen. Ähnlich müsste die Anfrage beim Bundesarchiv ergänzt werden.


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