Mordinstrumente

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10.01.2013 09:48
#76
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Zitat von Jobnomade im Beitrag #74
Zitat von josy95 im Beitrag #71
... Denn gerade hier wurde in anderen vorhergehenden Thread`s immer wieder behauptet, das das Einzelgespräch mit dem Musterungsteilnehmer entscheidend war und hier schon sehr akriebisch gesiebt wurde. Angeblich soll schon eine negative Aussage des zu musternden Gwd- Kandidaten gereicht haben, ihn für den GT- Dienst als nicht geeignet zu mustern. Hier kommt mir wieder der ideologische Trugschlu0 der SED eklatant zum Vorschein, das man wirklich glaubte. die überwiegende Mehrheit von DDR- Bevölkerung und auch der Jugend stand hinter der SED- Politik! Grenzsoldaten dazu seien eine Art SED- getreue Eliete der Grundwehrdienstleistenden! Nach Eueren Aussagen, meinen Erfahrungen, die ich jedoch so recht nie konkret beweisen konnte, anscheinend sah es real doch ganz, ganz anders aus! Nämlich so, wie subjektiv von Vielen hier immer vermutet...

...
Und ich sage - auch heute noch: ich bedaure keineswegs, dass das MfS hier eine gewisse Vorauswahl auch unter den Wehrpflichtigen getroffen hat - es hat allen Betroffenen eine Menge Stress erspart.
Ich hätte nicht jede Schicht an der Grenze auch noch misstrauisch auf meinen Posten oder Postenführer aufpassen wollen, ob dieser nicht etwa Fluchtabsichten hat.
Mein Leben, meine Gesundheit, wären da in jedem Falle mitbetroffen.
Und so weit ich zurückdenken kann:
Wir wollten alle nur gesund wieder nach Hause und die Monate an der Grenze ohne Zwischenfälle hinter uns bringen !
Klar gab es auch ein paar durchgeknallte Rambos, die das als Abenteuer ansahen - aber das waren wirklich Einzelfälle.
...

Hallo Josy,

wir sollten, denke ich in zwei Richtungen hier die Kirche im Dorf lassen.

Zum einen war die Auswahl der Wehrpflichtigen ein Massengeschäft. Da wurde nicht jeder auf das Gründlichste seziert und durchleuchtet. @frank hat hier ein paar Eckpunkte dargelegt. Wenn das grobe Bild stimmte und genügend "Häkchen" zusammengekommen waren, kam derjenige an die Grenze. Ich erinnere mich selbst an genügend Fälle, in denen die Einberufenen weder gesundheitlich noch "moralisch" )* geeignet waren für den Grenzdienst, die aber zunächst den grenzsichernden Einheiten in die Grenzdienststärke zuversetzt wurden.

Zum anderen gestehe zunächst ich ein, dass die wenigsten Grundwehrdienstleistenden bzw. UAZ begeistert vom Sozialismus und der SED waren. Aber der Sozialismus an sich und auch die Grenze hatten, und sei es nur aus Opportunismus heraus, eine breite Akzeptanz. Man hat geschimpft, gemeckert, sich aufgeregt über den Staat - und hat sein Leben drin eingerichtet. Ich bin immer wieder fasziniert, unter wie vielen Widerstandskämpfern ich gelebt haben soll. Meine Erfahrungen besagen etwas anderes, und ich denke, ich konnte auch damals schon unterscheiden, wann mir jemand Parolen verkaufen wollte und wann echte Meinungen kamen. Gerade in den 80er Jahren unter dem Eindruck der Kriegsgefahr standen Fragen der Friedenssicherung viel weiter im Vordergrund, als die Frage einer gesellschaftlichen Veränderung in der DDR. Dazu kam noch ein recht hohes Wertbild zu den Fragen Familie und Beruf. Das prägte und hat damals durchaus auch das Verhältnis der Jugendlichen zum Wehrdienst mit bestimmt und sei es nur aus Gründen der Dissonanzminderung. Das System hätte niemals funktioniert, wenn es anders gewesen wäre.

Insofern danke auch an @Jobnomade für die offenen Worte. Mir fällt da eine interessante Parallele zur heutigen Zeit ein. Spricht man mit jemandem beispielsweise über flächendeckende Videoüberwachung, dann stößt man auf eine breite Ablehnung. Fragt man dann aber einzelne Plätze ab, ob die videoüberwacht werden sollten, dann kommt zum jeweiligen Einzelfall Zustimmung, was dann in Summe interessanterweise wieder eine Zustimmung zur flächendeckenden Videoüberwachung ergibt. Das erinnert an die Form der Akzeptanz der Stasi zu DDR-Zeiten. Allgemein wurde es abgelehnt und beargwöhnt, aber im konkreten Fall, z.B. der militärischen Abwehr, konnte man sich schon damit arrangieren. Alles ändert sich, bloß nicht die Menschen, soll der alte Rauschbart mal gesagt haben ...

ciao Rainman


)* mit moralisch meine ich hier, dass die kindliche Entwicklungsphase soweit abgeschlossen ist, dass man ihm eine Waffe in die Hand geben kann.

"Ein gutes Volk, mein Volk. Nur die Leute sind schlecht bis ins Mark."
(aus: "Wer reißt denn gleich vor'm Teufel aus", DEFA 1977)


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10.01.2013 21:00
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Zur Auswahl der GWD-ler für die GT:

Im GAR-40 habe ich als ZF -bevor ich überhaupt einen neu Eingezogenen gesehen habe- genau gewusst wo er her kommt und hatte bereits Angaben zur Familie, Eltern, Frau, Freundin, Passbild, Auffälligkeiten in Schule, Lehre, etc. Dazu gab es Angaben zur möglichen Westverwandschaft auch wenn diese über die Frau oder Freundin oder Onkel/Tante begründet war. Woher diese gesammelten Unterkagen kamen weiß ich nicht mehr. (Hier kann bestimmt jeman auch dazu was sagen)

Mit diesen Kenntnissen ging es in das sog. "Erstgespräch" natürlich mit bereits vorbereiteten Schwerpunken. Also "Massengeschäft" würde ich teilweise verneinen.

Aber zurück zum Thema:
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass gesammelte "Waffen" von GV´s gezeigt wurden.

An der OHS hatten wir in der MKE (Militärischen Körperertüchtigung = Sport und Nahkampf) etwas gelernt wie Angriffen mit Messern und Stöcken etc.
begegnet werden könnte. Die "beste Ansage" wäre wohl sicherlich -Durchladen und Warnschuss- gewesen.
Während meiner Dienstzeit habe ich keinen einzigen GV
gesehen.

Die (drei) ich hätte sehen können waren 1986 od. 1987 ca. 20 min vor mir am K6 und übern Zaun und haben sich wohl in Willershausen gemeldet.


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11.01.2013 12:44
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…bei der Abkürzung „GV“ musste ich schon damals lächeln…(hätte der Eine oder Andere während seiner Dienstzeit sicher gern täglich gehabt)^^

Davon ab: Bilder oder gar ausgestellte Utensilien wurden uns nicht gezeigt, nicht mal in der Knolle. Allerdings gab es blumig ausgemalte Grenzermärchen, die sogar vom Polit bereitwillig aufgegriffen und ausgeschmückt wurden. Ob nun aus purem ADS (gab es das damals schon?), Scharfmache oder „Vorbereitung“ auf den Grenzdienst wage ich nicht einzuordnen. Sicher aber kam das bei einem „jungen Genossen“ oben an und das Räderwerk begann sich zu drehen. Ich für meinen Teil beschloss dann irgendwann für mich den berühmten Luftschuss (ersatzweise den ins Bein), falls es gegen mein eigenes Leben gehen würde. Glücklicherweise sah ich den Kanten dann nur von der Kantine aus (der Nick ist wohl bezeichnend^^), sodass mir diese „Erfahrung“ glücklicherweise erspart blieb.

Im Nachhinein bekomme ich immer noch Beklemmungen, wenn ich mir den Fall eines Falles vorstelle – und heftiges Kopfschütteln obendrein: es hätten sich Menschen ein und desselben Landes gegenübergestanden und sich gegebenenfalls ernstlich verletzt….pervers (wo sich nun der Kreis wieder schließt: „GV“ kann pervers sein, muss aber nicht!^^)


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12.01.2013 16:54
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Zitat von jecki09 im Beitrag #77
Zur Auswahl der GWD-ler für die GT:

Im GAR-40 habe ich als ZF -bevor ich überhaupt einen neu Eingezogenen gesehen habe- genau gewusst wo er her kommt und hatte bereits Angaben zur Familie, Eltern, Frau, Freundin, Passbild, Auffälligkeiten in Schule, Lehre, etc. Dazu gab es Angaben zur möglichen Westverwandschaft auch wenn diese über die Frau oder Freundin oder Onkel/Tante begründet war. Woher diese gesammelten Unterkagen kamen weiß ich nicht mehr. (Hier kann bestimmt jeman auch dazu was sagen)

Mit diesen Kenntnissen ging es in das sog. "Erstgespräch" natürlich mit bereits vorbereiteten Schwerpunken. Also "Massengeschäft" würde ich teilweise verneinen. ...



Als ZF im GAR bekam man als Vorinformation zum Grundwehrdienstleistenden die Wehrstammkarte und eine Einschätzung durch den Betrieb / ABV.

Die dort enthaltenen Angaben wurden mehr oder weniger in das 'Persönlichkeitsbild' übernommen (Vordruck in A3-Größe, in der Mitte gefalten). In dieses Persönlichkeitsbild wurde die 'Materialsammlung' (Vordruck A4-Größe) eingelegt. In der Materialsammlung wurden mit Datum 'Beobachtungen' und auch bestimmte Ausbildungsergebnisse (wie zum Beispiel Schießergebnisse) mit daraus folgenden Zielvorgaben für die weitere 'Arbeit' mit dem Grundwehrdienstleistenden vermerkt.

Das Ganze erfolgte im Rahmen des sogenannten Befehls 44 (ohne jetzt das Jahr des Befehls zu nennen).

Diese Aufzeichnungen bildeten dann die Grundlage für die abschließende Einschätzung, ob der Grundwehrdienstleistende zum Dienst an die Staatsgrenze versetzt wurde oder er 'nl' (nicht linientreu) ist und damit maximal im III. GB / Küche Dienst tun würde oder bei der NVA seinen Grundwehrdienst weiter ableisten wird.

In der sogenannten 'Erstaussprache' wurden auf mehrseitigen Ormig-Abzügen vorgegebene Fragen zur Person und zur Westverwandtschaft abgeklärt (eventuelle Widersprüche zu den 'Vorinformationen' und den gemachten Angaben des Grundwehrdienstleistenden). Diese 'Erstaussprache' erfolgte während des laufenden Dienstgeschehens.

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Ich finde Menschen faszinierend, die meinen mich zu kennen.
Manchmal drängt es mich sie zu fragen, ob sie mir ein bisschen was über mich erzählen können ...

Ich übernehme die Verantwortung für alles, was ich sage, aber niemals für das, was andere verstehen!

Die Dummheit ist wie das Meer. Sie bedeckt sieben Zehntel der Erde, wirft gern hohe Wellen ... und manche baden wohlig darin!

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