Die Flucht von Werner Stiller Dienstübergang des Bahnhof Berlin Friedrichstraße

  • Seite 1 von 3
01.06.2009 16:49
avatar  Angelo
#1
avatar

Am 19. Januar 1979 folgte eine dramatische Flucht mit Unterlagen der HVA über den Dienstübergang des Bahnhof Berlin Friedrichstraße nach West-Berlin, um der unmittelbar drohenden Verhaftung zu entgehen. Er machte sich hierbei die sogenannte Gepäckschleuse zu Nutze. Weniger wichtige Agenten wurden zum Treff vom MfS nach Ost-Berlin bestellt und mussten ihre Spionageutensilien im „West-“Teil des Bahnhofs zurücklassen, wo sie von hauptamtlichen Mitarbeitern der Staatssicherheit dann abgeholt wurden. Mit einem gefälschten Dienstauftrag nutzte er diese Schleuse, wobei er um Haaresbreite an einem kleinen Fehler innerhalb seiner Fälschung aufgeflogen wäre, was für ihn das sichere Todesurteil bedeutet hätte.Stillers Freundin wurde mit Hilfe der bundesdeutschen Botschaft in Warschau ausgeschleust. Seine Ehefrau und Tochter ließ er hingegen in der DDR zurück, wo sie diversen Schikanen wegen vermuteter Mitwisserschaft ausgesetzt waren.
Nach der Flucht wurden zahlreiche DDR-Agenten in Westdeutschland, Frankreich, Österreich und den USA enttarnt und verhaftet. Darunter Alfred Bahr, Gerhard Arnold, Rolf Dobbertin, Reiner Fülle, Karl-Heinz Glocke, Prof. Karl Hauffe, François Lachenal, Armin Raufeisen sowie Günther Sänger. Mehr als 40 weiteren Agenten gelang es nach Warnung durch die HVA, sich durch Flucht in die DDR der Strafverfolgung zu entziehen.

Bei seiner Befragung durch den BND trug er maßgeblich zur Identifizierung eines Fotos des „Mannes ohne Gesicht“ HVA-Chef Markus Wolf bei, welches prompt an das Nachrichtenmagazin Der Spiegel lanciert und dort auf der Titelseite veröffentlicht wurde.

Werner Stiller wurde in der DDR vom Obersten Militärgericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt.


 Antworten

 Beitrag melden
01.06.2009 23:50
avatar  ( gelöscht )
#2
avatar
( gelöscht )

Ja--das sind die Risiken.Wenn man sich solchen Orginationen verpflichtet fühlt.Ob Staatssicherheit,BND,MAD,KGB,Mossad oder CIA es lohnt nicht.Darüber eine Träne zu vergießen,denn ein Geheimdienst ist ein Staat im Staate und spielt nicht mit offenen Karten---warum sollte er auch--sonst wäre es nicht geheim


 Antworten

 Beitrag melden
02.06.2009 00:04 (zuletzt bearbeitet: 02.06.2009 00:10)
avatar  ( gelöscht )
#3
avatar
( gelöscht )

Thomas W. (der Sohn der damaligen Freundin Stillers) hat die Geschichte aufgeschrieben, leider nur auf Englisch, allerdings wirklich gut zu lesen:
http://www.myspystory.com/intro.html <-- lesenswert
Ich hatte schon laengere Zeit mit ihm Kontakt. Er wohnt nicht so sehr weit weg von mir an der Westkueste, wie auch seine Mutter. Man hat ihn damals in den USA vor der Stasi versteckt, und da ist er halt einfach haengengeblieben.

Ansonsten gibt es auch jede Menge Artikel ueber Stiller.
Stillers Erzaehlung dieser Geschichte heisst uebrigens "Im Zentrum der Spionage", ist recht interessant, allerdings merkt man schon das da der BND mitgepfuscht hat.
-Th

PS: Angelo, kuck' mal wo Du den Text herhast in die Versionsgeschichte




 Antworten

 Beitrag melden
02.06.2009 02:35
avatar  ( gelöscht )
#4
avatar
( gelöscht )

Zitat von CaptnDelta
http://www.myspystory.com/intro.html <-- lesenswert


gute Story, ich stellte die Introduction samt Link in einen Beitrag fuers englische Forum.

Berliner


 Antworten

 Beitrag melden
02.06.2009 03:43
avatar  ( gelöscht )
#5
avatar
( gelöscht )

Es gibt da auch 'nen Film drueber, Der rote Schakal, wenn den jemand irgendwie hat, ich waere dran interessiert.
-Th


 Antworten

 Beitrag melden
15.07.2009 13:38
avatar  ( gelöscht )
#6
avatar
( gelöscht )

...die flucht des oltn. stiller und die damit verbundene zwangsweise rückholung von quellen, gilt als die grösste niederlage der hv a.


 Antworten

 Beitrag melden
15.07.2009 15:44
avatar  ( gelöscht )
#7
avatar
( gelöscht )

Zitat von GilbertWolzow
...die flucht des oltn. stiller und die damit verbundene zwangsweise rückholung von quellen, gilt als die grösste niederlage der hv a.


Da gibt es noch eine. Jedenfalls nach Angabe von Karl Seidel, Unterhändler der DDR bei den Verhandlungen mit der Bundesrepublik zum Transitabkommen und zum Grundlagenvertrag. Später dann Leiter der Abt. BRD im Außenministerium der DDR.

Er schreibt in seinem Buch "Berlin-Bonner-Balancen", daß man in der DDR-Regierung regelrecht geschockt war über die Enttarnung des Spions Guillaume im Bundeskanzleramt. Er schreibt an meheren Stellen, daß Honecker davon nichts wußte. Da die DDR-Position absolut darauf ausgerichtet war, Brandt zu stützen, wurde diese Aktion wie ein Dolchstoß in die DDR-Bemühungen hinein angesehen. Besonders beklagt sich Seidel über den dann noch dämlichen Spruch Guillaume´s bei der Verhaftung "...ich bin Bürger der DDR...". Seidel schreibt wörtlich, daß das kein Erfolg: sondern in Wahrheit die größte Niederlage für die DDR-Entspannungspolitik in dieser Zeit gewesen sei, weil auf Jahre hinaus die Glaubwürdigkeit erschüttert war. Seidel schreibt, daß man sogar darüber nachdachte, Mielke und Wolf aus ihren Positionen zu entfernen, weil der Entspannungspolitik auf Jahre hinweg ein nicht reparierbarer Schaden zugefügt wurde. Erich Honecker ließ mehrmals (auch über Herbert Wehner) der bundesdeutschen Seite ausrichten, er habe von Guillaume nichts gewußt....


 Antworten

 Beitrag melden
15.07.2009 21:18
avatar  ( gelöscht )
#8
avatar
( gelöscht )

Zitat von GilbertWolzow
...die flucht des oltn. stiller und die damit verbundene zwangsweise rückholung von quellen, gilt als die grösste niederlage der hv a.

Das hat vor allem Werner Teske gemerkt.
-Th


 Antworten

 Beitrag melden
16.07.2009 15:44
avatar  ( gelöscht )
#9
avatar
( gelöscht )

[quote="FSK-Veteran"]Erich Honecker ließ mehrmals (auch über Herbert Wehner) der bundesdeutschen Seite ausrichten, er habe von Guillaume nichts gewußt....
Hallo FSK,
mir kommen direkt die Tränen, der Empfang von G. in Ostberlin war doch mehr als eine Jubelparty, davon hat Erich sicher auch nichts gewust. Das Haus für G. in Eggersdorf bei Berlin wurde sicher heimlich errichtet, davon hat Erich sicher auch nichts gewust.
Gruß aus Berlin


 Antworten

 Beitrag melden
16.07.2009 17:23
avatar  ( gelöscht )
#10
avatar
( gelöscht )

Ich will mich garnicht groß in der Guillaume Sache einklinken-aber eins muss ich dazu doch sagen.
Im Prinzip war es doch ein schwerer Schlag für die bundesdeutsche Demokratie,das ein Mann wie Guillaume egal aus was für eine Überzeugung auch immer,soweit aufsteigen konnte.Irgendwie müssen damals der Staatsschutz,BND und MAD,ihre Hausaufgaben falsch gemacht haben.Und der Gegenseite muss man halt einräumen--top Arbeit.
Ja so geht es zu bei Geheimdiensten--Auge in Auge


 Antworten

 Beitrag melden
16.07.2009 17:33
avatar  ( gelöscht )
#11
avatar
( gelöscht )

Zitat von Rostocker

Im Prinzip war es doch ein schwerer Schlag für die bundesdeutsche Demokratie,das ein Mann wie Guillaume egal aus was für eine Überzeugung auch immer,soweit aufsteigen konnte.

Ich kann jetzt nicht nachvollziehen, warum du so explizit die Demokratie erwähnst. Sicher ist da was schief gelaufen. Aber das hätte in einer Monachie z. B. genauso passieren können. Die totale Kontrolle wie in der DDR gab es nun mal nicht. Geschadet hat es nicht nur der Bundesrepublik sondern in großem Maße auch der DDR. Ich meine die Enttarnung. Wäre er nicht enttarnt worden, wäre er viel wertvoller gewesen. Der Schaden war so viel größer. Helmut Schmidt hat das Verhältnis zur DDR viel nüchterner gesehen und dies auch in seine Entscheidungen immer wieder einfließen lassen. Und als Verhandlungspartner, den die DDR gerade gegen Ende der 70er Jahre brauchte, war Schmidt bestimmt viel härter als Willy Brandt. Da kam ja dann die Energiekrise (Öl) gerade recht, mit der DDR ging es noch schneller bergab als vorher. Wo da also der wirkliche Verlierer sitzt, ist nicht so ganz eindeutig.


 Antworten

 Beitrag melden
16.07.2009 17:50
avatar  ( gelöscht )
#12
avatar
( gelöscht )

Klar hat es beiden Seiten geschadet.Klar war auch,das beide Seiten versucht haben ihre Leute jeweils auf der anderen Seite unterzubringen.Das waren ebend die Spielregeln und die gelten immer noch bei Geheimdiensten.


 Antworten

 Beitrag melden
16.07.2009 18:59
avatar  ( gelöscht )
#13
avatar
( gelöscht )

Zitat von Rostocker
Irgendwie müssen damals der Staatsschutz,BND und MAD,ihre Hausaufgaben falsch gemacht haben

nein soweit würde ich nicht gehen. sie haben schon ihre hausaufgaben gemacht. nur am anfang hielt seine legende. und gerade weil sie ihre hausaufgaben machten, wurde er enttarnt.

In Antwort auf:
Die totale Kontrolle wie in der DDR gab es nun mal nicht.

wieso @karl143, bist du dir diesbezüglich so sicher ? wenn es die nicht gegen hat, wie konnte günter guillaume dann enttarnt werden ?

In Antwort auf:
Geschadet hat es nicht nur der Bundesrepublik sondern in großem Maße auch der DDR. Ich meine die Enttarnung. Wäre er nicht enttarnt worden, wäre er viel wertvoller gewesen


das ist, glaube ich, unbestritten...


 Antworten

 Beitrag melden
16.07.2009 19:04
avatar  ( gelöscht )
#14
avatar
( gelöscht )

das ddr- buch über günter guillaume vom militärverlag hieß: "die aussage" - protokolliert von günter karau.

in dem o.g. buch ist auch dessen observation, verhör und haft beschrieben.


 Antworten

 Beitrag melden
16.07.2009 19:13
avatar  ( gelöscht )
#15
avatar
( gelöscht )

Zitat von Rostocker
Irgendwie müssen damals der Staatsschutz,BND und MAD,ihre Hausaufgaben falsch gemacht haben.Und der Gegenseite muss man halt einräumen--top Arbeit.
Ja so geht es zu bei Geheimdiensten--Auge in Auge


Hallo Rostocker,
für BND und wie sie alle heissen, war es doch viel schwerer die jenigen rauszufiltern die BÖSES im Schilde führten, bei meheren Millionen Flüchtlingen aus dem Osten, da hatte es das MfS wohl etwas leichter !
Gruß aus Berlin


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!