Politische Schulung der Grenztruppen

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04.02.2011 07:04 (zuletzt bearbeitet: 04.02.2011 07:05)
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#16
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Nun kommt er mächtig wortgewaltig und aufgeblasen daher der Text, stammt er doch auch aus den Zeiten des Kalten Krieges. Ganz nüchtern betrachtet jedoch einmal die Frage in die Runde gestellt, welche der angesprochenen Punkte, wenn auch verschärft dargestellt, stimmtenen denn zur Zeit seiner Entstehung inhaltlich nicht?


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04.02.2011 09:50
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#17
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Hallo wosch,

Möchte hier ein mal aus meinen Grenzer- Nähkästchen plaudern. Ich war Gruppenführer und zu meinen Pflichten gehörte es das Gruppenbuch zu führen. Einmal monatlich hatten wir die Aufgabe das aktuell politische Gespräch ( kurz APG ) zu führen. Ich hatte da aber nie Eintrag über das APG im Gruppenbuch also wurde ich zum Zugführer bestellt. "Habt ihr euch denn nie in der Gruppe unterhalten?" fragte der Zugführer "doch über Fußball, Sex und saufen." antwortete ich. "Aber im Maßnahmeplan sind doch die Themen vorgegeben", so der Zugführer. Hier zu muß man wissen die "Aktualität" der Themen wurde schon Monate zuvor bekannt gegeben die Aktualität war also so frisch wie ein Konsumbrot, wie Sild in Öl aus der Konservendose. Und die Themen selbst waren hochexplosiver Sprengstoff: "Immer höher immer weiter Vorwärts zum nächsten Parteitag" oder "mit Tatkraft und Elan zum Republikgeburtstag" manchmal auch in Reimform "Jeder Zeit bereit, stets Wachsam und Gefechtsbereit". "Irgendwie möchte man gern belogen werden", sagte ich meinen Zugführer. Fortan war das "aktuell" politische Gespräch Bestandteil im Gruppenbuch, vorher hatte ich meiner Gruppe eingeschärft, wenn jemand nach dem APG fragt, sagt am Besten "es ginge dort wohl um den Weltfrieden", das stimmt immer.
Neben der Rotlichbestrahlung, gab es ja noch die Infrarotbestrahlung durch den "Klassenfeind". Ich kann mich noch erinnern, daß der BGS mit Infrarot- Nachtsichtgeräten unseren Postenbereich ausspähte ( mit dem Dienstfernglas und vorgeschalteten Infrarotfilter konnte man das leicht feststellen ). Mein Posten schlich sich unter Ausnutzung der Deckung zum stationären Scheinwerfer und richtete diesen auf das Nachtsichtgerät des BGS und dann Licht an. Danach nur noch ein lautes Fluchen - "Ihr Schweine", daß Infrarot- Nachtsichtgerät hatte mit Sicherheit dauerhaften Schaden erlitten, daß war kalter Krieg.


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04.02.2011 10:01
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#18
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Als Angehörige des Stabes bzw. der RD hatten wir in Glöwen einmal im Monat Polit, ich glaube das hieß sogar noch anders.
Man nutzte jede Möglichkeit, Med.-Punkt-Dienst, Sicherstellung beim Schießen u.ä. zu machen, um diesem endlosen Gelabere zu entfliehen.
Aber manchmal mußte man dran glauben.
Unerträgliche Momente, in denen man stets Tagedrücken u.a. depressive Verstimmungen durchlebte.

VG Huf

P.S. Was ich damals noch nicht wußte, war der ausgedehnte politische und ökonomische Stoff während des Studiums, einschl. sog. Klassiker-Seminare, die regelmäßig sechs (!) Stunden anhielten.


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04.02.2011 10:10
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#19
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Wie es bei den Grenzern benannt wurde, das kann ich nicht sagen.
In der NVA gab es:

- GWA; Gesellschaftswissenschaftliche Ausbildung und
- GWW; Gesellschaftswissenschaftliche Weiterbildung

Weichmolch


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04.02.2011 10:13
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#20
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Zitat von utkieker
Hallo wosch,

Möchte hier ein mal aus meinen Grenzer- Nähkästchen plaudern. Ich war Gruppenführer und zu meinen Pflichten gehörte es das Gruppenbuch zu führen. Einmal monatlich hatten wir die Aufgabe das aktuell politische Gespräch ( kurz APG ) zu führen. Ich hatte da aber nie Eintrag über das APG im Gruppenbuch also wurde ich zum Zugführer bestellt. "Habt ihr euch denn nie in der Gruppe unterhalten?" fragte der Zugführer "doch über Fußball, Sex und saufen." antwortete ich. "Aber im Maßnahmeplan sind doch die Themen vorgegeben", so der Zugführer. Hier zu muß man wissen die "Aktualität" der Themen wurde schon Monate zuvor bekannt gegeben die Aktualität war also so frisch wie ein Konsumbrot, wie Sild in Öl aus der Konservendose. Und die Themen selbst waren hochexplosiver Sprengstoff: "Immer höher immer weiter Vorwärts zum nächsten Parteitag" oder "mit Tatkraft und Elan zum Republikgeburtstag" manchmal auch in Reimform "Jeder Zeit bereit, stets Wachsam und Gefechtsbereit". "Irgendwie möchte man gern belogen werden", sagte ich meinen Zugführer. Fortan war das "aktuell" politische Gespräch Bestandteil im Gruppenbuch, vorher hatte ich meiner Gruppe eingeschärft, wenn jemand nach dem APG fragt, sagt am Besten "es ginge dort wohl um den Weltfrieden", das stimmt immer.
Neben der Rotlichbestrahlung, gab es ja noch die Infrarotbestrahlung durch den "Klassenfeind". Ich kann mich noch erinnern, daß der BGS mit Infrarot- Nachtsichtgeräten unseren Postenbereich ausspähte ( mit dem Dienstfernglas und vorgeschalteten Infrarotfilter konnte man das leicht feststellen ). Mein Posten schlich sich unter Ausnutzung der Deckung zum stationären Scheinwerfer und richtete diesen auf das Nachtsichtgerät des BGS und dann Licht an. Danach nur noch ein lautes Fluchen - "Ihr Schweine", daß Infrarot- Nachtsichtgerät hatte mit Sicherheit dauerhaften Schaden erlitten, daß war kalter Krieg.




....................................Schönen Dank "utkieker" für die "nette" Gechichte mit der "Infrarotbestrahlung durch den Klassenfeind". Ich hatte dieses in ähnlicher Form schon ein paar mal gehört und jedes Mal mit dem gleichen Resultat daß der bundesdeutsche "Späher" nur noch Fluchen konnte. Ich warte bis jetzt allerdings noch auf den Tag, daß diese sich scheinbar öfters zugetragenen Episoden von ehemaligen Bundesgrenzschützern bestätigt werden. Bitte werte meine Antwort nicht als das Anzweifeln Deiner Schilderung, nur wie schon gesagt, es muß anscheinend öfter vorgekommen sein ohne daß es hier an die große Glocke gehangen wurde. Eigentlich unglaublich!!!
Schönen gruß aus Kassel.


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04.02.2011 10:21
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#21
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Hallo @all,

1987 hatte ich nochmal das Vergnügen nach Perleberg zum Meisterlehrgang kommandiert zu werden. In schöner Regelmäßigkeit gab es dort den GWA-Unterricht.
Als die Prüfung immer näher rückte hielt ich mich lieber im Kasino auf als auf der Bude zu sitzen und trockenen Stoff zu pauken. Alle anderen Fächer waren kein Problem aber GWA war der Horror. Aus eigener Erfahrung wusste ich, das man aber während des Unterrichtes herrlich abschalten konnte und so seinen eigenen Gedanken nachgehen konnte.
Daraufhin knüpfte ich die leise Hoffnung, das es dem Polit ähnlich ging..... und siehe da es funktionierte..... nachdem ich 20 Minute mit sinnlosen und zusammenhangslosen Phrasen über die politischen Errungenschaften und auch noch offenen Ergebnissen gelabbert habe durfte ich die Prüfung mit dem Ergebniss "sehr gut " verlassen.
Was ich erzählt habe weiss ich nicht, aber ich glaube der Prüfer wusste es auch nicht bzw. er hat so wie ich sonst auch einfach abgeschaltet
Eine weitere wunderbare Sache war immer das Studium der Parteitagslektüre. Diese Hefte musste durchgearbeitet werden und die wichtigsten Stellen markiert. Mir ist es als junger Uffz. mal passiert, dass ich nicht ins Dienstfrei konnte, weil ich diese Lektüre nicht studiert habe..... das war aber das einzigste und auch das letzte Mal.
Danach habe ich das ganze Heft immer schön bunt bearbeitet... einfach die Stellen, wo es hies.... "Erich Honnecker sagte....." senkrecht in rot bis zum nächsten Absatz markieren und das Studium war nach 15 Minuten abgeschlossen.

VG exgakl


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04.02.2011 10:31
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Zitat von exgakl
Hallo @all,

1987 hatte ich nochmal das Vergnügen nach Perleberg zum Meisterlehrgang kommandiert zu werden. In schöner Regelmäßigkeit gab es dort den GWA-Unterricht.
Als die Prüfung immer näher rückte hielt ich mich lieber im Kasino auf als auf der Bude zu sitzen und trockenen Stoff zu pauken. Alle anderen Fächer waren kein Problem aber GWA war der Horror. Aus eigener Erfahrung wusste ich, das man aber während des Unterrichtes herrlich abschalten konnte und so seinen eigenen Gedanken nachgehen konnte.
Daraufhin knüpfte ich die leise Hoffnung, das es dem Polit ähnlich ging..... und siehe da es funktionierte..... nachdem ich 20 Minute mit sinnlosen und zusammenhangslosen Phrasen über die politischen Errungenschaften und auch noch offenen Ergebnissen gelabbert habe durfte ich die Prüfung mit dem Ergebniss "sehr gut " verlassen.
Was ich erzählt habe weiss ich nicht, aber ich glaube der Prüfer wusste es auch nicht bzw. er hat so wie ich sonst auch einfach abgeschaltet
Eine weitere wunderbare Sache war immer das Studium der Parteitagslektüre. Diese Hefte musste durchgearbeitet werden und die wichtigsten Stellen markiert. Mir ist es als junger Uffz. mal passiert, dass ich nicht ins Dienstfrei konnte, weil ich diese Lektüre nicht studiert habe..... das war aber das einzigste und auch das letzte Mal.
Danach habe ich das ganze Heft immer schön bunt bearbeitet... einfach die Stellen, wo es hies.... "Erich Honnecker sagte....." senkrecht in rot bis zum nächsten Absatz markieren und das Studium war nach 15 Minuten abgeschlossen.

VG exgakl




.................................Nun ja, Heute kann man das ja Alles zugeben, wie wäre es aber vor 25 Jahren gewesen, hättet ihr Euch das damals auch getraut?
Schönen Gruß aus Kassel.


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04.02.2011 10:35 (zuletzt bearbeitet: 04.02.2011 10:39)
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kann sich noch jemand an die Abzeichprüfung für das "Abzeichen für gutes Wissen in Gold" erinnern?
Ich war zusammen mit einem Uffz. zu der Prüfung, wir saßen beide nebeneinander, erst wurde ich gefragt... dann der Kollege.
Das Problem war, der konnte sich.... wie soll ich es sagen.... verbal nicht ganz so gut ausdrücken.
Er glänzte durch viele Wissenlücken und so wurde er , um alle durchzubringen, gefragt wie denn der Kernsatz im Manifest von Marx lautet.
Wie zu erwarten kam keine Antwort......

Man baute ihm eine weitere Eselsbrücke, indem man ihm sagte, dass dieser Satz auch oben auf einer ganz bekannten Tageszeitung steht.... nein, ich meine nicht die BILD sondern das "Neue Deutschland"
Nun kam von dem Jugendfreund immer noch keine Antwort..... ich oller Schelm entschloß mich jetzt ihm zu helfen Für alle, die die Literatur nicht gelesen haben und für unsere User aus den veralteten Bundesländern...... der Satz lautete "Proletarier aller Länder vereinigt euch!". Das war der letzte Satz im Manifest.........

Nun hat aber so eine Manifest auch einen Anfang.... eben einen ersten Satz und genau den flüsterte ich dem Jugendfreund zu auweia.... bin ick eine oller Sack
Tja und dieser erste Satz heisst eben..... "Ein Gespenst geht um in Europa.... das Gespennst des Kommunismus"..... altegediente Politoffiziere krümmten sich im Präsidum vor lachen, aber der Unteroffizier hat die Abzeichprüfung bestanden!

VG exgakl


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04.02.2011 10:37
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#24
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Zitat Wosch:
.................................Nun ja, Heute kann man das ja Alles zugeben, wie wäre es aber vor 25 Jahren gewesen, hättet ihr Euch das damals auch getraut?
Schönen Gruß aus Kassel.


Hallo Wosch,

na klar hätten wir uns das damals auch getraut.... wir waren jung und hatten andere Dinge im Kopf als trockene Hefte zu studieren und so hat man sich gegenseitig Tipps gegeben.

VG exgakl


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04.02.2011 10:45 (zuletzt bearbeitet: 04.02.2011 10:46)
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#25
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irgendwie gefällt mir das Thema

@Wosch... übrigens ein bekannter Witz, der bei den Grenztruppen ab 1986 kursierte war...... "lieber auf der Challenger verbrannt, als auf dem Parteitag verkohlt"....

ich kenne keinen, der dafür eingesperrt wurde

VG aus Brandenburg


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04.02.2011 11:21
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#26
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hallo forum..das sind ja spannende beiträge die ihr da geschrieben habt!!aber wir hatten damals auch politische schulungen vom klassenfeind..es gab da oft zeitungen wie nd,volksarmee,sportecho und die berliner zeitung..allerdings im kleineren format...die wenn der wind günstig stand mit ballons die grenze überflogen und dann nach gewisser zeit zerbarsten..also die zeitungen waren wirklich interessant und die lektüre kam oft im grenzabschnitt runter!!wenn sowas im hinterland runterkam war sackstand angesagt..alles mußte ausschwärmen um die zeitungen einzusammeln!!gruß icke


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04.02.2011 11:55
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#27
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übrigens ein bekannter Witz, der bei den Grenztruppen ab 1986 kursierte war...... "lieber auf der Challenger verbrannt, als auf dem Parteitag verkohlt"....@Exgakl

Aber Ex ich glaube nicht das jemand das öffentlich im Beisein von z.B. Partei oder MFS gesagt hat.


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04.02.2011 12:15 (zuletzt bearbeitet: 04.02.2011 12:16)
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#28
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Zitat von Pit 59
übrigens ein bekannter Witz, der bei den Grenztruppen ab 1986 kursierte war...... "lieber auf der Challenger verbrannt, als auf dem Parteitag verkohlt"....@Exgakl

Aber Ex ich glaube nicht das jemand das öffentlich im Beisein von z.B. Partei oder MFS gesagt hat.




Pit 59, man konnte sich doch immerhin damit rausreden, daß man einen CDU-Parteitag gemeint hatte, dann bekam diese Spruch doch gleich wieder eine "klassenkämpferisch richtige Bedeutung" und hätte sogar ´nen positiven Eintrag in die Personalakte einbringen können, oder?
Schönen Gruß aus Kassel.


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04.02.2011 12:20 (zuletzt bearbeitet: 04.02.2011 12:23)
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#29
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94

@Pit 59, definiere 'öffentlich'!
Die besten 'politischen' Witze erfuhr ich oft zur GWW, vom einem alten Politoffizier eingeleitet mit folgender Formel:
'Genossen, ich bekämpfe zur Zeit folgenden feindlichen Witz ...'

P.S. @wosch fängt gloobsch langsam an zu begreifen, wie sich die 'sogenannte' DDR nach seinem Weggang entwickelte *grins*

Verachte den Krieg, aber achte den Krieger!


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04.02.2011 14:36
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#30
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Zitat von Pit 59
übrigens ein bekannter Witz, der bei den Grenztruppen ab 1986 kursierte war...... "lieber auf der Challenger verbrannt, als auf dem Parteitag verkohlt"....@Exgakl

Aber Ex ich glaube nicht das jemand das öffentlich im Beisein von z.B. Partei oder MFS gesagt hat.



Sag mal Pit... soll dass Dein Ernst sein???? Also in der Partei war ich selbst..... da hätte ich mich also vor mir vorsehen sollen? Und das MfS hat man bestimmt auch sofort als solches erkannt Pit wir waren auch alle völlig weltfremd..... die Leute der Grenztruppen, NVA und auch das MfS....wir kannten nur Kadavergehorsam und wussten nicht wie es sonst im Leben der DDR zuging. Wenn es mitunter heisst bei uns wurde man für solche Bemerkungen eingesperrt, dann hätte ich vermutlich ab 1985 ständig irgendwo einsitzen müssen.

VG exgakl


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