Verein der in der DDR geschiedenen Frauen e.V.“

28.12.2010 18:28
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#1
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Die deutsche Trennung

In der DDR geschiedene Frauen beklagen seit 20 Jahren ihre Benachteiligung bei der Rente – nun interessieren sich die UN für sie.

Berlin - Wer 20 Jahre lang immer auf dem gleichen Anliegen herumreitet, wird schon mal als notorischer Nörgler und lästiger Querulant tituliert. Diese Erfahrung machen die Frauen, um die es hier geht, immer wieder. Es ficht sie nicht an. Schließlich wird ihre Forderung nicht allein dadurch unberechtigter, dass sie immer aufs Neue erhoben wird.

Seit Anfang der 90er Jahre beklagen in der DDR geschiedene Frauen, dass sie vom bundesdeutschen Rentenrecht benachteiligt werden. In den alten Bundesländern wird an Ehegatten, die vor dem 1. Juli 1977 geschieden wurden, Geschiedenenhinterbliebenenrente gezahlt; Ehegatten, die nach diesem Datum geschieden wurden, kommen in den Genuss eines Versorgungsausgleichs.

In der DDR Geschiedene gehen dagegen leer aus. Im Rentenüberleitungsgesetz, das die Ansprüche der unterschiedlichen sozialen Gruppen nach der deutschen Einheit regelte, wurden sie schlichtweg vergessen. Das hat vor allem für ältere geschiedene Frauen, die wegen der Kindererziehung längere Zeit zu Hause blieben oder – wie die meisten Frauen in der DDR – in schlecht bezahlten Berufen arbeiteten, verheerende Folgen: Sie beziehen extrem niedrige oder gar keine Renten und sind häufig auf Grundsicherung angewiesen.

Eine von ihnen ist Ute Lauterbach. Die heute 70-jährige geschiedene Frau hat zwei Kinder großgezogen. Dafür hat sie fünf Jahre lang ihre Tätigkeit als Kindergärtnerin ausgesetzt, weil sie ihre Kleinen nicht schon mit acht Monaten täglich in der Kinderkrippe abliefern wollte. Die drei Mark Rentenversicherungsbeitrag, die sie während dieser Zeit monatlich abführte und die ihren Rentenanspruch garantierten, hatten materiell damals eher symbolischen Wert: In der DDR wurde die Rentenhöhe nach dem Einkommen in den letzten 20 Arbeitsjahren berechnet. Doch heute schlägt die Kindererziehungszeit gravierend zu Buche: Die jährliche Summe von gerade mal 36 Mark wird für die Rentenberechnung als Einkommen in dieser Zeit angesetzt.

Ute Lauterbach, die heute den 1999 gegründeten „Verein der in der DDR geschiedenen Frauen e.V.“ leitet, sieht sich und ihre Mitstreiterinnen in zweifacher Hinsicht benachteiligt: gegenüber vergleichbaren Frauen in der Bundesrepublik, denen der Versorgungsausgleich über den geschiedenen Ehepartner gewährt wird, und gegenüber den in der DDR geschiedenen Männern. Letzteren wurde im Juli 1991 Vertrauensschutz für die bis dahin geltende Praxis zugesichert, dass sie auf Lebenszeit keine Rentenpunkte abgeben müssen. Noch heute beruft sich die Politik darauf, dass sie wegen des Rückwirkungsverbots keinen nachträglichen Versorgungsausgleich von den geschiedenen DDR-Männern einfordern könne.

Betroffene Frauen und der Verein sind von Gericht zu Gericht, von Partei zu Partei gegangen, vier Bundesregierungen haben sie mit ihrer Forderung genervt. Und immer haben sie die Erfahrung gemacht: Solange die Parteien in der Opposition waren, waren sie ihrem Anliegen gegenüber aufgeschlossen. Sobald sie in der Regierung saßen, brachten sie stets unüberwindliche Hinderungsgründe vor. Ute Lauterbach ist überzeugt: „Die Politik setzt auf die biologische Lösung.“ Gab es nach ihren Erkenntnissen im Jahr 1992 – bis Ende 1991 (!) waren Scheidungen nach DDR-Recht möglich – noch 800 000 betroffene Frauen, leben heute schätzungsweise nur noch 450 000.

Besonders enttäuscht ist Lauterbach, dass sich auch jene Parteien, die der Betreuung von Kindern in der Familie angeblich so hohen Wert beimessen, mit der Altlast nicht mehr befassen wollen. Es würde ja auch Geld kosten. Als Betroffene aus Stralsund Mitte dieses Jahres ihrer Wahlkreisabgeordneten Angela Merkel in einem Brief ihr Problem schilderten, bezeugte die Kanzlerin Verständnis. Aber leider sei das Anliegen der Betroffenen politisch nicht mehr durchsetzbar.

Bei den Gerichten hatten die Frauen ebenfalls keinen Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht nahm zuletzt eine Klage gar nicht mehr an: Es würden die Belege über die Rentenbiografien der Ehemänner fehlen. Den Frauen erschien das wie Hohn: Kaum dass sie ihre eigenen Unterlagen alle zusammenkratzen konnten, war es – auch rechtlich – unmöglich, die Dokumente von den geschiedenen Männern beizubringen. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg läuft noch.

Nun aber tauchen plötzlich Hoffnungsschimmer auf. Im September verabschiedete der Bundesrat auf Initiative der Länder Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin eine Entschließung zur „Verbesserung der rentenrechtlichen Situation der im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992 Geschiedenen“. Darin wird die Bundesregierung „nachdrücklich“ gebeten, „eine befriedigende Lösung“ herbeizuführen. Und es wird vorgeschlagen, umgehend eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe dazu einzusetzen.

Und sogar die Vereinten Nationen interessieren sich nun für das Schicksal der Betroffenen. Der UN-Ausschuss, der über die Einhaltung der „Konvention zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen“ (Cedaw) wacht, lud Vertreterinnen des Vereins Anfang Oktober nach Genf ein. Dort machte man den Frauen Mut: Auf den ersten Blick handle es sich um eine bekannte, systematische Diskriminierung, die der Staat gemäß Artikel 2 und 3 des Cedaw-Abkommens, das die Bundesrepublik 1985 ratifizierte, aktiv und ohne Verzögerung längst hätte abschaffen müssen. Und man riet den Betroffenen, die Einleitung eines förmlichen Untersuchungsverfahrens beim Cedaw-Ausschuss zu beantragen.

Marion Böker, Beraterin für Menschenrechte und Genderfragen in Berlin, erarbeitet für den Verein nun den Begründungstext. Dazu müssen der Sachverhalt geschildert, sämtliche verfügbaren Fallbeispiele beigebracht und alle Bemühungen der Betroffenen auf der politischen Ebene aus 20 Jahren beschrieben werden. Kann ein UN-Gremium erreichen, was auf der nationalen Ebene scheiterte? Marion Böker ist zuversichtlich: „Cedaw hat ein viel umfassenderes Verständnis von Diskriminierung als ein Gericht. Und als Mitgliedsstaat des Abkommens wäre Deutschland verpflichtet zu handeln, wenn der UN-Ausschuss eine Diskriminierung erkennt.“ Überdies hätten die Vereinten Nationen weitaus größere Distanz zu ökonomischen Kontexten, die im nationalen Rahmen geltend gemacht würden.

Ute Lauterbach und ihre Mitstreiterinnen wollen keine Bittstellerinnen sein. „Es geht nicht um eine Armutslösung. Es geht um Gerechtigkeit“, sagt sie trotzig.

Quelle:
http://www.tagesspiegel.de/politik/die-d...ng/3682340.html


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28.12.2010 19:00
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#2
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Hm, habe da so meine eigene Meinung.
Eigentlich sind sie nur sauer, dass in der Bundesrepublik ein Ex-Partner auch noch die Rente des anderen EX-Partners mitzahlt obwohl es doch keine Verbindung mehr zwischen ihnen gibt. Also auch keine familiäre Solidarität denn eben die wurde ja mit einer Scheidung beendet.
In der DDR war dies gerechter. Wenn getrennt, dann getrennt. Jeder weiß vorher was er tut, keiner war gezwungen zu heiraten, keiner war gezwungen sich scheiden zu lassen. Wenn, dann war das jedem und jeder seine oder ihre Entscheidung.
Die Damen wollen ihre EX nur eben weiter bluten lassen, auch noch Jahrzehnte nach der Trennung. Mit welchem Recht? Denn die Verbindung wurde doch jeweils getrennt. Nein, ich finde die Entscheidung so wie sie ist und war gerecht und das, was sie wollen finde ich nicht anständig.


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28.12.2010 20:21
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#3
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das ist eine delikate Form der Rosinenpickerei. Wenn es umgekehrt zu ihrem Nachteil etwas rückwirkend zu entscheiden gäbe, wären sie ganz fix mit dem Argument " Bestandsschutz" dabei und würden das als Rückwirkungsverbot ablehnen. Nein ich finde auch, das ist abgeschlossen und wir müssen heute nicht für alle Lebensrisiken der ex DDR aufkommen.

Gruß Gert


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29.12.2010 14:44
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#4
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94

Hatten wir nicht schon mal dieses Thema? Ahja, DDR-Scheidungen die vergessenen Frauen *grins*
Warum nur setzt man diesen Thread nicht fort? Liegt doch nicht am letzten Beitrag, odär?

Verachte den Krieg, aber achte den Krieger!


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29.12.2010 15:54 (zuletzt bearbeitet: 29.12.2010 15:55)
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#5
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So, und nun die deutsche Wiedervereinigung, der Beitritt der DDR zur..., egal.

Wär am liebsten selbst drauf und dran, einen Verein der "Überemnziepiert geschädigten Exehemänner und Kinder Anno 1990 ff. e. V." zu gründen.

Ist schon traurig, was alles passiert und wen es beim Gesetzgeber, sprich in der Politik scheert, wenn man keine Lobby hat. Und so ergeht es eben auch diesen Frauen, die man (wie sogar schon offen zugegeben!!!), im Einigungsvertrag einfach und schlichtweg vergessen hat. Gut, kann alles passieren, dann bessert man aber (schnell!) nach und wartet nicht scheinheilig darauf, das die biologische Uhr das Thema, das Problem von selbst regelt...!

Traurig!


josy95

Günter Schabowski hatte es in seiner legendären Pressekonferenz am 09.11.1989 wahrlich nicht leicht und vor allem keine Zeit, den genauen Zeitpunkt der Einführung der neuen DDR- Reisegesetze bei Krenz oder im SED- Politbüro zu hinterfragen.
Jeder kennt das Ergebnis.
Politiker von heute haben den Vorteil, nicht unter Zeitdruck zu stehen wie einst Schaboweski und das Politbüro der SED.
Und bevor sie in die Öffentlichkeit gehen, nocheinmal die Lobbyisten zu fragen, die ihnen die Gesetze geschrieben haben ...


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29.12.2010 20:03
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#6
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Was soll das Gemosere!

1. In der DDR war dank Kindergarten und Ganztagesschule Berufstätigkeit für BEIDE Elternteile kein Problem. War es aber massiv für Westeltern.

2. Wegen Kleinkindern nicht extern zu arbeiten ist legitim, dafür gib es inzwischen rentenrechtliche "Kindererziehungszeit".

3. Die Folge von Scheidung, das ist privat, dafür sind nur die Eheleute verantwortlich, dazu zwang sie niemand.

4. 5 Jahre Berufspause ist nicht so gravierend.


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30.12.2010 00:06
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#7
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Vielleicht kennt sich jemand aus.
Wie wird denn der Versorgungsausgleich berechnet und gibts darüber Aussagen im Scheidungsurteil?
In meinem DDR-Scheidungsurteil steht nichts von einem "Versorgungsausgleich", gabs ja auch nicht, solchen Quatsch.
Der Umkehrschluß wäre ja, man müsste die DDR - Urteile "kassieren"......oder ?


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30.12.2010 09:58 (zuletzt bearbeitet: 30.12.2010 10:01)
avatar  josy95
#8
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Klar ist es eine delikate Rosinenpickerei, so wie @Gert es treffend formuliert.

Vom Grundsatz her ist doch die staatlich geduldete, nein gewollte schlechtere Bezahlung der Frau (für die gleiche Arbeit) das Grundübel.

Auch eine DDR tat sich schon schwer daran, dem Grundsatz gleiches Geld für gleiche Arbeit zu folgen. Es gab hier und da Fortschritte, aber bis zum Ende 1989 waren auch die nicht so gravierend.
In den Altbundesländern gestaltete sich im Regelfall (!!!) noch lange das Familienleben eher streng konservativ- traditionel. D. h.. der männliche Part sorgte für das Finanzielle, während die meißten Frauen sich den Kindern und deren Erziehung sowie um die hauswirtschaftlichen Arbeiten kümmerte. Allenfalls ging die Frau einer Teilzeitarbeit oder einem kleinen Nebenjob nach.

Egal, ob nun alt- BRD oder DDR, kam es zur Trennung, die Kinder wurden in den meißten Fällen und klassisch konservativ der Mutter zugesprochen. Der Vater mußte dann für Kinder (logisch und auch einigermaßen verständlich), aber auch für die Exfrau dafür den Zahlmeister spielen. Oft wurde ihm als Zahlmeister mit perfiden juristischen Mitteln und weiblicher Rachsucht der Kontakt zu den eigenen Kindern dauerhaft und gerichtlich festgeschrieben(!), verwehrt!
Hier wurde es den Frauen auch noch lange bis nach der Wiedervereinigung sehr, sehr leicht gemacht, den Ex regelrecht abzuzocken. Um z. Bsp. ungerechtfertigt hohe oder "lebenslange" Unterhaltsforderungen zu stoppen, zu minimieren, mußte fataler Weise z. Bsp. der Mann nachweisen, das seine Ex eine zumutbare Arbeit abgelehnt hat... ja, wie denn???

Durch diese Regelung sind einige Ex- Ehefrauen bestimmt nächtelang und in den Armen ihres gut verdienenden neuen Lovers vor Lachen nicht zum einschlafen gekommen!

Tagsüber hat sich so manche Exgattin dann mit ein paar kleinen juristischen Trickserein einen süffisanten Lebensstil gönnen können, während der Ex am Existenzminimum rumeierte...!

Nachdem einige dieser zum Himmel schreienden Fälle u. a. vor dem europäischem Gerichtshof gelandet sind, war der deutsche Gesetzgeber endlich gezwungen, diese diskriminierenden Gesetze zu ändern.

Nun ist die heutige Situation schon wesentlich besser, wo u. a. die Frau nachweisen muß, das sie sich um eine zumutbare Arbeit kümmert (ähnlich wie bei Hartz-IV), sonst kann der Unterhalt gekürzt oder ganz gestrichen werden.
Aber anderseits haftet der Mann bei einer Scheidung lebenslang mit der Abtretung einiger seiner erworbenen Rentenanteile (Rentenpunkte) immer noch für diese diskriminierende Lohnpolitik, das Frauen für gleiche Arbeit, einen gleichen Job oftmals weniger verdienen als Männer.

Schon eigenartig. Diskriminierend eigenartig...

josy95

Günter Schabowski hatte es in seiner legendären Pressekonferenz am 09.11.1989 wahrlich nicht leicht und vor allem keine Zeit, den genauen Zeitpunkt der Einführung der neuen DDR- Reisegesetze bei Krenz oder im SED- Politbüro zu hinterfragen.
Jeder kennt das Ergebnis.
Politiker von heute haben den Vorteil, nicht unter Zeitdruck zu stehen wie einst Schaboweski und das Politbüro der SED.
Und bevor sie in die Öffentlichkeit gehen, nocheinmal die Lobbyisten zu fragen, die ihnen die Gesetze geschrieben haben ...


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