Uniformierte und Zivilisten, zwei grundverschiedene Welten??

14.11.2010 19:29
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#1
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ABV ( gelöscht )

Guten Abend liebe Forumsgemeinde!
Was macht man, wenn einem die Langeweile plagt? Hm, die Antwort dürfte, je nach Interessenlage, verschieden ausfallen. Ich für meinen Teil hatte gestern ein wenig "gegoogelt". Und zwar nach Büchern welche sich mit dem Thema DDR beschäftigen. Dabei stieß ich auf das Buch " 101 Frage zur DDR" von Sascha-Ilko Kowalszuk. In dem Buch gibt es eine Passage welche sich mit der "Deutschen Volkspolizei", speziell den - ABV-, beschäftigt. Also ein Thema das mich schon von Hause sehr am Herzen liegt. Nun gut, was dort zu lesen ist, kann man wahrlich nicht als schmeichelhaft bezeichnen. Laut Herrn Kowalczuk waren die ABV bornierte Zeitgenossen, welche jeden Menschen nur als Problemfall ansahen. Die ABV waren sich durchaus ihrer Unbeliebtheit bei der übrigen Bevölkerung bewusst. Dieses kompensierten sie mit barschem Ton und Autoritätsgehabe. Im übrigen kann man die Arbeit der ABV auch nicht mit der eines "Kontaktbereichsbeamten" vergleichen, da der ABV Auskunftsperson für das MfS war. Nun gut, ich weiß das es solche bornierten "Autoritäten" gab. Eine Uniform, verbunden mit einer dementsprechenden Funktion verleiht nun einmal auch ein Stück Macht. Nicht jeder ist dem charakterlich gewachsen. Aber das ist kein spezifisches Problem der DDR, so etwas gab und gibt es zu allen Zeiten. Ich bestreite auch nicht, dass die ABV dem MfS dienstliche Auskünfte erteilten. MfS und VP waren Teile des selben Sicherheitssystems für ein und denselben Staat. Das in Abrede zu stellen oder "schönzureden" wäre Schwachsinn. Aber, kann und darf man, zu mal wenn man als Historiker der Objektivität verpflichtet ist, solche Pauschalurteile über eine ganze Berufsgruppe fällen?? Der ABV in meinem Heimatort war zum Beispiel sehr beliebt und hatte es nicht nötig autoritär aufzutreten. Eine Ausnahme bildeten die "Schwarzen Schafe" die es in jeder Gesellschaft gibt und die oftmals auch gar keinen anderen Ton verstehen. Ein ABV schob in aller Regel in seinem Abschnitt nicht nur Dienst, er wohnte auch dort. Wer sich wie ein " kleiner König" verhielt, musste bald auch mit den Konsequenzen rechnen. Auch in der DDR war die Bevölkerung nicht so hundertprozentig obrigkeitshörig, wie man heute manchmal denkt. Eine weitere These, diesmal aber nicht von Herrn Kowalszuk, besagt, dass sich in der DDR " Uniformierte" und " Nichtuniformierte" generell feindlich gegenüberstanden. So als träfen zwei grundverschiedene Welten aufeinander. War das wirklich so, oder wird dieses heute nur überspitzt dargestellt?
Mich würde mal eure Meinung zu dem Thema interessieren.

Gruß an alle
Uwe


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14.11.2010 20:28
avatar  wosch ( gelöscht )
#2
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wosch ( gelöscht )

Zitat von ABV
Guten Abend liebe Forumsgemeinde!
Was macht man, wenn einem die Langeweile plagt? Hm, die Antwort dürfte, je nach Interessenlage, verschieden ausfallen. Ich für meinen Teil hatte gestern ein wenig "gegoogelt". Und zwar nach Büchern welche sich mit dem Thema DDR beschäftigen. Dabei stieß ich auf das Buch " 101 Frage zur DDR" von Sascha-Ilko Kowalszuk. In dem Buch gibt es eine Passage welche sich mit der "Deutschen Volkspolizei", speziell den - ABV-, beschäftigt. Also ein Thema das mich schon von Hause sehr am Herzen liegt. Nun gut, was dort zu lesen ist, kann man wahrlich nicht als schmeichelhaft bezeichnen. Laut Herrn Kowalczuk waren die ABV bornierte Zeitgenossen, welche jeden Menschen nur als Problemfall ansahen. Die ABV waren sich durchaus ihrer Unbeliebtheit bei der übrigen Bevölkerung bewusst. Dieses kompensierten sie mit barschem Ton und Autoritätsgehabe. Im übrigen kann man die Arbeit der ABV auch nicht mit der eines "Kontaktbereichsbeamten" vergleichen, da der ABV Auskunftsperson für das MfS war. Nun gut, ich weiß das es solche bornierten "Autoritäten" gab. Eine Uniform, verbunden mit einer dementsprechenden Funktion verleiht nun einmal auch ein Stück Macht. Nicht jeder ist dem charakterlich gewachsen. Aber das ist kein spezifisches Problem der DDR, so etwas gab und gibt es zu allen Zeiten. Ich bestreite auch nicht, dass die ABV dem MfS dienstliche Auskünfte erteilten. MfS und VP waren Teile des selben Sicherheitssystems für ein und denselben Staat. Das in Abrede zu stellen oder "schönzureden" wäre Schwachsinn. Aber, kann und darf man, zu mal wenn man als Historiker der Objektivität verpflichtet ist, solche Pauschalurteile über eine ganze Berufsgruppe fällen?? Der ABV in meinem Heimatort war zum Beispiel sehr beliebt und hatte es nicht nötig autoritär aufzutreten. Eine Ausnahme bildeten die "Schwarzen Schafe" die es in jeder Gesellschaft gibt und die oftmals auch gar keinen anderen Ton verstehen. Ein ABV schob in aller Regel in seinem Abschnitt nicht nur Dienst, er wohnte auch dort. Wer sich wie ein " kleiner König" verhielt, musste bald auch mit den Konsequenzen rechnen. Auch in der DDR war die Bevölkerung nicht so hundertprozentig obrigkeitshörig, wie man heute manchmal denkt. Eine weitere These, diesmal aber nicht von Herrn Kowalszuk, besagt, dass sich in der DDR " Uniformierte" und " Nichtuniformierte" generell feindlich gegenüberstanden. So als träfen zwei grundverschiedene Welten aufeinander. War das wirklich so, oder wird dieses heute nur überspitzt dargestellt?
Mich würde mal eure Meinung zu dem Thema interessieren.

Gruß an alle
Uwe




Hallo Uwe, sei mir bitt nicht böse, der ABV der für unser Wohngebiet zuständig war hatte keine Guten Ruf, Er wurde zu meiner DDR-Zeit gerade von der älteren Genearation schon mal gerne mit einem Blockwart der Vergangenheit verglichen und in seiner Gegenwart sollte man besser nicht über Politik reden. Diesen Hinweis bekamen wir übrigens von unseren Eltern. Ansonsten gab er sich immer sehr betont freundlich aber trotzdem sahen wir ihn lieber aus der Ferne! Das lag jedoch daran, daß Alle die seinerzeit ein Parteiabzeichen trugen uns eine gewisse Angst eingeflößt hatten, wie gesagt, das war vor 1962!!
Schönen Gruß aus Kassel.


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14.11.2010 20:38
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#3
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ABV ( gelöscht )

Hallo Wosch!
Erstmal Danke für deine Antwort. Warum soll ich dir böse sein? Wie ein Mensch von seiner Umwelt wahrgenommen wird, hängt natürlich erstmal von ihm selbst ab. Na ja und wenn dieser Mensch auch noch einen bestimmten staatlichen Auftrag zu erfüllen hat, das war ja nun mal so, dann spielt das natürlich auch eine Rolle. Die Polizei und auch die anderen staatlichen Organe, können nur als so gut oder schlecht wie der gesamte Staat, wahrgenommen werden. Mir geht es aber darum zu differenzieren und den Menschen in der jeweiligen Uniform, der ja auch gewissen Zwängen unterlag, wahrzunehmen.

Gruß an alle
Uwe


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14.11.2010 20:56
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#4
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Gert ( gelöscht )

Hallo Uwe,

ich bin schon sehr lange vor der Wende weg aus der DDR, sodass ich mit ABVs keine Erfahrung habe. Ich wusste dass es sie gibt hatte aber als sehr junger Mann keinen Kontakt zu ihnen. Ich kann aber mal meine wenigen Kontakte mit der DDR Polizei als Besucher aus der BRD schildern. Sie wirkten durchgängig, bei Verkehrskontrollen , überstreng und sehr dienstlich. Es gab kein Lächeln und auch keine sonstige freundliche Regung in ihrem Gesicht oder der Körpersprache. Ihr Verhalten kam mir manchmal etwas überzogen oder gekünstelt vor und ich hatte den Verdacht, dass sie sich im Grunde vom Selbstbewusstsein her unsicher fühlten und mit dieser aufgesetzt wirkenden Haltung das zu überspielen versuchten. Irgendwie war das immer eine seltsame Atmosphäre bei Kontrollen der VP, jedenfalls ganz anders als ich es von Polizeikontrollen im Bundesgebiet her gewöhnt war.

Gruß Gert


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14.11.2010 21:25
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#5
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ABV ( gelöscht )

Guten Abend Gert!
Unsicherheit ist wohl das richtige Wort. Im Prinzip wusste man wirklich nicht, wie man sich Bundesbürgern gegenüber verhalten sollte. Laut Dienstanweisung sollte man natürlich korrekt und freundlich auftreten. Aber war man zu freundlich, oder eben menschlich, konnte das bei einigen Vorgesetzen durchaus für Unmut sorgen. Da flüchtete man sich eben in die "Überstrenge", um ja nicht in den Verdacht zu kommen, "mit dem Klassenfeind zu sympathisieren." Persönliche Gespräche wurden meist vermieden, dass konnte immer Scherereien bringen. An einem Wochenende im Jahre 1988, hatte ich Dienst im VPKA. Eine Familie aus der Bundesrepublik weilte zu Besuch bei ihren Verwandten. Zu diesem Zwecke mussten sie sich bei der VP anmelden. Ein älterer, sehr netter Herr, wollte uns nach den Dienstgraden befragen. Es war ja nichts geheimes, trotzdem brachte er meinen Kollegen und mich in Verlegenheit. Eine Dame, offensichtlich die Tochter, half uns aus der Misere. Mit den Worten " komm Papa" , zog sie den Mann nach draußen. Sie hatte wohl unsere dämlichen Gesichter bemerkt und konnte sich den Rest denken. Verdammt nochmal ich hätte mich gerne mit dem freundliche Herrn unterhalten. Irgendwie erinnerte er mich an meinen Opa. Aber aus ein paar Floskeln, vorgetragen mit einer möglichst nichtssagenden Mine, durfte man nichts sagen. Glücklich war niemand darüber. Intern haben wir uns öfter darüber ausgetauscht und absolut nicht in jedem "Bundi" einen Feind gesehen. Aber es gab nun einmal Spielregeln, an die wir uns zu halten hatten. So wie die Grenzaufklärer, oder die Passkontrolleure. Es ist auch kein Wunder, dass diese Leute nach dem 09.11. 1989 wie gewandelt waren. Nett und freundlich waren die meisten schon vorher. Wir durften es nur nicht immer zeigen.

Viele Grüße von der Oder an den Rhein
Uwe


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14.11.2010 22:23 (zuletzt bearbeitet: 14.11.2010 22:23)
avatar  SkinnyTrucky ( gelöscht )
#6
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SkinnyTrucky ( gelöscht )

Also wir hatten den besten ABV im Dorf, den man sich wünschen konnte....unser Werni war sehr beliebt, er war sehr loyal und man hatte seine Ruhe vor ihm....auch ließ er die Bauern in Ruhe, wenn sie Abends mit dem Auto zur Kneipe und danach mit etwas Alk im Blut nach Hause tuckerten....is ja auch nie was passiert.....

.....im Nachbardorf war es ganz anders, diesen Stacho mochte keiner....

groetjes

Mara


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15.11.2010 09:39 (zuletzt bearbeitet: 15.11.2010 09:55)
avatar  josy95
#7
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Zitat von SkinnyTrucky
Also wir hatten den besten ABV im Dorf, den man sich wünschen konnte....unser Werni war sehr beliebt, er war sehr loyal und man hatte seine Ruhe vor ihm....auch ließ er die Bauern in Ruhe, wenn sie Abends mit dem Auto zur Kneipe und danach mit etwas Alk im Blut nach Hause tuckerten....is ja auch nie was passiert.....

.....im Nachbardorf war es ganz anders, diesen Stacho mochte keiner....

groetjes

Mara




Erstmal: @ABV, wieder einer Deiner guten und sachlichen Beiträge! Glückwunsch!

Hoffe nur, das das Thema endlich auch mal sachlich bleibt...! Sonst:

@Mara, auch das kann ich dahingehend bestätigen. Ilsenburg war ja nun kein Dorf und hatte etwas mehr Einwohner... und wir hatten zu meiner "Sturm- und Drangzeit" 3 ABV´s. Die waren alle drei gut drauf. Onkel "Kurtchen", ein lustiger kleiner Pummel, "Moser" (Spitzname) und Onkel Fritze. Alle drei waren auch bei uns Jugendlichen beliebt und genossen aber auch den notwendigen Respekt. "Fritze" war zwar der etwas rüdere, da auch noch jünger an Jahren, aber deshalb auch nicht unbeliebt. Es wurde auch mal ein "Auge zugedrückt" wenn wir irgendetwas angestellt haten und so funktionierte das Ganze, simpel und einfach und trotz der nicht gerade guten politischen Hintergrundideologie...
Als "Moser" und "Onkel Kurtchen" dann Anfang der 80-er in Rente gingen, traten zwei richtige Ar***löcher ihre Nachfolge an und vorbei wards mit dem friedlichen Miteinander!

Noch eine Episode aus den 60-ern/ Anfang 70-ern:
Bei den "VP- Genossen" des Gruppenpostens Ilsenburg war Eisstockschießen ein sehr beliebter Sport, außerdem gab es in Ilsenburg die Sektion Eisschnellauf, die gut aufgestellt war und auch gute Sportler hervorbrachte. Trägerorganisation war ja bei beiden Sektionen die VP- Sportorganisation "Dynamo".
Mein Papa, selbst begeisterter Eissportler (Eishockey und Eisschnellauf) hatte eigens mit ein paar guten Sportfreunden eine Art, sagen wir mal Eismaschine gebaut. Vorbild die heute natürlich perfektionierten und motorisierten Teile, die die Eisflächen in Eishallen und Eisstadien wieder "aufpolieren" und spiegelglatt machen.

Wenn man dann auf dem Forellenteich die Natureisbahn wieder präpariert hatte, gings nach uns nach Haus in den Aufenthaltsraum von Papas kleiner Firma. Papa war bekannt für seine steifen Grogs..., Primasprit war ja genug da...
Und Onkel Kurtchen und Moser schnasselten nun auch mal gern einen..., es war dann immer ein Schauspiel, wenn nach einigen dieser steifen Grogs beide die Kastanienallee "leicht angeschlagen" hinabspazierten, meißt natürlich uniformiert...

Das war dann oft auch nächsten Tag Stadtgespräch...

Irgendwann mußte mein Papa dann mal in Wernigerode im VPKA "antanzen" und man "eröffnete" ihm, er möge das bitte unterlassen...und auf das Erscheinungsbild der VP- Genossen in der Öffentlichkeit Rücksicht nehmen...!
Onkel Kurtchen und Moser muß man disziplinarmäßig auch höllisch den Magen ausgepumpt haben...

Mag der liebe Herrgott die Beiden und auch meinen Papa und andere aus dieser einst lustigen Runde seelig haben und mögen sie im Himmel heute noch ihre Storrys, ihre lustigen Eskapaden zum Besten geben und herzhaft drüber lachen und manch ein vergrämter Zeitgenosse, Hardliner aus diesen Jahren immer noch vergrähmt über die verpassten schönen Stunden neidisch zu ihnen herüberblicken... .
Und wenn´s zu winterlichen Zeiten mal gewittert, kracht und poltert, dann werden sie bestimmt gerade auf der himmlisdchen Eisbahn Eisstockgegeln und ich bin in dankbarer Erinnerung an diese schöne Zeit, diesen Spaß den alle hatten, in Gedanken bei ihnen...

Ja, auch das war DDR...!

josy95

Günter Schabowski hatte es in seiner legendären Pressekonferenz am 09.11.1989 wahrlich nicht leicht und vor allem keine Zeit, den genauen Zeitpunkt der Einführung der neuen DDR- Reisegesetze bei Krenz oder im SED- Politbüro zu hinterfragen.
Jeder kennt das Ergebnis.
Politiker von heute haben den Vorteil, nicht unter Zeitdruck zu stehen wie einst Schaboweski und das Politbüro der SED.
Und bevor sie in die Öffentlichkeit gehen, nocheinmal die Lobbyisten zu fragen, die ihnen die Gesetze geschrieben haben ...


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15.11.2010 10:09
#8
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Hallo ABV!

In unserem Ort kamen alle gut mit den hier ansässigen VBV`s aus, jeder kannte jeden und man grüßte sich oder sprach auch mit einander, über Probleme im Wohngebiet oder anderen Anliegen.

Nur die "wieder eingegliedert" wurden, also Knastis ect. die waren nicht gut auf die ABV`s zu sprechen, die fühlten sich ständig kontrolliert!

Aber sonst kann ich nichts negatives sagen über das Verhältniss Zu den ABV`s, ich selber war ja Polizeihelfer und kam gut klar mit den Leuten!

Und wie schon geschreiben wurde, jeder wirkt auf sein Umwelt so, wie er sich selber gibt!

Grüße von Küche69


_______________

"Wer nicht mit beiden Augen sieht, wird nie die ganze Wahrheit sehn!"


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