Das gebrochene Versprechen des Oberstleutnant Wagner

19.07.2010 23:14
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#1
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ABV

Dem Meister der Volkspolizei Gerhard M., vom Volkspolizeikreisamt Seelow, war nach einer eher ruhigen Nachtschicht im Frühherbst des Jahres 1982, nur wenige Stunden Schlaf vergönnt. Irgend jemand klingelte an der Haustür seines Eigenheimes "Sturm". Verschlafen und fluchend wälzte sich M. aus dem Bett. Ein kurzer Blick zur Uhr sagte ihm, dass er gerade einmal drei Stunden geschlafen hatte. "Ich komme ja schon" rief er mit lauter Stimme, derweil nach seinen Filzlatschen suchend. Er vermutete, dass einer seiner Kinder von der Schule nach Hause gekommen war und einfach nur den Schlüssel vergessen hatte. Groß war sein Erstaunen, als stattdessen Hauptmann Siegfried R. ,einer der beiden für Seelow zuständigen Stadt-ABV, vor der Tür stand. " Komm zieh dich an, du musst sofort zur Dienststelle kommen", eröffnete er dem verdatterten Polizeimeister. " Ich hatte Nachtschicht und wollte eigentlich schlafen. Was ist denn überhaupt los?", knurrte dieser ungehalten. Die nun folgende Antwort des ABV, vertrieb mit einem Schlag alle Müdigkeit. " Was los ist? Der Teufel ist los. Mensch, die haben heute Nacht in die Gedenkstätte eingebrochen und sämtliche Waffen geklaut. Die Kripo aus Frankfurt ist im Anmarsch und auch welche von MfS." M. war zu lange Polizist um nicht zu wissen, was diese Mitteilung für ihm bedeutete. Er hatte in der vergangenen Nacht ganz alleine Streifendienst in der Stadt. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Kontrolle besonderer Objekte, wie eben die Gedenkstätte auf den Seelower Höhen. Diese Gedenkstätte war das Prestigeobjekt der SED und dass nicht nur im Kreis Seelow.
Hier trafen sich führende Genossen mit Abordnungen der Sowjetunion. FDJler aus zivilen Betrieben, aber auch junge Mitarbeiter der bewaffneten Organe, legten gemeinsam mit sowjetischen Soldaten Kränze auf dem im oberen Teil des Areals befindlichen sowjetischen "Heldenfriedhof" ab. In dem Museum, dessen äußere Form den sich im Original in den unweit Seelows befindlichen Reitweiner Bergen befindlichen einstigen Befehlsbunker des sowjetischen Marschalls Schukow nachempfunden war, lagerten neben Propagandamaterial, auch originale Waffen, Uniformen und Ehrenzeichen, aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Neben den Ausrüstungsgegenständen der "Freunde", befanden sich dort auch einige "Andenken" von Wehrmacht und SS. So rasch wie nur möglich warf sich Gerhard M. in seine Uniform, um kurz darauf mit langem Schritten zum VPKA, in der Seelower Mittelstraße, zu eilen. Schon an der Eingangstür bemerkte er die ungewöhnliche Hektik, welche im Amt herrschte. Beim Hausposten meldete sich M. telefonisch beim Operativen Diensthabenden. Dieser bedeutete ihm, erstmal einen Kaffee zu trinken und dann in Ruhe einen Bericht über die von ihm durchgeführten Kontrollen zu verfassen. M. erschien das ganze so überflüssig wie ein Kropf. Hatte er doch die Kontrollen und deren Ergebnis, akribisch mit den jeweiligen Uhrzeiten, sowohl im Streifenauftrag als auch in seinem Diensttagebuch nachgewiesen. Aber ein pflichtbewusster Volkspolizist widerspricht einem Vorgesetzten nun einmal nicht. Darum begab sich M., äußerlich ohne Murren, hinauf zu dem im ersten Stock des VPKA befindlichen Aufenthaltsraum der Schutzpolizei. Auf der Treppe kamen ihm zwei Kriminalisten mit Einsatzkoffern in denen sich Gerätschaften zur Spurensicherung befanden, entgegen. Es war M., als hätten ihn die beiden Kriminalpolizisten vorwurfsvoll angesehen. Der Bericht war schnell verfasst, es gab absolut keine erwähnenswerten Auffälligkeiten zu notieren. Trotzdem grübelte M., ob er nicht vielleicht doch etwas übersehen haben könnte?
Während M. über seinen Bericht grübelte, glühten sowohl beim Operativen Diensthabenden des VPKA als auch in der Kreisdienststelle des MfS, im Seelower Stadtteil Zernikow gelegen, die Telefondrähte heiß. Die Vorsitzenden der SED Kreis und Bezirksleitung, forderten eine schnelle Klärung des Falls. Handelte es sich doch um keinen gewöhnlichen Einbruch, sondern um einen regelrechten Affront gegen die Sowjetunion! Nicht den ersten übrigens, nachdem unlängst betrunkene Jugendliche, der überlebensgroßen Staue eines Sowjetsoldaten auf dem früheren Seelower Verschönerungsberg, einen Laib Brot und eine Pulle Wodka in die Arme gelegt hatten. In Wünsdorf zeigte sich die Führung der sowjetischen Truppen " not amoused", in diesen Dingen verstand man keinen Spaß!
Die Nachricht von dem Einbruch breitete sich in den Kreisen der Sicherheitsorgane wie ein Lauffeuer aus, was den Druck auf die vor Ort im Einsatz befindlichen Kräfte zusätzlich erhöhter. Oberstleutnant der K Bernd WagnerDem Meister der Volkspolizei Gerhard M., vom Volkspolizeikreisamt Seelow, war nach einer eher ruhigen Nachtschicht im Frühherbst des Jahres 1982, nur wenige Stunden Schlaf vergönnt. Irgend jemand klingelte an der Haustür seines Eigenheimes "Sturm". Verschlafen und fluchend wälzte sich M. aus dem Bett. Ein kurzer Blick zur Uhr sagte ihm, dass er gerade einmal drei Stunden geschlafen hatte. "Ich komme ja schon" rief er mit lauter Stimme, derweil nach seinen Filzlatschen suchend. Er vermutete, dass einer seiner Kinder von der Schule nach Hause gekommen war und einfach nur den Schlüssel vergessen hatte. Groß war sein Erstaunen, als stattdessen Hauptmann Siegfried R. ,einer der beiden für Seelow zuständigen Stadt-ABV, vor der Tür stand. " Komm zieh dich an, du musst sofort zur Dienststelle kommen", eröffnete er dem verdatterten Polizeimeister. " Ich hatte Nachtschicht und wollte eigentlich schlafen. Was ist denn überhaupt los?", knurrte dieser ungehalten. Die nun folgende Antwort des ABV, vertrieb mit einem Schlag alle Müdigkeit. " Was los ist? Der Teufel ist los. Mensch, die haben heute Nacht in die Gedenkstätte eingebrochen und sämtliche Waffen geklaut. Die Kripo aus Frankfurt ist im Anmarsch und auch welche von MfS." M. war zu lange Polizist um nicht zu wissen, was diese Mitteilung für ihm bedeutete. Er hatte in der vergangenen Nacht ganz alleine Streifendienst in der Stadt. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Kontrolle besonderer Objekte, wie eben die Gedenkstätte auf den Seelower Höhen. Diese Gedenkstätte war das Prestigeobjekt der SED und dass nicht nur im Kreis Seelow.
Hier trafen sich führende Genossen mit Abordnungen der Sowjetunion. FDJler aus zivilen Betrieben, aber auch junge Mitarbeiter der bewaffneten Organe, legten gemeinsam mit sowjetischen Soldaten Kränze auf dem im oberen Teil des Areals befindlichen sowjetischen "Heldenfriedhof" ab. In dem Museum, dessen äußere Form den sich im Original in den unweit Seelows befindlichen Reitweiner Bergen befindlichen einstigen Befehlsbunker des sowjetischen Marschalls Schukow nachempfunden war, lagerten neben Propagandamaterial, auch originale Waffen, Uniformen und Ehrenzeichen, aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Neben den Ausrüstungsgegenständen der "Freunde", befanden sich dort auch einige "Andenken" von Wehrmacht und SS. So rasch wie nur möglich warf sich Gerhard M. in seine Uniform, um kurz darauf mit langem Schritten zum VPKA, in der Seelower Mittelstraße, zu eilen. Schon an der Eingangstür bemerkte er die ungewöhnliche Hektik, welche im Amt herrschte. Beim Hausposten meldete sich M. telefonisch beim Operativen Diensthabenden. Dieser bedeutete ihm, erstmal einen Kaffee zu trinken und dann in Ruhe einen Bericht über die von ihm durchgeführten Kontrollen zu verfassen. M. erschien das ganze so überflüssig wie ein Kropf. Hatte er doch die Kontrollen und deren Ergebnis, akribisch mit den jeweiligen Uhrzeiten, sowohl im Streifenauftrag als auch in seinem Diensttagebuch nachgewiesen. Aber ein pflichtbewusster Volkspolizist widerspricht einem Vorgesetzten nun einmal nicht. Darum begab sich M., äußerlich ohne Murren, hinauf zu dem im ersten Stock des VPKA befindlichen Aufenthaltsraum der Schutzpolizei. Auf der Treppe kamen ihm zwei Kriminalisten mit Einsatzkoffern in denen sich Gerätschaften zur Spurensicherung befanden, entgegen. Es war M., als hätten ihn die beiden Kriminalpolizisten vorwurfsvoll angesehen. Der Bericht war schnell verfasst, es gab absolut keine erwähnenswerten Auffälligkeiten zu notieren. Trotzdem grübelte M., ob er nicht vielleicht doch etwas übersehen haben könnte?
Während M. über seinen Bericht brütete, glühten sowohl beim Operativen Diensthabenden des VPKA als auch in der Kreisdienststelle des MfS, im Seelower Stadtteil Zernikow gelegen, die Telefondrähte heiß. Die Vorsitzenden der SED Kreis und Bezirksleitung, forderten eine schnelle Klärung des Falls. Handelte es sich doch um keinen gewöhnlichen Einbruch, sondern um einen regelrechten Affront gegen die Sowjetunion! Die Nachricht von dem Einbruch breitete sich in den Kreisen der Sicherheitsorgane wie ein Lauffeuer aus, was den Druck auf die vor Ort im Einsatz befindlichen Kräfte zusätzlich erhöhter. Oberstleutnant der K Bernd Wagner, heute als Experte für Rechtsextremismus bekannt und damals im DDR Innenministerium tätig, wurde mit der Einsatzleitung betraut. " Wir bleiben solange vor Ort, bis der Fall geklärt ist", verkündete er seinen Ermittlern. Die tappten allerdings regelrecht im Dunkeln. Die Spurenlage gab nicht viel her und trotz aller Bemühungen konnte kein Zeuge ermittelt werden. Ganz Seelow hatte in dieser Nacht fest geschlafen, bis auf den wackeren VP-Meister Gerhard M. Der war nicht nur der einzig mögliche Zeugen, sondern, so erschien es ihm jedenfalls, eine zeit lang auch tatverdächtig. Sein Diensttagebuch und den Streifenplan hatten die Ermittler längst an sich genommen, sein Bericht interessierte niemand. Dafür musste M. in den folgenden Stunden und auch noch an den Folgetagen, in immer wiederkehrenden Vernehmungen, stets aufs neue den Ablauf der Kontrollen an der Gedenkstätte schildern. M. hatte das Objekt in seiner 10-Stunden-Schicht zweimal kontrolliert, das letzte Mal gegen 01:30 Uhr. Nichts, aber auch gar nichts, war ihm verdächtig vorgekommen. Aber genau das erschien den Genossen von der K verdächtig. In der Hoffnung einen Widerspruch zu entdecken, ließen sich die Vernehmer stets aufs Neue den Ablauf der Fußstreife erläutern. M. schilderte welchen Weg er zur Gedenkstätte gewählt hatte, welche Türen und Fenster auf eventuelle Einbruchsspuren überprüft wurden.
Neben der Kriminalpolizei waren auch Einsatzgruppen des MfS in der kleinen Stadt kurz vor der polnischen Grenze und dessen Umgebung unterwegs. An den Grenzen überprüfte der alarmierte Zoll das Gepäck der Reisenden nach den entwendeten Waffen, es war als senkte sich ein riesiges Fangnetz, nicht nur über den Bezirk Frankfurt(Oder), sondern über die gesamte DDR. Früher oder später musste sich der oder die Täter einfach in den Maschen verstricken. Wenn es sich bei dem Täter um einen Waffennarr handelte, würde dieser über kurz oder lang mit seiner Beute herum prahlen. Unwahrscheinlich, dass jemand die Waffen in der DDR verscherbeln würde. Aber was zum Teufel wollte der oder die Täter denn sonst mit den Waffen anfangen? Wer weiß, sie waren zwar im Moment nicht mehr funktionstüchtig, aber wer sich damit auskennt...... Nicht auszudenken, wenn jemand damit seinen privaten Kleinkrieg beginnen wollte. Alle polizeilichen Maßnahmen, ja selbst die spezifischen Fahndungsmethoden des MfS, liefen ins Leere. Auch der Polizeimeister M. konnte bald wieder seinen Dienst aufnehmen, da man endlich einsah, dass der Mann die Wahrheit sagte. Die SED-Führung konnte trotz aller Appelle an die Ermittler, der Sowjetunion keinen Erfolg melden. Bernd Wagner musste sein Versprechen brechen und unverrichteter Dinge nach Berlin zurückkehren. Die Spurenauswertung und die Überprüfung aller einschlägig vorbestrafter in der Region, erbrachten nicht den geringsten Hinweis auf die Täter. Die Waffen tauchten bis zum heutigen Tage nie wieder auf. Der mysteriöse Einbruch beflügelte die Phantasie von Bevölkerung und Polizei, blieb aber letztendlich für immer unaufgeklärt. Eine der am häufigsten geäußerten Vermutungen besagt, dass die Ganoven "kalte Füße" bekamen und den ganzen Ramsch irgendwo versenkt haben. Wie dem auch sei, es war ihnen, oder ihm, gelungen den Sicherheitsapparat der DDR nicht nur den Unmut der Partei auszusetzen, sondern letztendlich auch zu blamieren. In der Bevölkerung hatte die Bande, wenn es denn eine war, durchaus Sympathien. Auch, oder vielleicht grade, wiel die "Robin Hoods des Oderbruchs"für alle Zeiten unsichtbar blieben.
Die Seelower Gedenkstätte bekam als Konsequenz jener Ereignisse eine Alarmanlage verpasst. In den folgenden Jahren sollten die Seelower Polizisten diese Anlage noch mehr als einmal verfluchen. Reichte doch schon ein vorbeifahrender Eisenbahnzug aus, die Gedenkstätte liegt in der Nähe der Bahnlinie Eberswalde-Frankfurt(Oder), um die Anlage auszulösen. Trotz dieses Wissen wurde jeder Alarm ernst genommen. Gerhard M. kontrollierte danach die Gedenkstätte, ungeachtet der Alarmanlage, statt zwei mal, fünf mal pro Nachtschicht. Ich habe selbst in den Jahren 1988 und 1989, sowie nach der Wende, so manche Nachtschicht mit Gerhard verbracht. Der Einbruch und die nachfolgenden Verhöre hatten ein Trauma bei dem stets korrekten Schutzmann hinterlassen. Heute sind die Ereignisse von damals in Vergessenheit geraten. Der /die Täter können sich übrigens ruhig melden, die Sache ist doch lange verjährt.

Gruß an alle
Uwe

20.07.2010 07:00 (zuletzt bearbeitet: 20.07.2010 08:31)
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Ohne den doppelten Teil liest es sich leichter.

Zitat von ABV
Dem Meister der Volkspolizei Gerhard M., vom Volkspolizeikreisamt Seelow, war nach einer eher ruhigen Nachtschicht im Frühherbst des Jahres 1982, nur wenige Stunden Schlaf vergönnt. Irgend jemand klingelte an der Haustür seines Eigenheimes "Sturm". Verschlafen und fluchend wälzte sich M. aus dem Bett. Ein kurzer Blick zur Uhr sagte ihm, dass er gerade einmal drei Stunden geschlafen hatte. "Ich komme ja schon" rief er mit lauter Stimme, derweil nach seinen Filzlatschen suchend. Er vermutete, dass einer seiner Kinder von der Schule nach Hause gekommen war und einfach nur den Schlüssel vergessen hatte. Groß war sein Erstaunen, als stattdessen Hauptmann Siegfried R. ,einer der beiden für Seelow zuständigen Stadt-ABV, vor der Tür stand. " Komm zieh dich an, du musst sofort zur Dienststelle kommen", eröffnete er dem verdatterten Polizeimeister. " Ich hatte Nachtschicht und wollte eigentlich schlafen. Was ist denn überhaupt los?", knurrte dieser ungehalten. Die nun folgende Antwort des ABV, vertrieb mit einem Schlag alle Müdigkeit. "

Was los ist? Der Teufel ist los. Mensch, die haben heute Nacht in die Gedenkstätte eingebrochen und sämtliche Waffen geklaut. Die Kripo aus Frankfurt ist im Anmarsch und auch welche von MfS." M. war zu lange Polizist um nicht zu wissen, was diese Mitteilung für ihm bedeutete. Er hatte in der vergangenen Nacht ganz alleine Streifendienst in der Stadt. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Kontrolle besonderer Objekte, wie eben die Gedenkstätte auf den Seelower Höhen. Diese Gedenkstätte war das Prestigeobjekt der SED und dass nicht nur im Kreis Seelow.

Hier trafen sich führende Genossen mit Abordnungen der Sowjetunion. FDJler aus zivilen Betrieben, aber auch junge Mitarbeiter der bewaffneten Organe, legten gemeinsam mit sowjetischen Soldaten Kränze auf dem im oberen Teil des Areals befindlichen sowjetischen "Heldenfriedhof" ab. In dem Museum, dessen äußere Form den sich im Original in den unweit Seelows befindlichen Reitweiner Bergen befindlichen einstigen Befehlsbunker des sowjetischen Marschalls Schukow nachempfunden war, lagerten neben Propagandamaterial, auch originale Waffen, Uniformen und Ehrenzeichen, aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Neben den Ausrüstungsgegenständen der "Freunde", befanden sich dort auch einige "Andenken" von Wehrmacht und SS. So rasch wie nur möglich warf sich Gerhard M. in seine Uniform, um kurz darauf mit langem Schritten zum VPKA, in der Seelower Mittelstraße, zu eilen. Schon an der Eingangstür bemerkte er die ungewöhnliche Hektik, welche im Amt herrschte. Beim Hausposten meldete sich M. telefonisch beim Operativen Diensthabenden. Dieser bedeutete ihm, erstmal einen Kaffee zu trinken und dann in Ruhe einen Bericht über die von ihm durchgeführten Kontrollen zu verfassen. M. erschien das ganze so überflüssig wie ein Kropf. Hatte er doch die Kontrollen und deren Ergebnis, akribisch mit den jeweiligen Uhrzeiten, sowohl im Streifenauftrag als auch in seinem Diensttagebuch nachgewiesen. Aber ein pflichtbewusster Volkspolizist widerspricht einem Vorgesetzten nun einmal nicht. Darum begab sich M., äußerlich ohne Murren, hinauf zu dem im ersten Stock des VPKA befindlichen Aufenthaltsraum der Schutzpolizei. Auf der Treppe kamen ihm zwei Kriminalisten mit Einsatzkoffern in denen sich Gerätschaften zur Spurensicherung befanden, entgegen. Es war M., als hätten ihn die beiden Kriminalpolizisten vorwurfsvoll angesehen. Der Bericht war schnell verfasst, es gab absolut keine erwähnenswerten Auffälligkeiten zu notieren. Trotzdem grübelte M., ob er nicht vielleicht doch etwas übersehen haben könnte?

Während M. über seinen Bericht grübelte, glühten sowohl beim Operativen Diensthabenden des VPKA als auch in der Kreisdienststelle des MfS, im Seelower Stadtteil Zernikow gelegen, die Telefondrähte heiß. Die Vorsitzenden der SED Kreis und Bezirksleitung, forderten eine schnelle Klärung des Falls. Handelte es sich doch um keinen gewöhnlichen Einbruch, sondern um einen regelrechten Affront gegen die Sowjetunion! Nicht den ersten übrigens, nachdem unlängst betrunkene Jugendliche, der überlebensgroßen Staue eines Sowjetsoldaten auf dem früheren Seelower Verschönerungsberg, einen Laib Brot und eine Pulle Wodka in die Arme gelegt hatten. In Wünsdorf zeigte sich die Führung der sowjetischen Truppen " not amoused", in diesen Dingen verstand man keinen Spaß!

Die Nachricht von dem Einbruch breitete sich in den Kreisen der Sicherheitsorgane wie ein Lauffeuer aus, was den Druck auf die vor Ort im Einsatz befindlichen Kräfte zusätzlich erhöhter. Oberstleutnant der K Bernd Wagner, heute als Experte für Rechtsextremismus bekannt und damals im DDR Innenministerium tätig, wurde mit der Einsatzleitung betraut. " Wir bleiben solange vor Ort, bis der Fall geklärt ist", verkündete er seinen Ermittlern. Die tappten allerdings regelrecht im Dunkeln. Die Spurenlage gab nicht viel her und trotz aller Bemühungen konnte kein Zeuge ermittelt werden. Ganz Seelow hatte in dieser Nacht fest geschlafen, bis auf den wackeren VP-Meister Gerhard M. Der war nicht nur der einzig mögliche Zeugen, sondern, so erschien es ihm jedenfalls, eine zeit lang auch tatverdächtig. Sein Diensttagebuch und den Streifenplan hatten die Ermittler längst an sich genommen, sein Bericht interessierte niemand. Dafür musste M. in den folgenden Stunden und auch noch an den Folgetagen, in immer wiederkehrenden Vernehmungen, stets aufs neue den Ablauf der Kontrollen an der Gedenkstätte schildern. M. hatte das Objekt in seiner 10-Stunden-Schicht zweimal kontrolliert, das letzte Mal gegen 01:30 Uhr. Nichts, aber auch gar nichts, war ihm verdächtig vorgekommen. Aber genau das erschien den Genossen von der K verdächtig. In der Hoffnung einen Widerspruch zu entdecken, ließen sich die Vernehmer stets aufs Neue den Ablauf der Fußstreife erläutern. M. schilderte welchen Weg er zur Gedenkstätte gewählt hatte, welche Türen und Fenster auf eventuelle Einbruchsspuren überprüft wurden.

Neben der Kriminalpolizei waren auch Einsatzgruppen des MfS in der kleinen Stadt kurz vor der polnischen Grenze und dessen Umgebung unterwegs. An den Grenzen überprüfte der alarmierte Zoll das Gepäck der Reisenden nach den entwendeten Waffen, es war als senkte sich ein riesiges Fangnetz, nicht nur über den Bezirk Frankfurt(Oder), sondern über die gesamte DDR. Früher oder später musste sich der oder die Täter einfach in den Maschen verstricken. Wenn es sich bei dem Täter um einen Waffennarr handelte, würde dieser über kurz oder lang mit seiner Beute herum prahlen. Unwahrscheinlich, dass jemand die Waffen in der DDR verscherbeln würde. Aber was zum Teufel wollte der oder die Täter denn sonst mit den Waffen anfangen? Wer weiß, sie waren zwar im Moment nicht mehr funktionstüchtig, aber wer sich damit auskennt...... Nicht auszudenken, wenn jemand damit seinen privaten Kleinkrieg beginnen wollte. Alle polizeilichen Maßnahmen, ja selbst die spezifischen Fahndungsmethoden des MfS, liefen ins Leere. Auch der Polizeimeister M. konnte bald wieder seinen Dienst aufnehmen, da man endlich einsah, dass der Mann die Wahrheit sagte. Die SED-Führung konnte trotz aller Appelle an die Ermittler, der Sowjetunion keinen Erfolg melden. Bernd Wagner musste sein Versprechen brechen und unverrichteter Dinge nach Berlin zurückkehren. Die Spurenauswertung und die Überprüfung aller einschlägig vorbestrafter in der Region, erbrachten nicht den geringsten Hinweis auf die Täter.

Die Waffen tauchten bis zum heutigen Tage nie wieder auf. Der mysteriöse Einbruch beflügelte die Phantasie von Bevölkerung und Polizei, blieb aber letztendlich für immer unaufgeklärt. Eine der am häufigsten geäußerten Vermutungen besagt, dass die Ganoven "kalte Füße" bekamen und den ganzen Ramsch irgendwo versenkt haben. Wie dem auch sei, es war ihnen, oder ihm, gelungen den Sicherheitsapparat der DDR nicht nur den Unmut der Partei auszusetzen, sondern letztendlich auch zu blamieren. In der Bevölkerung hatte die Bande, wenn es denn eine war, durchaus Sympathien. Auch, oder vielleicht grade, wiel die "Robin Hoods des Oderbruchs"für alle Zeiten unsichtbar blieben.

Die Seelower Gedenkstätte bekam als Konsequenz jener Ereignisse eine Alarmanlage verpasst. In den folgenden Jahren sollten die Seelower Polizisten diese Anlage noch mehr als einmal verfluchen. Reichte doch schon ein vorbeifahrender Eisenbahnzug aus, die Gedenkstätte liegt in der Nähe der Bahnlinie Eberswalde-Frankfurt(Oder), um die Anlage auszulösen. Trotz dieses Wissen wurde jeder Alarm ernst genommen. Gerhard M. kontrollierte danach die Gedenkstätte, ungeachtet der Alarmanlage, statt zwei mal, fünf mal pro Nachtschicht. Ich habe selbst in den Jahren 1988 und 1989, sowie nach der Wende, so manche Nachtschicht mit Gerhard verbracht. Der Einbruch und die nachfolgenden Verhöre hatten ein Trauma bei dem stets korrekten Schutzmann hinterlassen. Heute sind die Ereignisse von damals in Vergessenheit geraten. Der /die Täter können sich übrigens ruhig melden, die Sache ist doch lange verjährt.

Gruß an alle
Uwe


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20.07.2010 07:38
#3
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Mann, Mann, Mann,

solche langen Texte am frühen Morgen, da trüben sich ja meinen Augen sofort, habt ihr nicht gelernt so was in Kurzform einzustellen?

=============================================================================================
Phantasie ist wichtiger denn Wissen, denn Wissen ist begrenzt!


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20.07.2010 08:46
avatar  Rotti
#4
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Ja, was wurde denn nun genau geklaut? Nur Waffen – Welche genau ? Oder auch andere Sachen?

"Die Vorsitzenden der SED Kreis und Bezirksleitung, forderten eine schnelle Klärung des Falls. Handelte es sich doch um keinen gewöhnlichen Einbruch, sondern um einen regelrechten Affront gegen die Sowjetunion!

Wenn es sich bei dem Täter um einen Waffennarr handelte, würde dieser über kurz oder lang mit seiner Beute herum prahlen. Unwahrscheinlich, dass jemand die Waffen in der DDR verscherbeln würde. Aber was zum Teufel wollte der oder die Täter denn sonst mit den Waffen anfangen? Wer weiß, sie waren zwar im Moment nicht mehr funktionstüchtig, aber wer sich damit auskennt...... Nicht auszudenken, wenn jemand damit seinen privaten Kleinkrieg beginnen wollte. Alle polizeilichen Maßnahmen, ja selbst die spezifischen Fahndungsmethoden des MfS, liefen ins Leere. "


Speziell in diesen Passagen zeigt sich doch die eigentliche Problematik, der ganze Fall wird sofort auf eine politische Ebene gehoben. Das wird die Ermittlungen auch nicht erleichtert haben. Und was bitte, ist ein „Waffennarr“ ? Dieser Begriff wird ja heute ebenfalls verwendet. Wer sich für Waffen, egal welcher Art, interessiert, wird sofort in die Beklopptenecke gestellt.

Nur mal angenommen, ein waffeninteressierter Sammler hat den Bruch gemacht, warum sollte er diese Waffen verkaufen oder damit prahlen. In der DDR hätte ein normaler Bürger nur mit größten Schwierigkeiten oder gar nicht diese Waffen verkaufen können. Er hat also genau gewusst worauf er sich einlässt. Er hat die Teile in seiner Sammlung. Mehr will er vielleicht gar nicht.

Über die Eigenarten von Sammlern hat sich doch nicht wirklich jemand Gedanken gemacht. Viele wichen in ihren Hobbys drastisch von den genormten Vorstellungen in der DDR / BRD ab. Man kann sich für alles mögliche interessieren. Es gibt Leute die sammeln Beschriftungen von Ziegelsteinen, andere Tierspuren auf mittelalterlichen Klosterformatziegeln, Streichholzschachteln und vieles mehr. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Nur weil der "normale" Ossi sich gerne leere Westschnapsflaschen ins Regal stellte, müssen das doch nicht alle tun.

Andererseits stellen speziell die Waffen auch heute noch einen Wert dar. Ein StG 44 – original – gut erhalten, war bereits 1982 eine Rarität. Ebenso einige sowjetische Waffen.
Heute fast 30 Jahre später, nach Wechsel der Staatszugehörigkeit, nach mindestens einer Amnestie dürften diese Waffen längst legalisiert oder verkauft sein.

Als nächstens fällt mir da die spezielle Antikenverkaufsstelle des Herrn S-G ein. Das würde ebenfalls das Scheitern der Ermittlungen erklären.

Spätestens heute könnte man mit dieser Aktion prahlen, nur hat man eben nie wieder etwas gehört.

Gruß
Rotti


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