Wie wird das mit dem Geldumtausch? Zeitweise hatte der (nicht offizielle) Kurs 1:10 betragen. Eine Föritzer Familie konnte mit dem so getauschten Geld einer Westverwandten ihr Haus abbezahlen. Mancher kaufte sich in panischer Angst vor einer großen Entwertung noch teuere DDR-Waren wie Waschmaschinen, Fernseher, Möbel. Ältere Menschen hatten noch den Juni 1948 in Erinnerung, als die sowjetische Besatzungszone wenige Tage nach der westdeutschen Währungsreform eine eigene durchführte, lediglich 70 Reichsmark tauschen ließ und viele Menschen ihre Ersparnisse verloren. "Wir haben das doch schon alles einmal mitgemacht", hörten die Jüngeren ihre Großeltern sagen. Die Läden leerten sich. Lore Liebermann aus Föritz erinnert sich: "Meine etwa 20 Jahre alte, halbautomatische Waschmaschine - das waren die ohne Schleuder - ging kaputt. Es war schwierig eine neue Maschine zu bekommen. Aber ich konnte ja die Wäsche nicht liegenlassen, bis die D-Mark kommt".
Andere, weniger dringliche Käufe, erwiesen sich für die Leute als Fehlinvestition. Gerade Elektronikartikel waren in der Bundesrepublik weitaus billiger. Wie billig konnten die Bürger erst ermessen, als der Umtauschkurs Anfang Mai verkündet wurde: 1:2. Privatpersonen konnten bestimmte Beträge 1:1 tauschen: Kinder unter 14 Jahren 2000 Mark; Erwachsene bis 59 Jahre 4000 Mark und Senioren ab 60 Jahren 6000 Mark. Stichtag war der 1. Juli. Die Nachricht löste zahlreiche Familientreffen aus, denn wer mehr besaß suchte jemanden, der für ihn tauschen konnte.
Die organisatorische Vorbereitung des Geldumtausches lief hinter den Kulissen ab. Horst Orlopp begleitete damals als Polizist den Geldtransport. Er erinnert sich: "Wir wurden kurzfristig ausgewählt. Ich war damals Einsatzleiter. Wir fuhren mit vier Autos und einem Koffer-LKW der Post nach Meiningen zur Staatsbank. Alles war minutengenau getaktet, denn von dort holten auch die anderen Kreise des Bezirkes Suhl das Geld. Das Papiergeld war in Säcken verpackt, die den Aufdruck Deutsche Bundespost trugen und das Hartgeld in Blechkisten. Soweit ich mich erinnere, haben wir etwa 50 Millionen D-Mark abgeholt und dann an die Staatsbank, die Sparkasse, die Landwirtschaftsbank, die Post, die Genossenschaftsbank verteilt."
In der Coburger Straße erlebte Thomas Schwämmlein die Geldlieferung: "Da brauste ein Polizei-Streifenwagen heran und dann noch einer. Beide fuhren auf den Bürgersteig, Polizisten, mit Maschinenpistolen bewaffnet, sprangen heraus. Dann kam das Geldauto. Wie im Film. Aha-Erlebnis: die D-Mark kommt!".
Karin Koch arbeitete damals in der Sparkasse Neuhaus. "Wir waren alle sehr angespannt und aufgeregt, wie wir den Massenansturm bewältigen würden. Alle waren im Einsatz an den Schaltern", erinnert sie sich.
Geldumtausch, das bedeutete auch, dass die DDR-Mark eingesammelt wurde. Karin Koch war beim Abschied näher dabei als andere. Sie begleitete einen Ostmarktransport nach Meiningen. "Wir fuhren mit dem Wartburg nach Meiningen. Ein Polizist war dabei. In Ratscher mussten wir halten, weil sich ein Unfall ereignet hatte. Darauf reagierte der Polizist sehr aufgeregt: ,Wir können nicht anhalten, wir haben das Geld im Kofferraum', meinte er. ,Geld, das ja keiner mehr haben will', dachte ich damals".
Mit der D-Mark füllten sich über Nacht die Läden in Sonneberg und im ganzen ostdeutschen Land wieder. Die Westpreise kamen. Bisher subventionierte Waren wie Lebensmittel wurden teuerer, andere wie Strumpfhosen oder Elektronikartikel billiger. Für etliche Firmen wie für den VEB Sternradio läutete die Währungsunion die Endrunde ein. Die Sternradio-Geräte waren im Sommer billig zu haben. Daran erinnert sich Eberhard Steiner. "Da wurde alles billig verkauft, was noch da war. Dass unser Betrieb überlebt, war nicht gewollt. Die Konkurrenz aus dem Westen war viel zu stark. Da haben sich viele Leute Geräte gekauft, die sie heute noch besitzen, denn unsere Qualität war ja sehr gut", erzählt Steiner, der heute ein Elektrogeschäft betreibt.
Mit der DDR-Mark gab ein Staat seine Währung auf, mit dem Wegfall der Grenzkontrollen seine Souveränität. Am 1. Juli 1990 unterzeichneten die beiden Innenminister Peter Michael Diestel (DDR) und Wolfgang Schäuble (BRD) an der Gebrannten Brücke den Vertrag über die Abschaffung der Personenkontrollen an der innerdeutschen Grenze. So wurde die Gebrannte Brücke zwischen Sonneberg und Hönbach zu einer wichtigen Station auf dem Weg zur Deutschen Einheit.
Immerhin bedeutete der Verzicht auf Grenzkontrollen faktisch die Aufgabe eines Hoheitsrechtes, was von einer breiten Mehrheit in der Noch-DDR auch so gewollt war.
Quelle:"FW.de"