Abkommandiert nach Bad Schandau

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08.02.2010 10:26 (zuletzt bearbeitet: 08.02.2010 10:27)
avatar  fähnrich ( gelöscht )
#1
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fähnrich ( gelöscht )

Wer hat diese Episode auch mitgemacht.
Hals über Kopf, kurz nach meinem Wochenende so ziemlich am Ende der DDR mußte ich schnellstens zu meinem Kompaniechef. Kurzer Befehl x+24 in Bad Schandau melden. Volle Ausrüstung + Krad.
Was machen? Es war kalt und spät am Abend und Bad Schandau am anderen Ende der Republik. Naja alles war vorbereitet und ertster Treffpunkt war Schönberg. Dort kamen alle Grenzer (viele) zusammen, ein Konvoi wurde zusammengestellt und ab gings...
Untergbracht wurden wir dann in einem Ferienlager in Reinhardsdorf (glaube ich), später dann direkt in Bad Schandau. Mein Einsatzort war "Winterberg" bei Schmilka. Absicherung der "Grünen Grenze" im zusammenwirken mit den Tschechischen Grenzbeamten, so der Befehl.
Vielleicht war ja der Ein oder Andere dabei und kann was dazu beitragen über dieses Abenteuer zu berichten. Für mich brach da an der "Grünen Grenze" mein bisheriges Weltbild ausenander. Ich begann an allem zu zweifeln was ich tat. Als ich wieder zurück in meiner Einheit war, hatten sich meine Zweifel bewahrheitet und alles wurde anders, viel anders. Ich bin der Letzte aus meiner damaligen Einheit in Pötenitz gewesen. Einer der letzten die dort das Licht im Frühsommer 89 auschalteten.


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08.02.2010 12:42
avatar  Rostocker ( gelöscht )
#2
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Rostocker ( gelöscht )

Zitat von fähnrich
Wer hat diese Episode auch mitgemacht.
Hals über Kopf, kurz nach meinem Wochenende so ziemlich am Ende der DDR mußte ich schnellstens zu meinem Kompaniechef. Kurzer Befehl x+24 in Bad Schandau melden. Volle Ausrüstung + Krad.
Was machen? Es war kalt und spät am Abend und Bad Schandau am anderen Ende der Republik. Naja alles war vorbereitet und ertster Treffpunkt war Schönberg. Dort kamen alle Grenzer (viele) zusammen, ein Konvoi wurde zusammengestellt und ab gings...
Untergbracht wurden wir dann in einem Ferienlager in Reinhardsdorf (glaube ich), später dann direkt in Bad Schandau. Mein Einsatzort war "Winterberg" bei Schmilka. Absicherung der "Grünen Grenze" im zusammenwirken mit den Tschechischen Grenzbeamten, so der Befehl.
Vielleicht war ja der Ein oder Andere dabei und kann was dazu beitragen über dieses Abenteuer zu berichten. Für mich brach da an der "Grünen Grenze" mein bisheriges Weltbild ausenander. Ich begann an allem zu zweifeln was ich tat. Als ich wieder zurück in meiner Einheit war, hatten sich meine Zweifel bewahrheitet und alles wurde anders, viel anders. Ich bin der Letzte aus meiner damaligen Einheit in Pötenitz gewesen. Einer der letzten die dort das Licht im Frühsommer 89 auschalteten.


......................................................................................
Du meinst sicherlich Frühsommer 90


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08.02.2010 13:26
avatar  Chaymos ( gelöscht )
#3
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Chaymos ( gelöscht )

Ja bei uns im gesamten Harzer Regiment wurde auch mobil gemacht,so sah meine Kommandierung aus :
Zum zeitpunkt der Grenzöffnung befand ich im an der Grenze zu Polen und erlebte hier die Grenzöffnung am Ferseher mit.
Jetzt fraagt sich der eine oder andere was ich als Grenzer von der Westgrenze dort gemacht hatte?Ja wo die Ausreisewelle einsetzte über Ungarn versuchten auch weiterhin Bürger der DDR über Polen in den westen auszureisen,deshalb wurden erfahrene Grenzer von der Westgrenze mit einem Marschbefehl abgezogen um die Ausreisewilligen an der Ostgrenze speziell hier an der Oder aufzuhalten.Wir mussten über Nacht unsere Ausrüstung zusammenpacken und unsere Fahrzeuge verladen .Ich hatte ein Motorrad ETZ 250 zu verladen ,ebenso die Bewaffnung,Ferngläser welche wir mitnehmen mussten.Hauptreiseziel für alle zusammengezogenen Kräfte war das Grenzkommando ubn Frankfurt Oder,von dort wurden die anderen Kräfte den Einheiten an der ostgrenze zugeteilt,von Nord nach Süd.Ich hatte das glück in -frankfurt oder bleiben zukönnen und wir wurden in einer Nachrichteneinheit untergebracht .Man schaute uns dort immer seltsam an und zollte uns respekt da wir immer unsere Bewaffnung beihatten,da es dort keine Möglichkeit gab diese unter verschluss zu bringen .In einer der kommenden tage wurden wir in den Grenzabschnitt eingewiesen und erhielten unsere Aufgaben die wir zu erfüllen hatten .Es war schon etwas seltsam an einer grenze eingesrtzt zu sein wo es keine Zäune ,signalanlagen oder Beobachtungstürme gab.So bestand dann unsere aufgabe in der verhinderung von Fluchtversuchen nach Polen .Natürlich fragten wir uns ob es was bringt die Leute aufzuhalten ,da es die meissten schon über ungarn versucht hatten ,aber die möglichkeit bestand halt ,auf leute zutreffen die weg wollten .Den genauen zeitpunkt wann wir dort dienst machten kenne ich nicht mehr ich weiß nur ,das wir 2 tage nach der grenzöffnung unseren Rückmarsch erzwungen haben da wir dort aufeinmal nicht mehr nützlich waren und somit wurden wir mit sack und pack zurückgerufen und staunten nicht schlecht was in unserer abwesenheit passiert ist.Grenze weg,standpunkt weg,großer Mann was nun?


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08.02.2010 15:02
avatar  ABV ( gelöscht )
#4
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ABV ( gelöscht )

Im Oktober 1989 habe ich das erste Mal einen Grenzposten inklusive Postenführer in der Nähe der Oder, bei Lebus, gesehen. So etwas war vorher absolut undenkbar, dass die Grenze dort von Wehrpflichtigen bewacht wurde. Zum Einsatz an der Oder kamen, neben Grenztruppen, auch Einheiten der Bereitschaftspolizei. Diese waren unter anderem im damaligen Objekt II des VPKA Seelow untergebracht. Gerade im Abschnitt zwischen Lebus und Frankfurt (Oder), kam es zu zahlreichen Festnahmen. Die Fluchtwilligen konnten mit ihren Fahrzeugen über die F, heute B112, fast direkt an die Oder heranfahren. Ich selbst war damals für zwei Bereitschaftspolizisten verantwortlich. Mit denen sicherte ich den Abschnitt Kietz. Der Einsatz selbst war mehr als chaotisch. Weder wir, noch die Grenzer, verfügten über ausreichende Nachrichtentechnik. Selbst wenn es im Gelände zu Festnahmen gekommen wäre, hätten diese die zu über weite Strecken und zu Fuß handelnden Kräfte, vor große Probleme gestellt. Bei einem dieser Einsätze erfuhr ich übrigens das erste Mal von den Übergriffen am 07. und 08. Oktober. Die Jungs wurden zur Grenzsicherung abgeschoben, weil sie den Mund aufgemacht und für den Einsatz bei Demos als nicht mehr zuverlässig galten.
Damals sind mehr als nur simple Weltbilder ins Wanken geraten.

Gruß an alle
Uwe


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08.02.2010 16:17
avatar  Mike59
#5
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Ich war ungefähr zu dieser Zeit nach Bad Elster zur Grenzüberwachung abgeornet. Untergebracht waren wir irgendwo in der letzten Linieneinheit des GR Plauen. Zum Dienst sind wir dann immer in den Bereich Bad Elster/Bad Brambach gefahren. Zur Freude der Kurverwaltung sind wir anfangs mit dem W 50 durch den Kurpark gefahren, ganz großes Kino. Ansonsten war der ganze Einsatz nur Sch...! Jeden Morgen ist von der tschechischen Seite ein Bus und ein LKW zur Grenzwache gekommen und hat die Festnahmen der letzten Nacht abgeladen. Das hämische Grinsen der Tschechen werde ich wohl nie in meinem Leben vergessen. Ganz Groß war auch das es ein paar Gefreite nicht lassen konnten Ihre EK Schnitzereien an den Bäumen im Nachbarland zu Hinterlassen, das hat natürlich für zusätzliche Stimmung gesorgt (waren offensichtlich nicht AO 13/ bestätigt). Nachdem dann die Ausreise über die CSSR erfolgen durfte, wurde der ganze Einsatz erst richtig zur Farce. Wir haben dann am Grenzübergang nur noch die Fahrzeuge gezählt, Statistik eben. Die Waldwege rund um den Grenzübergang waren verstopft mit PKW die in der ganzen Republik gestohlen worden waren um damit zur Grenze zu gelangen.
Na wie gesagt - so etwas sollte man auch mal mitgemacht haben

Mike59


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08.02.2010 17:47
#6
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Mein Einsatzort war Bärenstein im Erzgebirge, ein paar Kilometer südlich von Annaberg-Buchholz in der Nähe des Fichtelberges. Ende September 1989, ich war seit über einem Jahr Offiziershörer an der Militäpolitischen Hochschule, erhielt ich von meinem Lehrgruppenältesten (einem Major der GT) den Befehl: "Hauptmann R.! Grenzalarm!" Militärisch exakt antwortete ich mit: "Spinnst Du?" Nein, das tat er nicht. Zwei Stunden später fuhren wir mit einem Bus runter in Richtung Grenze CSSR. Ein zweiter Bus karrte Offiziere der GT von der MPHS an die polnische Grenze. Unser Befehl: Unterstützung der politisch-ideologischen Arbeit bei den eingesetzten Einheiten der Grenztruppen - Schwerpunkt: 40. Jahrestag DDR.

In Bärenstein fand ich zwei Kompanien vor. Eine war strukturmäßig und funktionierte. Eine war zusammengewürfelt. Die Zugführer waren alle Berufsunteroffiziere, der Kompaniechef, ein Hauptmann, war mit der Aufgabe schier überfordert. Allein die Grenzdienstplanung zu organisieren, brauchte Zeit, denn die Offiziere an der tschechischen Grenze hatten kaum Erfahrung mit solchen Dingen. Ich hatte einen Sonderstatus, erlaubte mir also auch mal ein paar lautere Worte gegenüber Vorgesetzten. Das half. Die politisch-ideologische Arbeit war die "übliche" - Aktuell-politische Lageinformationen vor dem Grenzdienst, Allgemeine politisch Informationen, Sichtagitation, Organisation einer irgendwie gearteten Partei- und FDJ-Arbeit, soweit es ging Sport und als kulturellen Teil: Kino. An eine Lagesprechung mit dem 1. Keissäkretär von Annaberg-Buchholz erinnere ich mich noch sehr gut. Ich kam aus dem Studium. Wir reflektierten die Geschehnisse im Land ganz anders. Und hier saß ein echter alter Betonkopf vor uns. Ich war entsetzt über die Starrköpfigkeit. Kein Nachdenken - nur alte Parolen.

Überhaupt merkte ich, wie schnell ich dem Ton in der Truppe entwachsen war. Als mir der Parteisekretär der einen Kompanie nach ein paar nachdenklichen Worten meinerseits über die Lage im Land vorwarf, ich würde mich wohl auf die Seite Verräter des Sozialismus stellen, war ich baff. Wenn ich mich recht entsinne, habe ich daraufhin ein paar abfällige Bemerkungen über seinen Intelligenzgrad gemacht. Auch so was gab es. Aber alles in allem stand ich zu dem Einsatz. Soweit funktionierte in mir der Militär hervorragend: Es gab eine Aufgabe und die war zu erfüllen. Zu Befehl! Ein paar Tage nach dem 07. Oktober fuhren wir dann wieder zurück zum Studium.

ciao Rainman


Anbei noch ein Foto von diesem Einsatz aus meinem Dienstzimmer ...

"Ein gutes Volk, mein Volk. Nur die Leute sind schlecht bis ins Mark."
(aus: "Wer reißt denn gleich vor'm Teufel aus", DEFA 1977)


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08.02.2010 21:17 (zuletzt bearbeitet: 08.02.2010 21:17)
avatar  Bergmensch ( gelöscht )
#7
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Bergmensch ( gelöscht )

Das sind die Berichte wie dieser von euch, die ich so sehr interessant finde.
Ich danke euch Dafür


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09.02.2010 08:59
avatar  fähnrich ( gelöscht )
#8
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fähnrich ( gelöscht )

aus heutiger Sicht und auch schon damals war es ein ziemlich aussichtsloses unterfangen die Grenze in die CSSR und nach Polen dicht zu machen. Die Kräfte an Grenzern und Ausrüstung sowie das politische Verständnis vieler Soldaten und Offiziere der damaligen Zeit waren erschöpft. Alle merkten, das Ende der DDR ist da. Sie stirbt und viele wollten das zuletzt wohl auch so.
Aber das Kommando stand, wir waren Berufssoldaten und unser Job, also dienten wir im Elbsandsteingebirge. Der Spuck war nach ca. 6Wochen vorbei, aber die Tage waren ein wichtiger Bestandteil des Endes der Republik.
Wir waren angehalten auffällige Wanderer zu kontrollieren. Natürlich unauffällig. Sie wurden befragt nach Ziel ihrer Wanderung und bei Verdacht das Gepäck durchsucht. Wenn Dinge wie Zeugnisse, Bargeld in Mengen usw. zu finden war, wurde zugeführt.
Nun muß man sich das mal vorstellen. Mitten im Wald, manchmal auch Nachts im Sandsteingebirge. Eine Gruppe von Wanderern ist auffällig. Man kontrolliert diese Leute, stellt fest ah die wollen weg. Was machen? Bis zur GÜST (Grenzübergangsstelle Schmilka) sind es ca. 10km Wanderweg. Der Posten (Soldat) darf nicht allein gelassen werden und die Ausrüstung (Motorrad in meinem Fall) auch nicht. Lässt man sie laufen und sie werden von den Tschechischen Grenzern abgefangen... Problem! Sie könnten aus Angst ja berichten, dass sie von deutschen Grenzern laufen gelassen wurden. Was dann kommt kann man sich ja denken. Also Problem. Hätte uns einer gesagt in einem halben Jahr ist alles anders, kein Problem mit der Situation. Mich würden solche Episoden von euch interessieren, die sicherlich am Ende viele erlebt haben.


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09.02.2010 09:31 (zuletzt bearbeitet: 09.02.2010 09:33)
avatar  Feliks D. ( gelöscht )
#9
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Feliks D. ( gelöscht )

Zitat von fähnrich

Nun muß man sich das mal vorstellen. Mitten im Wald, manchmal auch Nachts im Sandsteingebirge. Eine Gruppe von Wanderern ist auffällig. Man kontrolliert diese Leute, stellt fest ah die wollen weg. Was machen? Bis zur GÜST (Grenzübergangsstelle Schmilka) sind es ca. 10km Wanderweg. Der Posten (Soldat) darf nicht allein gelassen werden und die Ausrüstung (Motorrad in meinem Fall) auch nicht. Lässt man sie laufen und sie werden von den Tschechischen Grenzern abgefangen... Problem!



Hallo fähnrich,

ich kann nun verständlicher Weise über solche Erfahrungen nichts berichten. Trotzdem würde mich nun interessieren, wie ihr in einem solchen Fall dann vorgegangen seit?


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09.02.2010 19:15
avatar  ABV ( gelöscht )
#10
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ABV ( gelöscht )

Wer im Herbst 1989 die Oder durchschwamm, was an sich ein lebensgefährliches Unterfangen war,konnte sich in Polen erst zehn Kilometer hinter der Grenze in Sicherheit wiegen. Wer in diesem Radius vom Grenzschutz gestellt wurde, wurde festgenommen und zum Kommando des Grenzschutzes nach Krossno Odrzanskie (Krossen) verbracht. Nach ein oder mehreren Nächten in einer der Zellen, wurden die Flüchtlinge nach Slubice verbracht. Dort, am Grenzübergang Slubice-Franklfurt (Oder), erfolgte die Übergabe an die Grenztruppen der DDR und von dort weiter an die Volkspolizei. Nach einer Vernehmung durch den Grenzoffizier der K, wurden die Leute belehrt und nach Hause entlassen. Sie hatten allerdings mit der Einleitung eines Ordnungsstrafverfahrens und mit Kontrollmaßnahmen am Wohn und Arbeitsort, mindestens durch den ABV, zu rechnen. Ich musste damals täglich einen mehrfach an der polnischen Grenze ertappten, auf seiner Arbeitsstelle im damaligen " VEG Lietzen, kontrollieren. Makabererweise handelte es sich bei ihm um den Sohn eines hohen MfS-Offiziers aus der BV Frankfurt (Oder). Der Junior gab auch frank und frei an, damit seinen ungeliebten Vater ärgern zu wollen.
Wer in unserem Bereich ( ehemaliger Kreis Seelow) auf frischer Tat beim Grenzübertritt gestellt wurde, kam zunächst in eine der Gewahrsamszellen des VPKA. Zu dieser Zeit musste ständig ein Funkwagen bereitstehen, um die " Zugeführten" von der Grenze abzuholen. Im Bereich zwischen Lebus und Frankfurt (Oder) kam es an manchen Tagen bis zu fünf Festnahmen. Die Streifen an der Grenze wurden instruiert bei Kontrollen insbesondere auf mitgeführte Schwimmhilfen oder Schlauchbooten im Kofferraum des KFZ zu achten. Ein untrügliches Hinweis auf einen geplanten illegalen Grenzübertritt waren beispielsweise auch in wasserdichte Folie verpackte Zeugnisse oder andere persönliche Dokumente. Ich kann mich erinnern, dass sich die deutschen Grenzer unzufrieden über die Zusammenarbeit mit den polnischen Grenzorganen zeigten. Die meisten betrachteten die eingetretene Situation, nicht zu Unrecht, als Angelegenheit der DDR. So manch illegaler Grenzgänger wurde dabei einfach "übersehen". In mindestens einem Fall wurde das zur Flucht benutzte Schlauchboot beschlagnahmt, die Person durfte den Weg nach Warschau aber fortsetzen.
Mitte Oktober wurde bei Reitwein die Leiche eines jungen Mannes aus der Oder geborgen. Er musste seinen Traum von Freiheit mit dem Leben bezahlen. Tragischerweise fiel drei Wochen später die Mauer. Auf die "Ehre" zu den allerletzten Opfern der deutschen Teilung zu gehören, hätte der Junge sicherlich gerne verzichtet.

LG an alle
Uwe

Ort: Reitwein


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09.02.2010 19:32
avatar  Augenzeuge ( gelöscht )
#11
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Augenzeuge ( gelöscht )

Zitat von Bergmensch
Das sind die Berichte wie dieser von euch, die ich so sehr interessant finde.
Ich danke euch Dafür



Dem kann ich nur zustimmen!

AZ


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09.02.2010 20:42
#12
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Hallo ABV,

danke für Deinen Beitrag. Ich hatte damals auch nur die Festnahmen mitbekommen. In unserem Objekt, ursprünglich einem Ferienheim, wurden entsprechende Zimmer eingerichtet, in denen Fähnriche die Vernehmung mit den Festgenommenen führten. An einer Festnahme war ich selbst nicht beteiligt, da ich höchstens mal als Kontrollstreife eingesetzt war (oder mich selber einsetzte). In den ersten Tagen hatten die tschechischen Grenzer mehr Festnahmen als wir. Die Festgenommenen wurden dann auch an die VP übergeben. Je besser die Dienstorganisation und die Kenntnis des Geländes bei uns ausgeprägt war, desto mehr Festnahmen gab es auch auf unserer Seite. Dabei lagen die Fälle nicht immer eindeutig. Ein Studentenpärchen wurde ohne Gepäck festgenommen. Sie waren im Stil neugieriger Spaziergänger im Grenzgebiet unterwegs. Selbst der Festnehmende hätte feststellen können, dass da nichts vorlag. Die hatten weder groß Papiere, noch Geld, noch Wertsachen, noch Gepäck überhaupt dabei. Der Berufssoldat, es war übrigens bereits erwähnter Perteisekretär, nahm sie fest und brüstete sich noch in ihrem Beisein der Festnahme. Ich hatte mich an diesem Tag ehrlich gesagt aus blanker Neugier bei den Vernehmungen dazugesetzt. Wer schmeißt schon einen Hauptmann raus? Neben einer Gruppe von Leuten, die erklärtermaßen "abhauen" wollten, und die dann auch wohl die Fortsetzung erfuhren, die Du hier geschildert hast, kam auch das Pärchen zur Vernehmung. Wir haben sie nach kurzer Befragung nach Annaberg-Buchholz zurückgeschickt, wo sie sowieso hin wollten.

In dem hier geschilderten Fall einer problematischen Festnahme, ohne Möglichkeit der Eskortierung oder der Benachrichtigung von Unterstützung, hätten die Leute zuerst offiziell festgenommen werden müssen: "Sie sind vorläufig festgenommen, bei Flucht oder Widerstand mache ich von der Schusswaffe Gebrauch". Dann hatte man die Leute so zu positionieren, dass man sie im Überblick hatte. Allerdings war in dieser Zeit der Gebrauch der Schusswaffe nur für die Verteidigung des eigenen Lebens gestattet. Es wurden auf Hinweis auf "fehlende Zwangsmittel" nach ein paar Tagen Knebelketten und Schlagstöcke ausgeliefert. Aber ich denke heute, dass dies eher eine Vorbereitung auf einen "inneren Einsatz" war. Und da niemand von uns sich im Gebrauch dieser Sachen auskannte, dachte auch kaum jemand ernsthaft an einen Einsatz dieser Dinge. So zumindest das Ergebnis meiner damaligen Gespräche. In solch einem Fall, wie er hier geschildert wurde, war die "Kreativität" des Postens gefragt. Aber mich würde auch die Fortsetzung der Geschichte von @fähnrich interessieren.

ciao Rainman

"Ein gutes Volk, mein Volk. Nur die Leute sind schlecht bis ins Mark."
(aus: "Wer reißt denn gleich vor'm Teufel aus", DEFA 1977)


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10.02.2010 08:48
avatar  fähnrich ( gelöscht )
#13
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fähnrich ( gelöscht )

die Situation mit der Gruppe war fiktiv, aber der Gedanke daran, dass diese Situation eintreten könnte jedem klar.
In meinem Fall kam es aber auch zu einer Festnahme die ich mal schildern möchte. Da es ja auch schon etwas her ist, versuche ich mal so gut wie möglich alles zusammen zu bekommen. Also: Es war so gegen 19:00, der Tag neigte sich dem Ende und wir (mein Soldat und ich) fuhren mit dem Krad in Richtung Winterberg. Der Winterberg war immer unser erster Anaufpunkt, da es dort eine schöne Waldgaststätte gab, die und Grenzer mit Essen und Getränken versorgte. Außerdem sollte der Kontakt mit dieser Gaststätte gehalten werden, da dort natürlich viele Wanderer einkehrten. Dieses Hotel existiert auch heute noch.
Auf dem Weg dorthin fuhren wir noch einen kleinen Grenzweg ab, der genau entlang der Grenzlinie führte.
Auf einmal kam uns eine ca. 20-25 Jährige Frau mit Rucksack entgegen. Wir kontrollierten sie und fanden Dinge die nicht auf eine Wanderung mitgenommen werden sollten. Die Erstbefragung ergab auch, sie wollte nach Prag, wie alle, sagte sie unbefangen. Naja, Scheiße. Von der Stelle aus bis zum Gasthaus waren es ca. 2km. Langsam fahrend und vorweg gehend die Frau, brachten wir die junge Dame zum Gasthaus um zu telefonieren. Es konnte aber keiner ein Fahrzeug in der GÜST freimachen um sie abzuholen. Also parkten wir das Dienstkrad in der Gasthausgarage und führten die Frau die 10km zu Fuß zu. Das Pikante an der Geschichte war fogendes. Die junge Dame hatte ein Kind im Babyalter und wohnte in der Nähe von Pirna (kann auch Bad Schandau gewesen sein). Das kam bei der späteren Vernehmung in der GÜST raus...... Sie hatte keinen Mann und auch Niemanden der sich um das Kind kümmert, es schlief in ihrer Wohnung zum Zeitpunkt der Festnahme tief und fest.


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10.02.2010 09:46
avatar  Mike59
#14
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Bei diesem Einsatz bin ich nicht in eine Situation gekommen in der ich eine Person zur Grenzwache bringen mußte. Wir hatten diverse Begegnungen mit Urlaubern, Kurgästen und Einheimischen. Jedoch meist mit der Altersgruppe um die 50, die hatten Fragen an uns die wir selber hatten und somit nicht beantworten konnten, weil wir selber keine Antworten bekommen hatten. Jeden Morgen stellten wir uns in die Schlange vor dem Zeitungskiosk um aus der Presse etwas neues zu erfahren. Meist ohne Erfolg.

Ich kann mich aber noch an einen Fall erinnern der mir in meiner Stammeinheit selber passierte. Ich wurde zu einer zeitlich begrenzten Pers. und KFZ Kontrolle im Grenzgebiet eingesetzt. Es war schon Nacht aber vor 24:00 und auf der F84 stoppte ich einen PKW aus Richtung Sünna in Richtung Vacha. Eine Familie mit Kind oder 2 weiß ich nicht mehr. Dokumente zum Aufenthalt im Grenzgebiet ein Passierschein. Gültig bis ende des Monats xyz. Leider war der letzte des Monats am Tag zuvor abgelaufen, es war schon der erste des neuen Monats. Für mich klar, wir hatten ja Sonntag - über das Wochenende zu Besuch und vergessen das von SA. zu So der Passierschein abläuft. Das dumme für mich war , die Fam. mußte noch durch den KP der VP und ein Fz. mit fremden Kennzeichen und dann Ihr Passierschein ist abgelaufen - ja aber der Grenzer der uns Kontrolliert hatte hat uns Weiterfahren lassen. Das war dann eine Arschkarte für alle beiteiligten.

Scheiß Situation für die Familie, aber des Hemd ist einem eben näher wie der Rock. Nach einer h konnten sie die Heimfahrt fortsetzten.

Mike59


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10.02.2010 14:07
#15
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Zitat von fähnrich
... Auf einmal kam uns eine ca. 20-25 Jährige Frau mit Rucksack entgegen. ... Die junge Dame hatte ein Kind im Babyalter und wohnte in der Nähe von Pirna (kann auch Bad Schandau gewesen sein). Das kam bei der späteren Vernehmung in der GÜST raus...... Sie hatte keinen Mann und auch Niemanden der sich um das Kind kümmert, es schlief in ihrer Wohnung zum Zeitpunkt der Festnahme tief und fest.


Hallo fähnrich,

diese Festnahme mit dem Hinweis auf das Kind war Gegenstand einer Aktuell poltischen Lageinformation. Da erinnere ich mich noch sehr genau dran. Solche Informationen wurden natürlich genutzt, um das "Feindbild Grenzverletzer" wachzuhalten oder anzuheizen. Einen Tag nach dieser Information gab es eine Festnahme in unserem Abschnitt durch eine unserer Kompanien. Das waren zwei Ehepaare mit insgesamt 3 Kindern. Eines der Kinder (ein Säugling) war in einer Reisetasche eingepackt. Ich erinnere mich noch an das Gespräch mit dem Postenführer, der die Festnahme vorgenommen hatte. Der war fix und fertig. Mit Gepäck ging man in der Regel nicht gerade zimperlich um. Er versuchte sich immer wieder vorzustellen, wie er die Tasche hätte wegwerfen oder degegen treten können. Da half Zureden nur wenig.

ciao Rainman

"Ein gutes Volk, mein Volk. Nur die Leute sind schlecht bis ins Mark."
(aus: "Wer reißt denn gleich vor'm Teufel aus", DEFA 1977)


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