Die Mauer um West-Berlin: Grenzerkundungen 1986-2003

13.10.2008 14:29 (zuletzt bearbeitet: 13.10.2008 14:29)
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Buchkritik von Klaus Kundt über Die Mauer um West-Berlin
Gleich vorweg: ein ungewöhnliches Buch! Nicht nur durch die detailgetreue Wiedergabe des einstigen »antiimperialistischen Schutzwalles« der untergegangenen DDR rund um West-Berlin, sondern auch durch seine nüchterne Erzählweise. Dadurch unterstreicht der Autor ­- gewollt oder ungewollt - den makaberen Eindruck, den seinerzeit die Mauer auf den Grenzwanderer gemacht hat. Gesteigert wird diese Wirkung durch die Gegenüberstellung des Einst und Jetzt: durch die Beschreibung des Zustandes der Mauer vor ihrem Fall und durch Gespräche mit Menschen nach dem Mauerfall, die in den Sperrgebieten entlang des »Grenzwalles« leben mussten. Hierbei erinnert es an Fontanes »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«.

Ungewöhnlich ist dieses Buch auch deshalb, weil es von Interessierten gleichzeitig als historischer Wanderführer genutzt werden kann. Damit unterscheidet es sich von anderen Büchern über die Berliner Mauer, die meist nur Teilabschnitte oder bestimmte Brennpunkte des politischen Geschehens beschreiben. Durch die Gestaltung des Verlages regt es an, auf den einstigen Kontrollwegen dem Autor entlang der einstigen Mauer nachzuwandern: Sehr genaue Wegbeschreibungen und einzelne Karten zu den beschriebenen Wegabschnitten ergänzen informativ die Darstellungen des Autors. Leider fehlt bei der Beschreibung der Glienicker Brücke (S. 21) nicht nur der Hinweis auf ihre historische Bedeutung im Kalten Krieg für den Agentenaustausch, sondern auch der Hinweis auf ihren Namen zu jener Zeit: »Brücke der Einheit«. Gerade, weil das Buch auch als Wanderführer genutzt werden kann, wäre eine kurz gefasste Zusammenfassung der Geschichte der Berliner Mauer, über deren Entstehung, über die Versuche zu ihrer Überwindung, einschließlich einer Chronologie über die Maueropfer - in einem Anhang - für den Benutzer von nicht unwesentlichem Informationswert. Aber diese fehlenden Hinweise mindern nicht die Qualität eines ungewöhnlichen Wanderführers rund um das einstige West-Berlin.

Dieses Buch sei Schulen nicht nur für ihren Geschichtsunterricht empfohlen, sondern erst recht für die Gestaltung von Wandertagen - für Radwanderungen entlang der ehemaligen Mauer ist es eine interessante Ergänzung des Radwanderführers: »Berliner Mauer-Radweg«. Der Mensch vergisst schnell. »Die Mauer um West-Berlin; Grenzerkundungen« ist ein Buch wider das Vergessen.

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