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Was wurde aus Alice Michelson?
#1


Hier ein Filmchen von einer Agentenaustauschaktion 1985 in Berlin:
https://www.youtube.com/watch?v=HsXLiHwVFc8
Dabei war auch die in den USA inhaftierte Ostdeutsche Alice Michelson:
http://wiki.drafd.org/index.php/Alice_Michelson
Weiß jemand etwas zu ihrem Leben nach dem Austausch 1985?
#2




Sehr interessant - sehe den Beitrag heute zum ersten mal.
Sehe ich das richtig, die o.g. Person soll zum Zeitpunkt des Austausches schon 69 Jahre alt gewesen sein? Also ich kenne die nicht und habe noch nie von Ihr gehört - das wäre eine Frage an @Larissa


Hier gibt es noch etwas Input.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13514875.html
Tante Google fragen.
Nachtrag: Mission Freiheit - Wolfgang Vogel


Es ist hier in diesem Forum so viel bereits, auch von anderen Agenten/Spionen/Kundschaftern, wie Ihr sie nennen wollt, einiges geschrieben worden. Oftmals, ich bitte um Entschuldigung wenn ich das sagen muss, kommt es mir vor, als wenn nichts was von Zeitzeugen, oder ich sage mal von unmittelbar Betroffenen beschrieben wird, verstanden wird oder nicht verstanden werden moechte. Vielleicht ist es schwer fuer Aussenstehende von bestimmten Klischees abzugehen. Zu bunt sind die Klischees und das angeblich bunte Treiben! Ich gehe dazu spaeter naeher ein auf einem der diskutierten Themen.
Der Name Alice Michelson ist mir bekannt. Sie lebte von 1916 bis 2012 und wurde in einem der groesseren Austauschaktionen nach knapp vier Jahren „Zwangsaufenthalt“ in den USA, in die DDR entlassen. Sie blieb wie viele andere meistens ‚leise‘ bis sie 2012 starb.
Generell moechte ich dazu etwas sagen, und auch weiterhin versuchen, ueber Tatsachen und Wahrheiten aus dem Metier, zu schreiben.
Ich kenne den Namen Michelson von meiner ehemaligen Freundin, Dr. phil. in Leipzig (geb. 1928) KGB-Anwerberin Ende der 70iger Jahre. Ueber Alice Michelson haben wir allerdings erst viel spaeter gesprochen, als unsere Freundschaft andauerte nach meiner Entlassung. Mit meinem(en) Fuehrungsoffizier(en) gab es absolut niemals Gespraeche ueber andere Agenten, eine Sache die strengstens untersagt war. Ganz am Anfang kleine Andeutungen, niemals Namen oder Einsetzgebiete. Was ich damals hoerte war, dass 37 westliche Agenten einsassen zu einer bestimmten Zeit. Es war ein Kommen und Gehen im Grunde, lediglich ueber gewisse Austauschaktionen wurden berichtet. So kannte ich weder den, der neben mir stand, arbeitete oder sonst im Leben stand – und er oder sie mich genauso wenig. Auch sehr fraglich, ob bei Tausenden oder auch nur Hunderten von Menschen es sich so zugetragen haette. Darueber hatte der Agent/die Agentin nicht nachzudenken.
Unter Kameraden im Metier
gab es keine freundschaftlichen Beziehungen zu anderen Agenten. Keine Festlichkeiten in den Botschaften wo man sich austauschte (James Bond laesst gruessen)! Es gab niemals Informationen ueber andere Agenten. Das war nicht nur beim Sowjetischen Geheimdienst GRU/KGB so, sondern auch in westlichen Geheimdiensten. Wir wussten, dass es diese Kameraden gab. Klar. Das musste uns nicht gesagt werden. Wo diese waren, wie sie hiessen, interessierte auch nicht im Nacht- und Nebelmetier. Mann/Frau hatte so viel mit dem normalen und dem dienstlichen Leben zu tun, dass gar keine Zeit blieb ueber andere nachzudenken. Gewiss gingen einem ab und zu Dinge durch den Kopf, aber es war bekannt auf welchem Spielplatz man sich befand. Erst viel spaeter nach 2001, habe ich drei ehemalige Kameraden persoenlich kennengelernt. War doch einigermassen erstaunt erkennen zu muessen, welche aehnliche Wesenszuege vorhanden waren, wie intelligent sie waren, wie einfach sie trotzdem gestrickt waren, wie ‚normal‘ sie das neue Leben ohne Geheimdienst gemeistert haben. Es war ein tiefer Austausch teilweise, wenn wir ueber gewisse Dinge lachen konnten – und trotzdem immer vom eigenen Schicksal nie ganz los kamen, und doch ein sicheres Verstaendnis aufbringen konnten. Ich hatte meine Russen, die sich um mich kuemmerten, bis heute. DDR Agenten verloren ueber Nacht ihre Fuehrung und standen vollkommen in seelischer und finanzieller Einsamkeit. Ein nie zuvor so erlebter Umstand in der Geschichte der Geheimdienste.
.
Alice Michelson hat sich wie die meisten der SU Agenten nie hinterher versucht in die Lime Light – sich ins Blitzlicht, zu katapultieren. Es gibt einige die heute noch ein ‚gutes Wort‘ in der Politik mitreden koennen. Die meisten aber halten sich bis heute bedeckt. Warum? Man vertraut ihnen nicht, oder ihre Geschichten sind zu grau, eher noch, sie wollen ihre Familien und sich schuetzen.
Spione, die fuer den Osten gearbeitet haben waren und sind die Verlierer, vom Westen ausgesehen.
Alice Michelson war eine sehr intelligente Frau, Kommunistin, die viel bewegt hat. Als Vergleich Mata Hari zum Beispiel. Eine Hollaenderin, die die Betten der Gegenseiten gut belegt hat, eine Nackt-Taenzerin, welche die Maennerwelt in Wallung brachte, hat kaum Informationen weitergegeben, und ganz einfach Pech gehabt hat, dass die Franzosen sie als deutsche Spionin zum Tode verurteilten. Anna Chapman (KGB) wurde aus ihrem Kreis eines Spionagerings hochstilisiert wie keine andere. Waehrend sie vermarktet ihren Ruhm, sind die uebrigen neun Angeklagten in der Versenkung verschwunden. Hochrangige Russen selbst fragen sich, was hat sie eigentlich vollbracht, ausser was in den Zeitungen fabuliert wird. So ist das Leben. Und genau deshalb ziehen sich andere nach ihrer Haftzeit/ihrem Auffliegen vollkommen zurueck.
Die Ausbeutung vor allem der Frauen in der Welt der Spionage spricht Baende. Was nuetzt es mit einem ranghohen GRU-Agenten das Bett zu teilen und in der naechsten Nacht mit dem brit. Kriegsminister vorlieb zu nehmen – wenn man nicht mal bis drei zaehlen kann. Christine Keeler, war als solches keine Geheimagentin, arbeitete fuer niemanden, war eine die das Licht suchte und peinlich ausgeschlachtet wurde als Frau und letztendlich verarmt starb. Eine tolle Frau und ganz anderes Kaliber war Ruth Werner „Sonjas Rapport“. Ich habe ihr Buch mit persoenlicher Widmung, das ich hier unten einstelle.
Ungleich anders als Maenner, dessen Auftrag zwar nicht leichter war, und deren Frauen und Familien ueber Jahre nichts ahnten, waren Frauen trotzdem viel leichter einnehmbar, wenn, wie bei mir, es gab Kinder in Ost und West, und Dienst fuer Ost und West auf der Tagesordnung stand….neben einem normalen Arbeitsleben. Tag fuer Tag, Jahr fuer Jahr. Ich habe bis 2010, noch in den USA mich voellig zurueckgezogen. Und trotzdem, wenn ich ein Amt aufsuchte, dann wusste ich, die wissen genau wer ich bin.
So versuchten sowohl Maenner als auch Frauen, ihre Person zu schuetzen hinterher, aber wenn gefragt, auch die Wahrheit wiederzugeben. Eine Wahrheit, die oftmals mit Fuessen getreten wurde. Schade. Es gaebe so viel zu erzaehlen. Es sind Geschichten die nebst den eigenen Wesenszuegen, nebst einem klar definierten Dienst, den Stempel einer politischen Aera mit sich tragen im Kalten Krieg. Es sind Menschen, die jahrelang im Stillen fuer eine Sache arbeiteten, nebst allen anderen Aufgaben, die das Leben mitbringt. Ich denke da kann man Alice Michelson einbringen.
Larissa
Das Rätsel ist einfach zu lösen, durch einfache Menschen in Russland.
Die Nebel des Mysteriums lüften sich in den Weiten des Landes.
Geheimniss umwittert bleibt eine Sache, die zu Russland gehört. Marleen Powell


Ich schreibe wie es war. Eben bei Deiner Frage musste ich etwas lachen.
Meine westlichen Kameraden sagten: "Wenn was schief geht (damit war das Enttarnen gemeint) dann holen wir Dich da raus! Die setzen dich da auf den Stuhl, aber wir vergessen dich nicht!
Meine oestlichen Brueder sagten: "Wir holen Dich nach Hause, aber halt den Mund, schweige."
Ja, meine Russen waren etwas strenger!
Ich selbst habe mir eigentlich keine Gedanken darueber gemacht! Wusste, dass es irgendwann passieren musste.
Es gab immer diese diplomatischen Wege. Nicht jeder Agent wurde ausgetauscht.
.............
Das Rätsel ist einfach zu lösen, durch einfache Menschen in Russland.
Die Nebel des Mysteriums lüften sich in den Weiten des Landes.
Geheimniss umwittert bleibt eine Sache, die zu Russland gehört. Marleen Powell

Hallo @Larissa ,
sehr interessant dein Bericht. Hat Ruth Werner die Widmung persönlich für dich geschrieben? 1977, warst du da nicht noch im Westen?
Übrigens, was macht Sudoplatow? Ich meine natürlich das Buch.
Herzliche Grüße
GKUS64


Guten Morgen, Deine Frage will ich gleich beantworten @GKUS64
Nein, das Buch mit der Widmung hat meine Freundin damals bekommen, die Ruth Werner persoenlich kannte.
Ich bekam das Buch von meiner Freundin, eine promovierte Dr. phil. Das Leben dieser Freundin ist eine Geschichte in sich. Ihre Eltern und Großeltern waren Kommunisten. In ganz jungen Jahren wurde sie eine ‚Nina‘, sie liebte alles Russische. 1958, bekam sie ein Kind von einem Sowjet Offizier. Die beiden durften nicht heiraten, er kuemmerte sich um sie und vor allem um seinen kleinen Sohn, wurde aber nach einigen Jahren nach Moskau zurueckversetzt.
Sie ließ den Kleinen bei den Eltern und ging nach Leningrad und Moskau, um zu studieren, aber auch, um ihren Offizier zu suchen. Damals in der Sowjetunion ein hoffnungsloses Unterfangen. Zeit seines Lebens suchte er seinen mit ihr gezeugten Sohn und sie. Sie sprach neben ihrer Muttersprache deutsch noch fliessiend englisch, bulgarisch und russisch und wurde nuetzlich fuer KGB und Militaer in der DDR.
Sie besann sich spaeter, kuemmerte sich wieder um ihren Sohn, der jedoch zu lange ungeliebt aufgewachsen war, und auch ihre groesste Sorge wurde. Er wurde in der NVA oeffentlich degradiert, hat mich vor einigen Jahren kontaktiert. Er erzaehlte, seine Mutter haette ihn die Geschichte der "Englaenderin, die Russland liebte", erzaehlt. Ich habe mit ihr tolle Zeiten waehrend meiner Schulung erlebt, ich wurde jedoch spaeter ‚weitergereicht‘ aber sie blieb (musste!) im Hintergrund bleiben. Einmal nur konnten wir zusammen eine Reise unternehmen, nach der Vereinigung. Ich ging dann nach Moskau, sie strahlte zwar, wenn sie von Russland von ihren Erinnerungen erzaehlte, wollte aber nicht mehr dahin. Ihre Aussage war: “Nie wieder fuer einen Staat sich aufopfern, nie wieder das eigene Leben hintenanstellen.“ Enttaeuschung pur, denke ich.
Das war ein kurzer Einblick in nur eines dieser Leben, das mit Hoffnungen, Enttaeuschungen, Sehnsucht, aber auch viel Leben aufzeigt. So viel, dass kann man sich nicht vorstellen. Nackte Fakten und dumme Geschichten sind nicht das Leben. Das ist anders, das ist Schmerz und Liebe und Hoffnung, der den Weg eines Menschen und sein Tun bestimmt. Sie starb 2013. Ich vermisse sie sehr. Uns verband eine starke Freundschaft, ihre Buecher die sie mir schenkte, halte ich in Ehren. Das was man also liest von Menschen, Fakten, Daten, Schicksale, das weist nie auf das, was diese Menschen tatsaechlich durchgemacht und ueberlebt haben.
Larissa
Sudoplatow steht noch auf meiner Liste!
Das Rätsel ist einfach zu lösen, durch einfache Menschen in Russland.
Die Nebel des Mysteriums lüften sich in den Weiten des Landes.
Geheimniss umwittert bleibt eine Sache, die zu Russland gehört. Marleen Powell
#11


Unter der Überschrift "AN EAST GERMAN IS ARRESTED AS SPY" berichtete The New York Times am 3. Oktober 1984 über Michelsons Verhaftung:
https://s1.nyt.com/timesmachine/pages/1/...disable=upscale
https://www.nytimes.com/1984/10/03/world...ted-as-spy.html
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