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Gespräch Krenz und Gorbatschow 8 Tage vor Mauerfall

Hallo zusammen,
einige wie Peter(turtle) oder auch Wolfgang B. lesen gerne über Dinge und Fakten, die nicht sehr bekannt sind. Das haben sie heute kundgetan, in einem anderen Thread.
Für sie und alle Interessierten bringe ich in diesem Thread Auszüge aus Gesprächsprotokollen zwischen damaligen Politikern, kurz vor dem Fall der Mauer.
Ein Statement von euch sagt mir, ob hier ein weiterer Bedarf an ähnlichen Beiträgen besteht.
Viel Spaß- vom Augenzeugen
Aus dem Gespräch von Egon Krenz und Michail Gorbatschow am 1.11.1989 in Moskau
Genosse Krenz stellte fest, man habe in der DDR leider viele Fragen der Umgestaltung in der Sowjetunion der Beurteilung des Gegners überlassen und nicht den Dialog mit den Menschen darüber geführt. Dies geschah ungeachtet dessen, daß Genosse Gorbatschow Genossen Erich Honecker bei einem der ersten Treffen geraten hatte, daß man sich mit Auffassungen durchaus auseinandersetzen solle, die in sowjetischen Publikationen auftauchten und mit denen man nicht einverstanden sei.
Genosse Krenz wies darauf hin, das Verbot des "Sputnik" in der DDR habe dazu geführt, daß der Gegner die Frage nach der Mündigkeit der DDR-Bürger aufwerfen konnte. Den Genossen und parteilosen Bürgern, die sich darüber empörten, ging es nicht in erster Linie um den Inhalt des "Sputnik". Das Problem bestand darin, daß die Führung der DDR einerseits zusah, wie die Bevölkerung jeden Abend viele Stunden Sendungen des Westfernsehens empfängt, es andererseits aber verbot, eine sowjetische Zeitschrift zu lesen. Dies war ein tiefer Einschnitt im politischen Denken der Bürger der DDR. Deshalb habe man nach dem 9. Plenum des ZK der SED als einen der ersten Schritte auch die Wiederaufnahme des "Sputnik" in die Postzeitungsliste angeordnet.
Genosse Gorbatschow warf ein, die DDR habe auch jetzt das Recht, Kritik an Äußerungen sowjetischer Presseorgane zu üben, mit denen sie nicht einverstanden sei.
Die Bevölkerung habe der Partei jedoch übelgenommen, daß insbesondere durch die Massenmedien eine Scheinwelt geschaffen wurde, die mit den praktischen Erfahrungen der Menschen im Alltagsleben nicht übereinstimmte. Dadurch kam es zu einem Vertrauensbruch zwischen Partei und Volk. Dies sei eigentlich das Schlimmste, was einer Partei passieren kann.
Manche sagen, die Ursache dafür sei darin zu suchen, daß die Parteiführung in den letzten drei Monaten die innenpolitische Lege nicht richtig eingeschätzt habe. Sie habe Sprachlosigkeit demonstriert, als so viele Menschen die DDR verließen. Dies sei ein schlimmer Vorwurf. Hinzu kam, daß in dieser schwierigen Situation neben politischen Fehlern auch ein wichtiger psychologischer Fehler gemacht wurde: In der Presse wurde geschrieben, daß wir diesen Leuten keine Träne nachweinen. Das verletzte tief die Gefühle vieler Mütter und Väter, Verwandter, Freunde und Genossen dieser Menschen, denen ihr Weggang großen Schmerz bereitete.
Er (Gorbi) habe jedoch bei Genossen Honecker in den letzten Jahren mit Erstaunen bestimmte Veränderungen festgestellt. Wenn dieser auf eigene Initiative vor zwei oder drei Jahren grundlegende Korrekturen an der Politik angebracht hätte, wären solche Verluste und Schwierigkeiten wie gegenwärtig nicht notwendig und möglich gewesen. Genosse Erich Honecker habe sich offensichtlich für die Nummer 1 im Sozialismus, wenn nicht sogar in der Welt gehalten. Er habe nicht mehr real gesehen, was wirklich vorgehe.
Er (Gorbi) kannte auch den Staatshaushalt nicht, als er Generalsekretär wurde. Bereits zur Amtszeit des Genossen Andropow hätten er und Genosse Ryshkow den Auftrag erhalten, die Lage in der Volkswirtschaft zu untersuchen, weil man spürte, daß dort etwas faul war. Als sie jedoch die volle Wahrheit herausfinden wollten, wurden sie zurückbeordert.
Wenn er (Krenz) jedoch die Wahrheit über die Volkswirtschaftslage vor dem ZK darlege, dann könne dies einen Schock mit schlimmen Folgen auslösen.
Genosse Krenz informierte dazu, er habe vor zwei Jahren bereits einmal faktisch den Auftrag erhalten, Genossen Modrow abzusetzen. Damals forderten die Künstler zweier Dresdner Theater, die Perestrojka auch in der DDR durchzuführen. Genosse Honecker war zu dieser Zeit gerade im Urlaub. Er rief Genossen Krenz an und beauftragte ihn, nach Dresden zu fahren. Dort sollte er die Auseinandersetzung mit dem Ziel der Ablösung des Genossen Modrow führen. Genosse Krenz fuhr nach Dresden und führte ein sehr offenes Gespräch mit Genossen Modrow. Man fand eine taktische Lösung, die darauf hinauslief, Genossen Modrow zwar zu kritisieren, ihn aber nicht von seiner Funktion abzulösen.
Die Kosten der Erzeugnisse der Mikroelektronik betragen ein Mehrfaches des internationalen Standards. Ihr Einsatz in der Volkswirtschaft der DDR und im Export müsse gegenwärtig mit über 3 Milliarden Mark jährlich gestützt werden.
Zur Zahlungsbilanz der DDR gab Genosse Krenz folgende Information:
Bis Ende des Jahres 1989 werde die Auslandsverschuldung auf 26,5 Milliarden US-Dollar, das heißt, 49 Milliarden Valutamark anwachsen.
Die Bilanz in konvertierbaren Devisen sehe Ende 1989 folgendermaßen aus:
Einnahmen: 5,9 Milliarden US-Dollar
Ausgaben: 18 Milliarden US-Dollar
Das Defizit betrage also 12,1 Milliarden US-Dollar. Dies bedeute, daß neue Kredite aufgenommen werden müssen. Es sei abzusehen, daß dieses Mißverhältnis noch weiter anwachsen werde.
Genosse Gorbatschow fragte erstaunt, ob diese Zahlen korrekt seien. So prekär habe er sich die Lage nicht vorgestellt.
Wenn die DDR nicht die Formel dafür finde, die es ermögliche, daß die Menschen ihre Verwandten besuchen könnten, dann wäre das für die Gesellschaft der DDR ein sehr unbefriedigender Zustand.

Augenzeuge,
Du schreibst bzw. im Protkoll steht.
Zitat : "Dort sollte er ( gemeint ist Krenz, Hinweis von mir, Alfred ) die Auseinandersetzung mit dem Ziel der Ablösung des Genossen Modrow führen".
Augenzeuge, dies ist SO nicht ganz korrekt.
Krenz hat immer betont, dass Honecker gesagt hat :“ Fahre nach Dresden zur Bezirksleitung und führe die Auseinandersetzung, (gemeint ist die Auseinandersetzung mit Modrow, Hinweis von mir , Alfred ) wenn notwendig auch bis zur Absetzung des Genossen Modrow“.
Weiter führte Krenz aus:“ Nun glaubte Gorbatschow zwei Jahre danach offentsichtlich immer noch, ich hätte Modrow vor der Absetzung in Dresden gerettet. Das aber war n i c h t notwendig. Im Politbüro wurde diese Frage niemals erörtert, weder 1987 noch 1989“.
Dies sind meine privaten Notizen aus einer Diskussion mit Herrn Krenz am 24.09.2005. WÖRTLICH auch zu lesen in „Herbst 89“ von E. Krenz , Seite 193.
Der aufmerksame Leser dürfte die Unterschiede merken !!

Ok, Alfred, ich war jetzt zu faul, das Buch aus dem Regal zu holen, noch mal reinzuschauen und gegen zu lesen.
Aber immerhin wußte ich noch, in welchem der besagte Schriftwechsel zu finden ist - das ist doch so spät abends nach ner harten Arbeitswoche auch schon ne Leistung!

Zitat von Alfred
Augenzeuge,
Du schreibst bzw. im Protkoll steht.
Zitat : "Dort sollte er ( gemeint ist Krenz, Hinweis von mir, Alfred ) die Auseinandersetzung mit dem Ziel der Ablösung des Genossen Modrow führen".
Augenzeuge, dies ist SO nicht ganz korrekt.
Krenz hat immer betont, dass Honecker gesagt hat :“ Fahre nach Dresden zur Bezirksleitung und führe die Auseinandersetzung, (gemeint ist die Auseinandersetzung mit Modrow, Hinweis von mir , Alfred ) wenn notwendig auch bis zur Absetzung des Genossen Modrow“.
Weiter führte Krenz aus:“ Nun glaubte Gorbatschow zwei Jahre danach offentsichtlich immer noch, ich hätte Modrow vor der Absetzung in Dresden gerettet. Das aber war n i c h t notwendig. Im Politbüro wurde diese Frage niemals erörtert, weder 1987 noch 1989“.
Dies sind meine privaten Notizen aus einer Diskussion mit Herrn Krenz am 24.09.2005. WÖRTLICH auch zu lesen in „Herbst 89“ von E. Krenz , Seite 193.
Der aufmerksame Leser dürfte die Unterschiede merken !!
Nein, ich kann dem leider nicht zustimmen, da meine Quelle nichts anderes sagt. Ich gebe zu, dass das Buch hierin etwas abweicht. Zu meiner Quelle kann ich nur folgende Angabe machen:
Krenz's Antrittsbesuch in Moskau
Protokoll der DDR
Über die Verschuldung der DDR und der daraus folgende Erpreßbarkeit.
Das Verhältnis zur BRD
Über die "Wiedervereinigung" und die Haltung der Vier Mächte, was sie öffentlich sagen und was sie GORBATSCHOW sagen
Quelle: KOHL 116
Gorbatschow. 712
HERTLE 462-482


Hallo Alfred, hallo Augenzeuge,
nun ja, diese Abweichung stellt das Protokoll nicht prinzipiell in Frage, da es sich einfach nur um einen Übersetzungs- oder Protokollierungsfehler handeln könnte. Außerdem haben Krenz und mehr noch Gorbatschow bewiesen, dass ihr "historisches Erinnerungsvermögen" durchaus Lücken aufweisen, bzw. im Widerspruch zu den Aussagen anderer Beteiligter stehen kann. Insofern: Danke Augenzeuge für dieses Zitat und auch Danke an Alfred für die Ergänzung. Wesentlicher an diesem Protokoll erscheint mir, dass sowohl in der SED-Führung als auch in der KPdSU-Führung zum einen gravierende Missstände gar nicht erst diskutiert oder voreinander vertuscht wurden und dass durch beide die wahre Lage gegenüber dem Volk und auch gegenüber der Parteibasis bewusst verschwiegen wurde. Das erscheint mir wesentlicher als der Kleinkram zwischen Honecker, Krenz und Modrow.
ciao Rainman

Augenzeuge,
Du hattest geschrieben :
Zitat : Dort sollte er ( gemeint ist Krenz, Hinweis von mir Alfred ) die Auseinandersetzung mit dem Ziel der Ablösung des Genossen Modrow führen.
Augenzeuge, dies ist SO nicht ganz korrekt.
Es ist eben ein Unterschied, ob Krenz zu Modrow mit der Zielstellung, wie von Dir genannt: „Dort sollte er die Auseinandersetzung mit dem Ziel der Ablösung des Genossen Modrow führen“ nach Dresden fährt oder dass Honecker gesagt hat „Fahre nach Dresden zur Bezirksleitung und führe die Auseinandersetzung, (gemeint ist die Auseinandersetzung mit Modrow, Hinweis von mir , Alfred ) wenn notwendig auch bis zur Absetzung des Genossen Modrow“.
Weiter führte Krenz aus:“ Nun glaubte Gorbatschow zwei Jahre danach offentsichtlich immer noch, ich hätte Modrow vor der Absetzung in Dresden gerettet. Das aber war n i c h t notwendig. Im Politbüro wurde diese Frage niemals erörtert, weder 1987 noch 1989“.
Du schreibst „Protokoll“ und dies ist eben falsch.
Ich habe das Buch von Hertle, die Unterlagen auch, die Überschrift lautet : „Niederschrift“, sprich es ist keine WÖRTLICHE Wiedergabe.
Krenz dagegen gibt es im Buch und auch im Gespräch WÖRTLICH an, wie oben von mir geschrieben.

Danke Rainman, dass du den Sinn meines Zitats nicht nur erkannt, sondern auch dokumentiert hast.
Mir kommt es auch nur auf die klaren Aussagen an. Und ob Modrow nun abgesetzt werden sollte oder könnte- sehe ich als relativ nebensächlich an. Wichtiger sind der Grund der Fahrt, das Verhältnis zu Honecker und die Erkenntnisse des Gespräches.
Übrigens, ich werde bald fortfahren, mit weiteren Beiträgen- zur Freude vieler, wie ich merke.
Und ob dann die Erbsenzählerei fortgesetzt wird, ist mir egal. Aber vielleicht sollten die Erbsenzähler sich mal mit ihrem großartigen Wissen hier mehr offenbaren anstatt bei anderen nur eventuelle Lücken nur zu suchen.
Gruß, Augenzeuge


Trotz eventueller etwas unterschiedlicher Übersetzungswiedergabe , Quelle, oder Darstellung! Auf das Wesentliche kommt es an! Und das ist klar und verständlich von Augenzeuge wiedergegeben!
Es ist auch erkennbar das wir hier mehrrere Mitglieder haben die sich mit dieser Thematik sehr gut auskennen! Das kann für uns alle nur vom Vorteil sein.So lange das sachlich,und der Richtigstellung dient ist das in Ordnung! Aber bitte keine Haarspalterei Gruß Peter(turtle)


Zitat von Alfred
Augenzeuge,
ich habe eine Bekannten, der dachte bis vor kurzen auch, dass dies und jenes so wäre. Stillschweigend hat sich jedoch was geändert bei der Nutzung von Dokumenten und jetzt i9st er mit rund 12.000 Euro dabei.
Aber mach, Du wirst es schon richtig machen.
-Th

Zitat von CaptnDeltaZitat von Alfred
Augenzeuge,
ich habe eine Bekannten, der dachte bis vor kurzen auch, dass dies und jenes so wäre. Stillschweigend hat sich jedoch was geändert bei der Nutzung von Dokumenten und jetzt i9st er mit rund 12.000 Euro dabei.
Aber mach, Du wirst es schon richtig machen.
-Th
Danke CaptnDelta, hoffe jeder hat das auch verstanden.....
Hier nochmal eine Info zum Urheberrecht. Ich bin der Meinung, dass folgendes auch hier gilt.
Urheberrecht: 1:1-kopieren nicht statthaft!
Texte dürfen grundsätzlich nicht 1:1 ins Forum kopiert werden, sondern müssen selbstständig verfasst werden!
Kurze Auszüge oder Passagen dürfen aus dem Original zitiert werden. Eine Kenntlichmachung und exakte Quellenangabe (korrekter Link zur Originalnachricht bzw. bei Printmedien: Ausgabe, Nummer etc.) ist aus Urheberrechtsgründen zwingend notwendig!
Bitte Angelo, bestätige das doch nochmals allen, damit Missverständnisse vermieden werden!
Gruß, Augenzeuge
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