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Braunkohleveredelungskombinat Schwarze Pumpe - damals und heute

Hallo,
das durch @ Vierkrugs ausführlichen Beitrag in @ Lutzes MfS-Thread aufgekommene o.g. Thema ist auch meiner Meinung nach einen eigenen Thread wert.
Von der Konzeption her, konsequente Umsetzung der Kraft-Wärme-Kopplung und weitgehende stoffliche Verwertung der Braunkohle, sehr modern. Das Konzept hat am Standort wimre bis heute Bestand, nur dient heute statt Rohbraunkohle Biomasse als Ausgangsstoff.
Bei Besuchen in Cottbus durfte ich, wenn der Wind entsprechend stand, dann und wann eine Nase voll nehmen.
Ich wüßte gerne mehr über das Kombinat und seine Geschichte und würde mich über Insider-Berichte freuen.
Grüße aus Hessen


Danke, vierkrug..
da war ja jemand schneller mit dem Thema.. gut so.
Da hattest du ja von deinem Büro den vollen Überblick, auf alles "was da kommt"..
Mein eigentliches Thema ist ja nur ein kleiner Aspekt der Werksgeschichte- dieses für mich (obwohl ich den Geruch / die Gerüche von BUNA / Leuna / Lützkendorf von Kindheit an kannte !) als Ankömmling 1978 in Cottbus völlig neue und sehr, sehr gewöhnungsbedürftige: "Es stinkt nach Pumpe"... mit den Jahren hat man sich daran gewöhnt, wie an alles.
Welche Rolle hat dieser Aspekt bei euch gespielt?
Gab es Eingaben, Proteste, andere Aktionen gagegen?
Abwiegelungen / Abwimmelungen dazu?
Technische Möglichkeiten zu Verminderung?
Was war eigentlich die Ursache?
Danke schon mal
Siggi
Nachtrag: im neuen Kraftwerk wird schon noch Braunkohle verbrannt...

Der Anfang von Pumpe, so wurde das Kombinat umgangssprachlich genannt.
Die Anfänge reichen in die 50er Jahre der noch jungen DDR zurück, die versuchte, die Schwerindustrie anzukurbeln. Ohne Koks kein Roheisen und kein Stahl und somit auch keine Schwerindustrie. Am 23. Juni 1955 beschloss die Regierung den Aufbau des Kombinates Schwarze Pumpe. Den Namen lieferte der Gasthof vor Ort, der zugleich der Sitz der ersten Aufbauleitung war.
Den Spatenstich vollzog Fritz Selbmann, dessen Namen das Gaskombinat später trug.
"Ärgert mich zur Grundsteinlegung nicht mit einem Spaten. Bei der Größe des Objektes brauchen wir für diesen Anlass eine Planierraupe“, soll kurz vor Grundsteinlegung der Minister für Schwerindustrie, Fritz Selbmann, verkündet haben. Seinem Wunsch wurde entsprochen, und so konnte am 31. August 1955 der Grundstein per Planierraupe gelegt werden.
Bis zu 5 000 Menschen arbeiteten in den Folgejahren täglich auf den Baustellen.
Dreieinhalb Jahre später, am 30. April 1959, begann die Braunkohlenveredlung und -verstromung mit einer Brikettfabrik (Brikettfabrik West) und dem Kraftwerk West.
Schritt um Schritt wuchs in den Folgejahren der Industriekomplex um mehrere miteinander vernetzte Kraftwerke, Brikettfabriken, der Kokerei und des Gaswerkes, mit den dazugehörigen Hilfs- und Nebenanlagen. Etwa 15 000 Menschen arbeiteten bis Ende 1989 im Stammbetrieb Schwarze Pumpe.
1990 folgte die Zäsur: das Gaskombinat Schwarze Pumpe wurde privatisiert und die Filetstücke, wie VNG Verbundnetz Gas gingen an die Ruhrgas für ein Äppel und ein Ei.
Vierkrug

Zitat von Grenzgänger im Beitrag #3
Danke, vierkrug..
da war ja jemand schneller mit dem Thema.. gut so.
Da hattest du ja von deinem Büro den vollen Überblick, auf alles "was da kommt"..
Mein eigentliches Thema ist ja nur ein kleiner Aspekt der Werksgeschichte- dieses für mich (obwohl ich den Geruch / die Gerüche von BUNA / Leuna / Lützkendorf von Kindheit an kannte !) als Ankömmling 1978 in Cottbus völlig neue und sehr, sehr gewöhnungsbedürftige: "Es stinkt nach Pumpe"... mit den Jahren hat man sich daran gewöhnt, wie an alles.
Welche Rolle hat dieser Aspekt bei euch gespielt?
Gab es Eingaben, Proteste, andere Aktionen gagegen?
Abwiegelungen / Abwimmelungen dazu?
Technische Möglichkeiten zu Verminderung?
Was war eigentlich die Ursache?
Danke schon mal
Siggi
Nachtrag: im neuen Kraftwerk wird schon noch Braunkohle verbrannt...
Wir haben nicht davon gesprochen, das Pumpe stinkt - sondern Pumpe riecht - in Anlehnung an die Pafürmerie

Bei ungünstigen Wind- und Inversionswetterlagen zogen diese Duftschwaden bis nach Cottbus - Hoyerswerda ohnehin. Ich brauchte mindestens 2 Jahre, um mich an diesen Duft zu gewöhnen. Meine Frau Thüringerin aus Saalfeld, die noch dazu bei Eisleben im Mansfeldschen geboren war, hatte da weitaus mehr Probleme. Besonders wenn Waschtag angesagt war und der Wind den feinen Kohlenstaub in die Stadt hinübertrug.
Eingaben und Proteste gab es wenig, da die Beschäftigten aus Pumpe vorrangig in Hoyerswerda, Spremberg und Cottbus wohnten und auch die Probleme kannten. Es gab zahlreiche Maßnahmen in den Plänen Wissenschaft und Technik, wie auch zielgerichtete Umweltschutzmaßnahmen, um Milderungen herbei zu führen und die Ursachen gänzlich auszuschließen. U.a. bei den Teerabsatzbecken, der Entphenolung. Besonders die Umweltbelastungen durch die Entphenolung wurde durch den Einsatz der mikrobiologischer Elemente - u.a. phenolverzerrenden Bakterien erheblich gemindert. In den Kraftwerken wurden Rauchgasentschwefelungsanlagen installiert.
Das neue Staubdruckvergasungsverfahren konnte eine fast vollständige energetische und stoffwirtschaftliche Verwertung der eingesetzten Rohbraunkohle, auch die stark salzhaltige des zweiten Lausitzer Flözes gewährleisten. Höchste Effizienz gekoppelt mit Umweltfreundlichkeit. Das war die Zukunft, die aber nicht mehr umfassend zum Tragen kam.
In anderen Standorten, wie Zwickau, Magdeburg, Espenhain, Böhlen und Lauchhamer sah es hinsichtlich Umweltsünden weitaus schlimmer aus. Aus meiner Sicht und auch oftmals intern diskutiert, hätten diese Betriebe entweder umfassend rekonstriert und modernisiert werden oder geschlosssen werden müssen. Es gab ja die Gedanken und Überlegungen, dass in den Großkombinaten die Selbsterwirtschaftung der Mittel - ein Kerngedanke der NÖP - eingeführt werden sollte. Bei der Monopolstellung, die das GSP in der Grundstoffindustrie, wie auch in der Kohle- und Energiewirtschaft der DDR hatte kein so schlechter Gedanke. Man hätte dann selbst entscheiden können, wo man noch saniert und rekonstruiert und wo nur noch die Schließung das Übel beseitigt. Das hätte zugleich erhebliche Konsequenzen für den Arbeitsmarkt der DDR gehabt. Es hätte zu einer gewaltigen Umverteilung geführt, wie damals beim Aufbau des Stammbetriebes, wo es regelrechte Völkerwanderungen innerhalb der DDR gegeben haben soll. Deshalb war Hoywoy nicht nur ein Schmelztiegel der Dialekte, die in der DDR gesprochen wurden.
Die Schriftstellerin Brigitte Reimann beschreibt diese Situation sehr gut im ihrem Roman "Franziska Linkerhand". Und Gundi Gunderman hat mit seinen Liedern auch immer an das Umweltgewissen gerüttelt.
Soweit erst einmal.
Vierkrug

Hallo,
spielten im Produktportfolio eigentlich (flüssige) Kraftstoffe eine nennenswerte Rolle? Naheliegend angesichts der Knappheit an Mineralöl.
Fasziniert lese ich, daß bereits mikrobiologische Verfahren gegen organische Schadstoffe angewendet wurden und Rauchgasentschwefelung zum Einsatz kam.
Grüße aus Hessen

Das neue Staubdruckvergasungsverfahren, welches sich in einer Wirbelschicht vollzog, war so konzipiert, dass neben Gas aus energetsich schwer verwertbarer Rohbraunkohle als Hauptnebenprodukt Methanol gewonnen wurde. Mit der Technologie Methanol to Gasoline wird aus Methanol Kraftstoff. Das waren auch die primären Zielsetzungen bei diesem Staatsplanthema, welches verständlicherweise die höchste Geheimhaltungs- und Sicherheitsstufe besaß.
Die Erdöl-. wie auch Erdgaslieferungen aus der SU stagnierten und waren nicht stabil. Also galt es die eigenen Möglichkeiten stärker zu nutzen.
Auf einigen Gebieten war es Weltspitzennivau auch bei Umweltschutztechnologien, die auch patentrechtlich geschützt wurden.
Nebenbei bemerkt, die Forscher, die an diesen Projekten arbeiteten, waren bei internationalen Konferenzen, Symposien immer gefragte Gesprächspartner, nicht nur aus dem Bereich der Fachkollegen. Und manchmal mußte man Dr. XYZ schon mal einen kameradschaftlichen Stupser geben, wenn der Whisky oder Bourbon zu fortgeschrittener Stunde an der Bar die Zunge etwas lockerte.
Vierkrug

Zitat Vierkrug:
Zitat
Eingaben und Proteste gab es wenig, da die Beschäftigten aus Pumpe vorrangig in Hoyerswerda, Spremberg und Cottbus wohnten und auch die Probleme kannten.
.. das ist ganz sicher so gewesen- und : "man konnte ja sowieso nichts machen"..
Aber die paar Aktionen, die es gab, interessieren mich.
Hast du da genauere Kenntnis gehabt?
Wenn ja, wie liefen die ab?
Welche Folgen hatten die für die Beteiligten?
(es soll hier keinesfalls wie die "Lutze`sche- durch die kalte Küche- Manier" ankommen, deshalb gleich mein Motiv vorneweg:
Erstens interessiert es mich einfach persönlich als unmittelbar ehemaliger betroffener..
zweitens hatte ich mal einen Kollegen, der Mitte der 80er in einer kirchlichen "Umweltgruppe" aktiv war und eines Tages "weg" war (die Nachricht von der Verhaftung drang noch in den Betrieb durch)- später hörte ich von seiner Ausreise / Abschiebung / Freikauf)
Konnte das so weit gegangen sein oder wurden solche Aktionen "mit weniger Aufwand" erledigt (mir fällt gerade keine bessere Formulierung ein..) ?
Danke schonmal
Siggi

Es gab aktive Umweltgruppen, die sich auch in der Martin-Luther-King-Kirche in Hoyerswerda zusammenfanden und mit Spruchbändern und Plakaten ihre Forderungen erhoben. Man war aber mit ihnen im Gespräch und legte ihnen auch die Gründe und Ursachen auf den Tisch, warum diese oder jene Maßnahme noch nicht realisiert wurde.
Ich hatte in dieser Richtung auch die sogenannte A.._karte gezogen, denn ich war dazu auserkoren worden, mit diesen Aktivisten nicht nur den Kontakt zu halten, sondern auch ihre Petitionen entgegen zu nehmen. Ich fertigte daraufhin einen sogenannten Forderungskatalog an, dessen Abarbeitungsstand dann Gegenstand der Aussprachen war. Mir persönlich ist kein Fall bekannt, wonach aus dieser Gruppe jemand verhaftet wurde. Ausreiseanträge ja, die gab es auch innerhalb dieser Gruppierungen, wobei ich manchmal mich des Eindruckes nicht erwehren konnte, dass der Umweltschutz bei diesen Leuten nur ein Vorwand war, um die Republik zu verlassen.
Diejenigen, denen der Umweltschutz wirklich ein Bedürfnis war, mit diesen Leuten konnte man auch reden, es waren oftmals auch wissenschaftlich-technische Kader, die wußten, wovon sie sprachen und was sie einforderten.
In anderen Standorten gab es ganz andere Situationen. Wenn ich an Espenhain und die Gruppe um den Umweltpfarrer denke. Die Forderungen waren berechtigt und die Betriebsführung, wie auch die Parteiorganisation war dieser Auseinandersetzung auch nicht gewachsen. Hinzu kam, dass die örtlichen Diensteinheiten des MfS mit ihrer Vorgehensweise, die Konfrontation mit und den Widerspruch in der Bevölkerung regelrecht herausforderten. Da habe ich auch von Übergriffen, Ausschreitungen und Verhaftungen gehört.
Ich betone es noch einmal an dieser Stelle, die Forderungen der Anwohner waren berechtigt - wir waren aber nicht in der Lage diese Probleme kurzfristig zu lösen. Und letztendlich ist es auch eine Frage, wie gehen ich mit diesen Menschen um. Bin ich bereit einen Konsenz zu finden oder schlage ich in meiner Ohnmächtigkeit wie verwundetes Tier um mich.
Es ist schon so wie @werner, @andy und auch andere Mitstreiter es schrieben, es waren Menschen die mit ihren Stärken aber auch Menschen mit ihren charakterlichen Schwächen, die in unseren Reihen ihren Dienst versahen.
Vierkrug

Schwarze Pumpe....war sinngemäß übertragbar auf Espenhain, Böhlen bei Leipzig, Bitterfeld, Leuna, alle Braunkohleveredlungs-und Brikettfabriken zu DDR-Zeiten, auf Kraftwerke wie Lippendorf, Hagenwerder, VEB Petrolchemisches Kombinat Schwedt, Eisenhüttenkombinate, Chemiestandorte da atmete die DDR-Bevölkerung ...na gut ich gebs ja zu enormen Dreck ein aber sie lebte davon.
Wenn ich mir heute so überlege, schon älter geworden und in meinem Beruf durch drei Dutzend der vorgenanden und mehr Kraftwerke gekrochen muss ich immer so staunen, was der Mensch doch verträgt (an Umweltdreck) im Laufe eines Lebens? Und die Landschaft erst? Schaut euch das mal heute an wie das überall blüht...Wahnsinn was doch die Natur für eine Kraft hat um sich zu regenerieren.
Lebensläufer...nu los, jetzt der Fred zum Ruhrgebiet...wegen der Fairnes Ost zu West und umgekehrt.

[quote=Vierkrug|
Nachtrag: im neuen Kraftwerk wird schon noch Braunkohle verbrannt...[/quote]
Wir haben nicht davon gesprochen, das Pumpe stinkt - sondern Pumpe riecht - in Anlehnung an die Pafürmerie Nichts da mit dem Duft der Frauen. Es waren die Duftnoten von Phenolen u.a. chemischen Verbindungen die im Rahmen der Veredlungsprozesse besonders in der Kokerei und im Gaswerk trotz damaliger hochmoderner Filter- und Reinigungsanlagen entwichen.
Bei ungünstigen Wind- und Inversionswetterlagen zogen diese Duftschwaden bis nach Cottbus - Hoyerswerda ohnehin. Ich brauchte mindestens 2 Jahre, um mich an diesen Duft zu gewöhnen. Meine Frau Thüringerin aus Saalfeld, die noch dazu bei Eisleben im Mansfeldschen geboren war, hatte da weitaus mehr Probleme. Besonders wenn Waschtag angesagt war und der Wind den feinen Kohlenstaub in die Stadt hinübertrug.
Eingaben und Proteste gab es wenig, da die Beschäftigten aus Pumpe vorrangig in Hoyerswerda, Spremberg und Cottbus wohnten und auch die Probleme kannten. Es gab zahlreiche Maßnahmen in den Plänen Wissenschaft und Technik, wie auch zielgerichtete Umweltschutzmaßnahmen, um Milderungen herbei zu führen und die Ursachen gänzlich auszuschließen. U.a. bei den Teerabsatzbecken, der Entphenolung. Besonders die Umweltbelastungen durch die Entphenolung wurde durch den Einsatz der mikrobiologischer Elemente - u.a. phenolverzerrenden Bakterien erheblich gemindert. In den Kraftwerken wurden Rauchgasentschwefelungsanlagen installiert.
Das neue Staubdruckvergasungsverfahren konnte eine fast vollständige energetische und stoffwirtschaftliche Verwertung der eingesetzten Rohbraunkohle, auch die stark salzhaltige des zweiten Lausitzer Flözes gewährleisten. Höchste Effizienz gekoppelt mit Umweltfreundlichkeit. Das war die Zukunft, die aber nicht mehr umfassend zum Tragen kam.
In anderen Standorten, wie Zwickau, Magdeburg, Espenhain, Böhlen und Lauchhamer sah es hinsichtlich Umweltsünden weitaus schlimmer aus. Aus meiner Sicht und auch oftmals intern diskutiert, hätten diese Betriebe entweder umfassend rekonstriert und modernisiert werden oder geschlosssen werden müssen. Es gab ja die Gedanken und Überlegungen, dass in den Großkombinaten die Selbsterwirtschaftung der Mittel - ein Kerngedanke der NÖP - eingeführt werden sollte. Bei der Monopolstellung, die das GSP in der Grundstoffindustrie, wie auch in der Kohle- und Energiewirtschaft der DDR hatte kein so schlechter Gedanke. Man hätte dann selbst entscheiden können, wo man noch saniert und rekonstruiert und wo nur noch die Schließung das Übel beseitigt. Das hätte zugleich erhebliche Konsequenzen für den Arbeitsmarkt der DDR gehabt. Es hätte zu einer gewaltigen Umverteilung geführt, wie damals beim Aufbau des Stammbetriebes, wo es regelrechte Völkerwanderungen innerhalb der DDR gegeben haben soll. Deshalb war Hoywoy nicht nur ein Schmelztiegel der Dialekte, die in der DDR gesprochen wurden.
Die Schriftstellerin Brigitte Reimann beschreibt diese Situation sehr gut im ihrem Roman "Franziska Linkerhand". Und Gundi Gunderman hat mit seinen Liedern auch immer an das Umweltgewissen gerüttelt.
Soweit erst einmal.
Vierkrug[/quote]
Hallo Vierkrug,
Auch in Lauchhammer gab es "Biotürme". Die stehen sogar heute noch.
http://de.wikipedia.org/wiki/Biot%C3%BCrme_Lauchhammer
Da ich im Bezirk Cottbus aufgewachsen bin, störte mich der Geruch nicht so sehr. Man hatte sich daran gewöhnt. Durch die Filteranlagen wurde es aber auch besser. Wir hatten Klassenfahrten nach Schwarze Pumpe und Boxberg. Daher kenne auch ich Schwarze Pumpe von innen. Es gab Licht und Schatten. Damit wurde auch ganz offen umgegangen, und wir konnten nach dem Betriebsrundgang Fragen stellen - auch zum Umweltschutz.
Im Vergleich zum Industriegebiet Halle/Saale-Merseburg lebten wir doch noch recht angenehm.
Viele Grüße,
Kurt

Noch einmal zu technisch-technologischen Aspekten der Wärme-Kraft-Kopplung im Stammbetrieb des GSP.
Durch die Blockfahrweise und Prozeßdampfnutzung wurden die Prozeßdämpfe in den Druckstufen 38 at, 17,5 at und 5 at den Veredlungsprozessen in den Brikettfabriken, der Kokerei und dem Druckgaswerk, wie auch den peripheren Hilfs- und Nebenprozessen zur Verfügung gestellt. Entscheidend dafür waren die 6 x 50 MW - EGT´(Entnahme-Gegendruckturbinen) im Kraftwerk Mitte und die 2 x 50 MW - EGT im Kraftwerk Ost. Die 4 x 25 MW Turbinen im Kraftwerk West, wie auch die 4 x 100 MW Turbinen in Kraftwerk Ost waren nicht auf EGT-Basis - der Abdampf dieser Turbinen wurde jedoch noch für die Wärmeversorgung der betriebseigenen Gewächshäuser genutzt, wie auch der Restdampf aus den anderen technologischen Prozessen über Wandlersysteme zur Fernwärmeversorgung der Gemeinde Schwarze Pumpe und der Städte Hoyerswerda und Spremberg beitrugen. Hier noch einmal das Blockschema des Stammbetriebes
Vierkrug

Hallo,
@ Vierkrug, ist Dir noch in Erinnerung, wann man mit Rauchgasentschwefelung begann und welche Verfahren erprobt und ggf. eingesetzt wurden?
Im Bereich der Kohlechemie war die "Pumpe" offensichtlich weltweit führend.
Die VR China und Indien reißen sich im Zeitalter der Erdölknappheit um die damaligen technischen Verfahren, so ging schon durch die Medien, daß in der VR riesige Anlagen für das Fischer-Tropsch-Verfahren zur Kohlehydrierung im Bau seien.
Ist bekannt, wie die damaligen Patente nach der Kehre verwertet wurden? Gingen sie alle an Vattenfall?
Als die BSE-Hysterie auf dem Höhepunkt war und sämtliches Tiermehl der Abdeckereien vernichtet werden mußte, ging durch die Medien, daß aus einem Großteil der Tiermehlbestände in einem Werk des ehemaligen Kombinats u.a. Biodiesel produziert wurde.
Die damals entwickelten Verfahren eignen sich großenteils zur Verwertung von Biomasse und auch von vorbehandeltem Restmüll, daher kann man als sicher ansehen, daß sie weltweit massiv an Bedeutung gewinnen werden.
Grüße aus Hessen

@damals wars - Bei den Kraftwerken war Anfang der 1980er Jahre zunächst eine Verminderung der Schwefeldioxid-Emissionen durch Kalkzugabe zur Rohbraunkohle vorgesehen (auch Trocken-Additivverfahren genannt). In diese Richtung liefen auch technischen Überlegungen, die dann beginnend 1983 in den Kraftwerken in Schwarze Pumpe schrittweise umgesetzt wurden. Endprodukt der RGE (Rauchgasentschwefelung) war dann Gips, den man dann der Baustoffindustrie hätte zuführen können.
Vattenfall hat ja dann nach Wende ein komplett neues 800 MW-Kraftwerk (2 x 400 MW) in der Höhe der Rohkohlebunker West und Ost errichtet.
Die Entschwefelung des Schwelgases in den Schwelereien Espenhain und Böhlen erfolgte nach dem Pottascheverfahren.
Kohlechemie - ja, da waren wir in vielen Bereichen weltführend. Die Zukunft lag aber eindeutig bei der Überführung des neuen Vergasungsverfahrens aus der großtechnischen Erprobung in der 30 Tonnenanlage in die sogenannte großindustrielle Verwertung. Mit der GVA (Großversuchsanlage) konnte jede beliebige Kohlesorte auf dieser Welt einer hocheffizienten energetischen und stoffwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Neben Gas war das Hauptnebenprodukt Methanol, welches nicht nur für Kraftstoffgewinnung von Bedeutung war, sondern zugleich Ausgangsprodukt für weitere chemische Synthesen.
Dieses Staatsplanthema höchster Priorität, weckte Begehrlichkeiten. Deshalb war es für mich verwunderlich und teilweise auch unverständlich, dass sich westdeutsche Chemiegiganten nach der Wende nicht für dieses Verfahren interessierten. Die GVA erwarben die Berliner Wasserwerke, die diese Anlage anfänglich als Müllverbrennungsanlage nutzten. In den Braunkohleabbaugebeiten in NRW verfolgte man weiterhin den Weg der Kohleverstromung. Wahrscheinlich waren die Investitionskosten damals zu hoch., wer weiß. Jetzt, im Angesicht der sich verknappenden zugriffbereiten Erdölressourcen auf der Welt, besinnt man sich wieder dessen.
Die damaligen Patente gingen nicht an Vattenfall. Die Patentinhaber, renomierte Forscher und Wissenschaftler des Brennstoffinstitutes Freiberg (wissenschaftliche Einrichtung des Gaskombinates), der Bergakademie Freiberg, wie auch Verfahrenstechniker aus dem Kombinat, sind heute gefragte Leute auf dem Markt, wenn es um die industrielle Großanwendung dieser Verfahren geht. Jetzt sicherlich auch verständlich, dass Dr. XYZ, Dr. ABC, usw.usf. gesondert gesichert wurden. Sie wußten es und es entstanden daraus teilweise auch persönliche Freundschaften.
Es war u.a. vorgesehen, dass die DDR, beginnend ab Herbst 1990 im Raum Harbin (VR China) beim Aufbau eines gewaltigen Druckgaswerkes mit nachgeschalteten stoffwirtschaftlichen Prozeßstufen, nicht nur verfahrenstechnische Hilfe leisten sollte. Mein "Einsatz- und Marschbefehl" war auch schon von beiden Seiten bestätigt gewesen.
Die Kohlehydrierung auf der Basis des Fischer-Tropsch-Verfahrens, spielte in Schwarze Pumpe nicht die entscheidende Rolle. Es war ja das Verfahren, welches die Nazis hinsichtlich der Großproduktion von synthetischen Kraftstoff favorisierten und das besonders im Synthesewerk Schwarzheide von Bedeutung war. Das Problem bei diesem Verfahren sind die enormen CO2 - Freisetzungen, die wiederum technische Lösungen mit hohen Kosten erfordern. Die Chinesen sind anscheinend dazu bereit.
Ich verfolge die Entwicklungen auf diesem Gebiet auch noch - auch wenn es nicht mehr mein Arbeitsgebiet ist. Aber man kommt davon auch nicht mehr los.
Vierkrug

Hallo,
vielen Dank für Deine aufschlußreichen und interessanten Beiträge!
Da zeigt sich wieder einmal, daß unsere Wirtschaftslenker nicht weiter denken als von Zwölf bis Mittag. Jetzt werden die Chinesen zeigen, wie's geht. Und von den Medien wird es dann als brandneu gefeiert.
Fischer-Tropsch ist zugegebenermaßen etwas o.T., das Verfahren dürfte nicht nur für Pumpe, sondern für die DDR an sich nur von geringem Interesse gewesen sein, da gasarme Kohlen hier kaum eine Rolle spielten und sämtlicher Koks für die Hochöfen gebraucht wurde. Anders in China und Indien, die große Vorkommen an gasarmen Kohlen besitzen.
Eine Kleinigkeit: @ damals wars und ich sind zwei verschiedene Personen, wir werden öfter verwechselt. Noch schwieriger ist es bei @ MajorTom und @ Major Tom, da macht nur der Zwischenraum den Unterschied.
Grüße aus Hessen
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