Forum DDR Grenze- DDR Zeitgeschichte Online » + » Flucht und Fluchtversuche an der innerdeutschen Grenze und Berliner Mauer » Flucht in den Osten
Eine Flucht in den Osten, vor 25 Jahren
Vorwort:
Wir lernen die verschiedensten Meinungen und Aussagen aus dem Leben hier in Forum kennen. Es scheint nicht aufhoeren zu wollen, was die Menschen sich alles noch von der Leber reden wollen. Die Lebenswege der Aelteren nach 1945 und auch die Lebenswege der spaeteren Generationen werden hier beschrieben, die sich pro und kontra der deutschen Teilung in Ost und West und zum Leben in der DDR und der BRD aussprechen. Einmal sind es erhitzte Diskussionen bis zu Beschimpfungen, und dann sind es gute Gespraeche und Wissen, und auch Interessantes ueber Kindheitsgeschichten und das Aufwachsen in den verschiedenen Systemen, Problemchen, mit denen wir uns auseinandersetzen hier.
Die deutsche Teilung bestand ueber Dekaden und war der Mittelpunkt des Geschehens in Ost und West im Kalten Krieg, in dem die Deutschen am allerwenigsten zu sagen hatten, als sich die Grossmaechte als Besetzer offen – aber sich geheimdienstlich bekaempften, in der Welt der Codes, der Geheimschriften, der verschluesselten Nachrichten und mit bestimmten Waffen, die zwar leise, aber oftmals toedlich waren. Die Menschen, die aus welchen Gruenden auch immer in diese Geheimdienste gerieten, und sich in diesem Metier bewegten und gleichzeitig sich in einem voellig normalen Leben befanden, hatten meist keine andere Wahl als zu ‘funktionieren’, um nicht alles zu verlieren. Auf der anderen Seite gaben sie alles um fuer ‘ihre Sache’ auf beiden Seiten zu arbeiten. Damit bemaechtige ich mich des Wortes meines lieben Freundes Turtle, ‘funktionieren’. Ein Wort das schon sehr gut zutrifft. Aber, muessen wir das auch nicht im Berufsleben?
Das Privatleben blieb oftmals auf der Strecke, gerade am Ende von langen Jahren der Anpassung an ein ungeliebtes Leben in der Fremde.
Dafuer, dagegen, fragend in diese Welt der Geheimdienst hinein horchen, so schauen die Menschen frustriert oft auf ein Metier, das gehasst und faszinierend zugleich ist. Ob auf den Meeren, in den tiefsten Provinzen des Feindes oder sich offen in einem ‘normalen’ Leben tummelnd, das Metier ist heute noch im militaerischen, wirtschaftlichen und in den verschiedenen Sektoren des privaten Bereichs zu finden und gerade heute nicht wegzudenken in dieser unruhigen Welt, das weit entfernt ist von Frieden und Freiheit. Die Starken dieser Welt moechten stark bleiben und verteidigen ihre Interessen auf vielfaeltige Art und Weise. Das war nicht nur im Kalten Krieg, das ist heute genauso.
Hier eine Fluchtgeschichte aus diesem sogannten Kalten Krieg, der oftmals heisser war, als viele Menschen glaubten.
Meine Flucht in den Osten.
Diese Flucht habe ich in der ‘Die Englische Dewushka’ ausfuehrlich beschrieben. Parallel dazu habe ich Peter’s Flucht mit meiner Flucht in allen Einzelheiten beschrieben, als wir das Buch ‘Die (un)Geliebte Genossin’ zu Papier brachten.
Diese Nacht ist mir so klar noch in Erinnerung als wenn es gestern passierte. Ich bin vor einigen Tagen 25 Jahre zurueckgegangen und werde diese Flucht mit einigen neuen Worten aus heutiger Sicht beschreiben, deshalb aendert sich die eigentliche Flucht und was dabei passierte ueberhaupt nicht. Meine Loyalitaet zur SU und Muetterchen Russland, zu den Menschen, die keine Grenzen in ihren Herzen haben, ist trotz meiner Verluste in einer Zeit, in der sich die Sowjetunion transformierte, unveraendert geblieben, ist wahrscheinlich trotz allem noch staerker, davon kann Turtle Peter ein Lied singen. Und das ist ihm nicht nur bekannt.
Heute bitte ich nicht mehr um Verstaendnis fuer meine Einstellung, aber ich wage immer wieder zu wiederholen, wenn ich sage, was ich immer sage: Versucht nicht, den anderen Menschen zu veraendern, sondern versucht, diesen Menschen zu verstehen. Jedes Leben ist anders, jeder Mensch hat eine Geschichte. Das haben Peter haben versucht und es geschafft uns zu verstehen, auch bei aller so politischen Gegensaetzlichkeit, die in vielen Bereichen so unterschiedlich nicht ist. Erst in der letzten Woche gab es heftige Worte zwischen uns. Manchmal geht es mir nicht gut, er ist sicher einer der verstanden hat in meinem Fall. Und deshalb wird unsere Freundschaft durch nichts zerstoert werden koennen. Ich danke Dir von Herzen mein Peter.
Genau vor fuenfundzwanzig Jahren bemuehten sich Aerzte in einem Krankenhaus um mich, nachdem ich an dieser Systemgrenze aufgefunden wurde zwischen Buechen und Schwanheide, nachdem ein Tauziehen um eine Englaenderin, die nach Moskau wollte, von Bundesgrenzschutz und Grenzern der NVA stattgefunden hatte. Mein Prozess fand 1990 statt, danach bin ich wieder ausgebuechst und in die noch bestehende SU gegangen. Ja, ich lebte auch in der Zwischenzeit zehn lange Jahre in den USA. Wie mein Verteidiger voraussagte, mit mir wird es nicht langweilig.
Diese bestimmte Region bei Buechen/Schwanheide, habe ich erstmalig mit meinem Freund Peter, vor zwei Jahren wieder aufgesucht. Er war ein angenehmer Begleiter, der verstand, was in mir vorging, als ich versuchte, diesen vor fuenfundzwanzig Jahren beschrittenen Weg noch einmal zu begehen. Die Schnellzuege und ICEs, nunmehr mehrere Schienen nach Ost und West, nahmen mir die buchtaeblich Luft. So viel hatte sich veraendert.
Turtle war bereits zuvor bei einem Treffen der Grenzer an der Staette seines ‘Grenzuebertritts’ als Republkikfluechteriger nahe Boizenburg gewesen. Er kannte mich und meinen Lebensweg zu der Zeit. Er sagte mir, dass er ueber das weite offene Land geblickt haette, und es ihm sehr nahe gegangen sei, als er an seine, aber auch an meine Flucht denken musste.
Ein bestimmter Gedanke liess ihn nicht los. Nie zuvor hatte er jemals einen Gedanken daran verschwendet, dass jemand vom Westen kommend, mit aller Absicht versuchen wuerde, diese Grenze in Richtung Osten zu ueberwinden. Und dass ausgerechnet er als Republikfluechtiger diese Frau kennenlernen wuerde.
Vieles hat sich in der Kleinstadt Buechen seither veraendert, sicher wie in vielen anderen Staedten und Doerfern entlang der ehemaligen Demarkationslinie. Wir sassen zunaechst gegenueber dem neuen Bahnhof und tranken Kaffee, es war schon ein eigenartiges Gefuehl in mir, erstmalig wieder an Ort und Stelle zu sein. Ich hatte es bislang vehement vermieden, bestimmte Orte in der ehemaligen DDR aufzusuchen, die nichts als quaelende Erinnerungen brachten. Ich erkannte nichts wieder in Buechen und war ein wenig hilflos. Deutschland war mir ueberhaupt nach der RF und den USA fremd geworden. Bereits als Kind gab ich mir freundliche Muehe diesem Land und den Menschen naeherzukommen. Diese Muehe wurde regelrecht von einem Vater in seiner braunen Wut herausgeschlagen und so entwickelte sich die Bestie in mir, ein hochrangiger Trotzkopf, von dem meine Richter sagten, mein Leben passe wie ein Schluessel zum Schloss der Doppelagententaetigkeit. Ich selbst verabscheue dieses Wort. Ich habe fuer die Sowjetunion gearbeitet und lediglich 'westliche innerdeutsche' Informationen westlicherseits weitergegeben.
Schnellzuege und ICE’s rasen in Richtung Osten und Westen auf mehreren Schienenstraengen. Es gibt Unterfuehrungen und einen neuen Bahnhof. Erst spaeter auf dem Bahnhof erkannte ich das alte kleine Bahnhofsgebaeude. Es war der letzte West-Bahnhof vor dem DDR Bahnhof Schwanheide mit einem zusaetzlichen Kontrollpunkt. Ich liess es aus, den gesamten Weg und an die Stelle zu gehen, wo ich fast mein leben verlor. Es waere auch ein unmoegliches Unterfangen gewesen.
Das ‘Eckgebiet’, zickzack verlaufend eben wegen der Eisenbahnlinie nach Schwanheide, ein abgeschiedenes Niemandsland damals, war zum groessten Teil Waldgebiet. Auf freiem Feld hinter alten Schlagbaeumen, die damals die erste Linie von 1961 markierten, waren Ende der 70iger Jahre wegen neuer Zaeune und Grenzanlagen, Mienen und anderen Hindernissen geraeumt worden. Es lag bei meiner Flucht noch alter Schutt und Stacheldraht in einem Waldgebiet und auf dem freien Feld im Niemandsland, das von einem kleinen Wasserverlauf durchquert wurde. Meine Flucht wird, wie verlaufen, in Gerichts-Unterlagen sowie dem med. Gutachten beschrieben. Diese jedoch wurde aufgrund verschiedener Umstaende und wegen der Mitwirkung von gewissen Institutionen der BRD vertraulich, ‘amtlich geheim’ behandelt. Im Grunde unter den Tisch gekehrt, so koennte man es einfacher sagen.
Einen solchen Vorfall durfte es nicht geben und schon gar nicht im Rechtsstaat im Zusammenhang mit einer staatlichen Institution. Aber auch der Rechtsstaat kennt seine unbaendigen Kinder der Geheimdienste, die Handlungen vornehmen oder nach ihren eigenen Kritierien die Dinge auslegen und eigene Handlungen vornehmen; das war nicht nur im Osten der Fall.
Nach meiner Verhaftung musste ich vor diesem westlichen Geheimdienst beschuetzt werden auf westlichem Grund und Boden. Nicht nur aufgrund dieses Vorfalles an der Grenze wurde ich wie ein rohes Ei behandelt. Ich arbeitete anfangs fuer das Amt fuer Politische Delikte in Bremen und anderen Staedten. Hatte bereits damals Kontakte zu meinem KGB Anwerber. Etwas spaeter kam ich zu einem westlichen Geheimdienst. Nach dem Prozess 1990 wurde mir jedoch von westdeutscher Stelle ‘nahegelegt,’ bzw. streng verboten, nichts, aber auch nicht ein Wort niederzuschreiben ueber meinen ‘gesamten Fall’, insbesondere auch nicht ueber meine Arbeit fuer den Westen. Zu meiner Arbeit fuer den Osten habe ich nie ausgesagt, allenfalls Peanuts. Zu dem o.g. Kommissariat habe ich bislang nur wenig beschrieben im Zusammenhang mit der Arbeit gegen Fanatiker, welche die Welt auf den Kopf gestellt haben inzwischen. Mein damaliger Chef war traurig, dass ich weitergereicht wurde und sagte spaeter als ich ihn besuchte, ‘ich haette Dich gerne bei mir behalten’. Es war damals schon zu spaet, das sagte ich ihm auch.
Ich habe erstmalig ueber diese Flucht 22 Jahre spaeter, im Jahre 2010 geschrieben. Im Verlaufe eines regelrechten Auskotzens meines Lebens, gehoerte diese Nacht an der deutschen Grenze dazu. Ich bekam die Moeglichkeit zu schreiben in den USA, obwohl ich mir sicher bin, dass die Menschen dort nicht freier sind als in Europa oder anderswo. Freiheit, ein grosses unfaehiges Wort! Ich wurde beschuetzt von einem Ehemann der 27 Jahre in der US Army diente und hochdekoriert war im ‘Kampf gegen den Kommunismus’. Unglaublich aber wahr. Er diente u.a. in Berlin und ging in den Endvierzigern ein und aus in der Sowjetischen Kommandantur als junger Verbindungsoffizier. Die Mauer hat er nie erlebt. Er wurde nach Korea und spaeter nach Vietnam versetzt.
Ja, zwischen den Fronten - von Geburt an und bis ins Alter. Mein US-Ehemann wusste alles von mir, er liebte mich als Mensch und hat mit mir gelitten, wenn wieder einmal die Narben meiner Verluste brannten. Mein loderndes Feuer fuer die Sowjetunion, Muetterchen Russland blieb - das Land und die Menschen werde ich auch weiterhin vehement in meiner Lebenseinstellung als Kommunistin verteidigen. Aber mein Amerikaner war bereit, im Jahre 2011 mit mir nach Berlin zu fahren und die Genossen kennenzulernen. Und diese freuten sich auf ihn, und er auf diese Maenner. Sie wollten ihn durch Berlin fahren mit einem mit DDR Flagge ausstaffierten russischen Fahrzeug. Er hatte nur einen Einwand, seine Old Glory, die US Flagge, sollte daneben haengen. Ich habe noch keinen friedfertigeren Menschen kennengelernt im Leben. Leider starb er vor dieser Reise. Waehrend meines zehnjaehrigen Aufenthalts in den USA als ehemalige Staatsfeindin war ein Waffenstillstand aus ganz persoenlichen Gruenden gegeben.
Ich hatte zu hoch gepokert und weiss sehr wohl, dass ich an meinem eigenen Dilemma beteiligt war, da ich nichts von meinem Leben und damit vom Kind und dem Ehemann im Osten bekannt war. Es gibt immer einen gewissen Stolz in diesem Katz und Maus-Spiel, in dem besonders die sowjetischen Agenten dafuer bekannt sind, dass diese bis zum bitteren Ende und darueber hinaus nicht aussagen, gleichgueltig welche Verluste sie wissentlich damit hinnehmen. Eine Aussage meinerseits haette die Probleme nicht mehr beseitigen koennen. Die Loyalitaet fuer die Sowjetunion habe ich vor allem gestellt, immer. Paradoxerweise, haetten nur meine Kameraden auf westlicher Seite meine persoenlichen Verluste im Osten verhindern koennen. Am Ende aber gaben sie sich ueber meinen Kopf hinweg die Peitsche gegenseitig. So ist das Leben, und fuer gewisse Handlungen im Leben gibt es keine Erklaerungen. Ich muss mir nichts sagen lassen. Ich muss damit fertig werden. Dieses fand alles zu einer Zeit statt, in dem Perestroika und Glasnost voellig unbekannt waren, bzw. sich gerade in den Kinderschuhen befanden. Und in der SU wurde aufgeraeumt.
Uebertritte von Agenten an den fuer sie geeigneten und vorbestimmten Stellen auf dem Lande oder in den Doerfern und Staedten an der Systemgrenze waren normal, in denen diese Agenten und Kundschafter aus und wieder in die DDR eingeschleust wurden, das galt auch fuer SU Woelfe, die auch von der DDR aus in die Welt gingen um Auftraege zu erledigen oder sich unerkannt unter dem Klassenfeind mischten in der westlichen Welt.
Meine Flucht war so nicht geplant oder zu einer bestimmten Zeit manifestiert, wie bei den Uebertritten problemlos in den Jahren zuvor geschehen; Es war im Grunde nicht eine Flucht in die DDR, sondern fuer mich in den sicheren Zwischenhafen, aber eben in den Osten.
Ich weiss um die Pein und um die Fehler im System der DDR, die die Menschen veranlassten, ihre geliebte Heimat zu verlassen. So weiss ich von Peter, dass er nie seine Heimat und Familie verlassen wollte, er wollte sich aber dem Sozialismus nicht beugen und suchte ein neues leben im Westen. Wollte wissen wie viele andere 'wie es war im Westen'. Ueber die Mankos des Systems und auch die der kapitalistischen Systeme wird hier eingehend im Forum gesprochen.
Ich habe lange hin und her ueberlegt. Aber Geburtstage sollte man feiern, auch meine Flucht gehoert zur Geschichte dieses Forums, und damit zur Geschichte dieser Grenze.
Flucht in den Osten
7. Maerz 1988. 8.30 Uhr. Mit dem Kameraden ‘M’ telefoniert. Einmal er, einmal ich aufgelegt. Ich versuche nochmals ihn zu erreichen. Es kommt kein vernuenftiges Gespraech mehr zustande. Ein drittes Gespraech verlaeuft weitaus haesslicher. Es ist vorbei. Die wiederholte Ankuendigung, er wuerde zum Staatsanwalt gehen, muss ich Ernst nehmen, kann ihn nicht mehr beruhigen. Er verhoehnt mich, als ich immer wieder beteuere, es ginge nicht mehr um mich.
Ich habe wieder die ganze Nacht nicht geschlafen. Es bleibt mir nix anderes uebrig als zu tuermen. Ich war immer ein Familienmensch in jungen Jahren, was wuerde ich heute dafuer geben, an diesem Tag alleine auf der Welt zu sein. Ich bin es nicht. Alleine war ich ‘im Feld’ immer, getrennt ueber Monate und Jahre von denen, die ich liebte. Immer waren sie entfernt, und doch mit im Spiel, diese Privatleben in Ost und West. Es ist zu spaet. Ich habe es in den letzten Wochen versucht zu reden, es kam nichts dabei heraus, als das ich den westlichen Kameraden sagte, ‘ich bin nicht alleine auf der Welt’. Und heute, so weiss ich im Nachhinein, haben sie lange gezoegert, und immer wieder versucht, mich ins Boot zu holen. Sie bearbeiten mich schon seit Wochen, ich soll mich in ihre Haende begeben und auspacken, wenn sie mich den Amis uebergeben, wuerde es weitaus unangenehmer werden, sagen sie. Ich war nicht imstande mich zu oeffnen, und nun gibt es keine Nachsicht mehr von ‘M.’
Ein letztes Gespraech mit diesem mir ueblicherweise gut gesinnten Westbeamten und einem Beamten der CID Bremerhaven ergibt, dass ich auf verlorenem Posten stehe. Mein Spiel ist erkannt, und sie wissen, dass ich sie nach Strich und Faden hinter’s Licht gefuehrt habe. Wichtig ist fuer sie, dass ich erst auspacke. Die nette Tour hat bei mir nicht gewirkt, auch dem nachfolgenden Druck habe ich bislang standgehalten. Wie lange versuchen sie, mich in den Osten zu schieben, und merken nicht, dass ich der Sowjetunion verpflichtet bin, mit Haut und Haaren und mit einem vollen Herzen, das nur fuer das Mutterland schlaegt. Eine furchtbare Blamage und ein Schlag ins Gesicht sind die Tatsachen, die sie nun erfahren muessen. Weiterhin bitte ich letztmalig um Nachsicht, sage immer wieder, es geht nicht nur um mich. Das interessiert nicht, ganz klar. Er lacht, hat keine Gnade, bruellt mich am Telefon an. Ich muss einsehen, meine Bitten um Gehoer im privaten Bereich sind aussichtslos. Blanke Angst fuer meine Familie im Osten setzt ein, mit Verraetern wird kurzer Prozess gemacht. Mein Mann ist gleichzeitig mein FO. Kann nicht mehr klar denken, sitze zwischen einem Felsen und einem grossen Stein. Ernsthaft ueberlegt habe ich damals, der Familie von 'M' etwas anzutun, und noch bevor ich tuerme, ihn kaltbluetig umzulegen. Er sollte auch den Schmerz fuehlen. Dieses Ansinnen war spaeter noch schlimmer als meine Verluste sich bewahrheiteten.
War ich auch vorher dem Mutterland treu ergeben, ich war Englaenderin, zum Teil in Germania grossgeworden, und unter den Fittichen der westlichen Geheimdienste im Osten zu einer Kommunistin avanciert, die hart und ohne Ruecksicht auf Verluste agierte. Sie haben es nicht bemerkt, haben mich ganz eindeutig unterschaetzt. Das war die Quittung fuer die westliche Ueberheblichkeit. Selbst kleinere Verdachtsmomente wurden abgetan mit: “Du gehst doch nie nach drueben, lach lach….” Ich war schon laengst ‘drueben’ und im Mutterland zuhause, hatte dort eine Familie, fuer die ich Verantwortung trug. Die Quittungen fuer mein Tun, es sind mehrere, bekam ich in der Endabrechnung. Vor dem was mir haette zustossen koennen, daran verschwendete ich keinen Gedanken. Es bleibt mir einzig und allein noch einen letzten Hilferuf an die FOs zu senden, in der Hoffnung, dass dieser rechtzeitig ankommt. Wie ich spaeter erfuhr, kam dieser an, nur zu spaet.
Ich bin stark angegriffen in seelischer Hinsicht. Die Jahre, in der ich dieses Labyrinth trotzte, die Pflicht, die unglaublichen Anstrengungen, nicht erkannt zu werden fordern Tribut.Trotzdem bereite ich einiges vor, tue das, was ich tun muss, bringe mechanisch einiges in Sicherheit, das zu meinem Leben gehoerte. Das Sparbuch und diverse Zettel an den guten Nachbarn, der diese an die Tochter uebergeben soll. Die Menschen um mich haben absolut keine Ahnung, welcher Teufel hinter den warmen braunen Augen der netten kleinen Frau verborgen ist. Zielgerichtet geht es durch die Hintertuer der Tiefgarage in eine kleine enge Seitengasse des Hauses, diese kennen nur die Bewohner des Hauses, und ist abseits der Fussgaengerzone vorne, wo zwei leger aussehende Typen bereits seit einigen Tagen und den fruehen Morgenstunden an diesem Tag, das Haus nicht aus dem Blick lassen und sich ziemlich gelangweilt der Haupteingangstuer widmen. Ich merke, dass ich nicht alleine bin, als in den Zug Bremen - Hamburg steige, schuettele auf dem Hamburger Hauptbahnhof einen juengeren Verfolger ab, der sicher nur beobachten und informieren soll. Die Jungs im Westen kennen die Richtung in der ich gehen werde. Der Kontrolleur verhielt sich zu auffaellig im Zug, ging zurueck und brachte den Verfolgern die Nachricht, dass ich eine Karte nach Buechen geloest hatte.
Büchen, 17.10 Uhr 7. März 1988. Teile aus ‘Die Englische Dewushka’.
Aus dem Zug gesprungen als dieser aus dem Bahnhof in bewaldetes Gebiet anzog. Das Zuschlagen der Tueren im Ohr, rollte sie die Böschung hinter. Fuer Momente sass sie perplex unten an der Steinboeschung und hielt den Kopf, Schrammen an den Haenden und im Gesicht, die brennen. Noch hat sie keine Ahnung was im Verlaufe der Nacht dazu kommen wird. Entweder alles oder nix kaputt. Schmerz lass nach. „Na, dann formiert euch, nehmt diesen Zug und alle nachfolgenden auseinander, mich werdet ihr vergeblich suchen“, sagt sie sich noch recht zuversichtlich und verdrückt sich rechts der Schienen in östlicher Richtung.
In einem winzigen Kiosk außerhalb des Bahngeländes versorgt sie sich mit einer Tafel Schokolade. Mit einem Mordshunger wird diese verschlungen. Ein paar Glückshormone koennen nicht schaden, sagt sie sich, als sie weiter Richtung Osten durch einsames Waldgelände marschiert. An einer alten, einsam gelegenen Kate kommen Geräusche und Bewegungen von fröhlichen unbekuemmerten Menschen. Larissa geht durch den Kopf, dass sie kaum ein froehliches unbekuemmertes Leben hatte, erst das Leben im Geheimdienst brachte Farbe und auch Freude, und selbst in schweren Tagen eine gewisse Unbekuemmertheit mit sich.
Die Fassaden ihrer Unbekuemmertheit sind jedoch laengst eingefallen. Die letzten Wochen der ‘Bearbeitung’ durch den Westen, sie auf den ‘rechten Weg’ zurueckzufuehren, fruchten nichts. Ein alter baertiger Mann sieht ihr erstaunt nach, als sie vorbei marschiert. Sie erreicht wieder die Bahnschienen, auf denen sie geradeaus weiter geht. Von beiden Seiten bewaldet, führen diese, so weit das Auge blicken kann, mehrere Kilometer bis zum Horizont. Bereits jetzt ist sie müde und durstig. Zirka drei Stunden spaeter, nach einem forschen Fußmarsch sind die Schienen nur noch von dichtem Wald umgeben, der Horizont scheint immer noch so weit entfernt. Larissa setzt sich und denkt über das kranke, zerrissene Land nach, was ihr nicht so recht gelingen will. Es ist ihr völlig gleichgültig, wie krank das Land und die Menschen sind, und sie kommt zu dem Schluss, dass sie selbst ebenfalls nicht gesund ist in ihrem augenblicklichen Zustand. Müde und durstig verwirft sie alle Gedanken und geht weiter, dabei verflucht sie sich selbst, ohne Proviant aus dem Haus gegangen zu sein.
Die Luft ist frostig, aber der Himmel strahlend blau. Ein guter Tag fuer das Leben, auch fuer eine Flucht, denkt sie. Sie ist bereits stundenlang der kühlen Witterung ausgesetzt, als ein Schneesturm aufpeitscht. Ihre Gedanken sind umnebelt, als sie die Folgen der Kälte und Nässe zu spüren beginnt, ihre Beine gehorchen kaum noch und sie verspürt nur noch den Wunsch nach Schlaf. Als sie langsam weiter marschiert, öffnet der Wald sich ploetzlich. In der einsetzenden Dunkelheit kann sie die Bahnschienen verfolgen, und in weiter Entfernung die vermeintlichen Lichter des Grenzbahnhofs erkennen, die sich vor ihren müden Augen mit den Schneeflocken vermischen und auf- und abtanzen. Wieder rafft sie sich auf. Als sich die ersten festen Anlagen der Genossen zeigen, ändert sie die Richtung. Freies Feld, zu gefährlich, um darueber zu marschieren. Es ist noch nicht ganz dunkel, trotz des Schneefalls. Im Schutz des Waldes biegt sie nach Norden ab. Den Zaun am Wachtturm erreichen, bevor die Dunkelheit einsetzt, ist ihre Ueberlegung.
Der erste Zaun der Grenzanlagen taucht plötzlich in der Dunkelheit in etwa einhundert Meter Entfernung links vor ihr auf. „Fast zuhause“, sagt sie sich. Sie schwitzt erbärmlich, trotzdem fühlt sie den kalten Wind, der ihre Kleidung durchdringt und Besitz von ihrem ausgelaugten Körper nimmt. Zwischenzeitlich hat dichtes Schneetreiben eingesetzt, durch das sie den halbrunden Lichterkranz des Grenzturmes nur ganz schwach in der Ferne erkennen kann. Sie fühlt sich plötzlich elend und laeßt sich, fast am Ende ihrer Kraft, auf die schneebedeckte Erde fallen. Als sie nach oben blickt sieht sie, dass sie unter einer alten Eiche liegt, die sich hoch und stark in dunkler Nacht über sie ausbreitet. ,Deutsche Eiche‘, geht ihr nur kurz durch den Kopf. Dann musste sie plötzlich an ihren Nazi Vater denken: ,Deine Tochter ist stark Vater, aber nix deutsche Eiche geworden, wie du wolltest’ sagt sie sich. Sie will nicht mehr an ihn denken. Die harten dicken harten Wurzeln unter sich fuehlend, rollt sie sich muehsam auf die Seite.
In ihrem geschwächten Zustand ringt sie nicht mehr mit einer Entscheidung, die sie bereits vor vor vielen Jahren getroffen hat. Moskau, sie will nach Hause. Sie will weiter, allein fehlt dazu nach vierzehn Stunden, davon acht Stunden Fußmarsch, die Kraft, wobei der Flüssigkeitsverlust ihr arg zusetzt. Sehr genau ist ihr bewusst, was sich in ihrem Koerper los ist, ein gefaehrliches Spiel mit den koerperlichen Kraeften. Ein paar Kilometer sind es nur zu den Genossen, zu einem heißen Tee und einer wärmenden Decke, aber das ist nicht die abgemachte Stelle, sie muss weiter. Bei aller Kampfbereitschaft, die noch in ihr ist, macht ihr die unvorhergesehene Witterung einen tödlichen Strich durch die Rechnung. Ihre Hoffnung, das Ziel zu erreichen, weicht in jeder Minute. Sie hat die Lage falsch eingeschätzt.
Sie kann sich über den Gedanken, dass sie vielleicht bald bei ihrem Offizier und ihrer Tochter sein würde, nur wenig freuen, wenn sie an das zweite gemeinsame Kind denkt, das ihr entrissen wurde. Schmerzlich wird ihr ploetzlich wieder bewusst, dass ausschlaggebende Nachrichten wegen ihrer Flucht laengst vom Westen in den Osten gelangt sind. Nachrichten die keinesfalls zutreffen, stets war sie der Sowjetunion treu, aber Nachrichten, die dort Auswirkungen bedeuten, die nicht wieder gutzumachen sein werden. Davor haben die westlichen Geheimdienste sie ganz besonders in den letzten Wochen gewarnt…… ‘ein paar Nachrichten von uns werden Deine Kameraden da drueben nicht moegen, eine Luege, eine Aussage wird reichen.’ Ein haessliches Spiel am Ende.
Als sie im Wald liegt in Eis und Schnee, will sie nicht mehr denken, aber immer wieder kommen diese Gedanken zurück. ,Ich habe getan, was ich konnte, meine Loyalitaet kann keiner anzweifeln, trotzdem ich meinen eigenen Weg teilweise gegangen bin fuer die Sache – einfach aufgeben wäre zu einfach, nein, das hätte weder zu mir noch zu diesem verfluchten geteilten Deutschland gepasst.‘ Körper und Hirn wollten schlafen und sie zieht es aufgrund ihres Zustandes vor, im Niemandsland zu bleiben, bis die Genossen auftauchen.
Die leere Wodkaflasche war ihr zuhause in die Hand gefallen, als sie nach einem Gefäß für die Tablettenmischung suchte. In der Flasche ist nur wenig Fluessigkeit, es hat sich ein dicker grauer Satz aus Medikamenten gebildet, darüber ist ca. 2 cm Wasser, klar wie einst der gute Stolitschnaja der sich darin befand. Diese Flasche ist eine von ihr geplante Taeuschung, sollte etwas schiefgehen. Vorsichtig hebt sie die Flasche an die Lippen und versucht, vom klaren Wasser zu trinken. Den westlichen Kameraden so richtig fest in den Arsch treten zum Abschluss, das will sie, wenigstens das noch. Ihr leerer Magen macht einen Sprung, sie dreht sich auf den Bauch, würgt nur noch Galle hoch. Sie versucht, an heißen Tee zu denken. Mit Sicherheit ist der Mix nicht tödlich, wird aber, so hofft sie, vielleicht ihre Kopf- und Gliederschmerzen lindern. Sie will weder sterben noch sich Schaden zufügen, nur nach Hause. ‘M’ schaden, auf Teufel komm raus, ihm was anhängen, das ist ihr Ansinnen – was nichts Neues im Gewerbe bedeutet, aus Freund wird im Handumdrehen Feind. Mal die Katz, mal die Maus. Er ist schließlich dabei, eine Hetzjagd auf sie zu veranstalten, sein gutes Recht. Mit dem Rücken zur Wand muss sie erstmalig seit Jahren an ihren eigenen Arsch denken, und sie laesst es sich nicht nehmen, sich hart zu wehren.
Das rote Etikett der russischen Wodkaflasche aus vergangenen Zeiten verschwimmt vor ihren Augen und sie nickt für eine kurze Weile ein. Als sie die Augen aufschlaegt, ist sie von einer zehn cm dicken Schneeschicht bedeckt. Der Wind pfeift in die Dunkelheit des Waldes hinein. Die Leuchtziffer ihrer Uhr zeigt an, dass mehr als vier Stunden vergangen sind, in denen sie in der Kälte gelegen hat. Der letzte Verstand sagt ihr, dass die Lage gefährlich wird fuer ihren ausgemergelten Koerper, als sie durch Schnee und Wind einen Zug kommen hoert. Rechts von ihr kann sie durch die Bäume sehen, wie dieser langsamer wird um nur noch im Schritttempo in die letzte Station einzufahren. Die roten Schlusslampen verschwinden im Schneesturm, als der letzte Waggon rumpelnd vorbeizieht. Ihre Glieder kann sie kaum noch fühlen, aber es gelingt ihr, sich aufzurichten. Parallel zum freien Feld vor den Grenzanlagen laeuft sie schwankend über den holprigen Waldboden weiter, als sie plötzlich vor einem kleinen Bach steht. Ungläubig starrt sie auf den mitten im Bachverlauf befindlichen Betonpfosten, der mit einem kleinen, aber nicht übersehbaren Schild der bürokratischen BRD versehen ist. Im Schein ihrer Taschenlampe liest sie: „Die Grenze verläuft in Bachmitte“. Larissa wiederholt diesen Satz, von Menschenhand auf einem Schild in die Natur gesetzt, immer wieder. „Die Grenze verläuft in Bachmitte.“
Welch ein Irrsinn! Nicht nur die Deutschen sind krank – auch die, die diese Grenze mit einem Viermächte-Abkommen der Superlative besiegelten, sagt sie sich. Eine Feststellung, die zwar stimmt, aber völlig unwichtig ist im Dunkel der kalten Nacht. Menschen waren unwichtig bei der Aufteilung, der einfache Mensch musste immer alles ausbaden. Nicht nur der Osten und das System der DDR haben Fehler gemacht, auch das Hasentreiben und die Propaganda um den boesen Sozialismus haben die Menschen unsicher gemacht. Unentwegtes Aufbaeumen des Systems der DDR gegen die scheinbar uebermaechtigen Ausbeuter kostete Kraft, so wurde auf unselige Mittel umgestiegen, um die Menschen zu ihrem Glueck zu verhelfen. Fehlschlag. Sie haben trotz aller Lehren vergessen, mit dem Menschen muss gerechnet werden! Genau wie auf der anderen Seite die mit ihren bunten Fassaden, die Menschen in Schulden und Habgier drueckten, wissend, die menschliche Gier nach ‘mehr’ ist unersaettlich. Schuld waren beide Seiten in einem Dilemma, worin es nur um die Vernichtung des anderen ging. Was voran gegangen war, nichts interessierte mehr, was sind schon sechszig Millionen Tote, machen wir weiter, bis der letzte Kommunist faellt, der uns etwas streitig machen koennte! Es interessiert nur die eigene Geschichte, die aufgefrischt die Menschen im Zaune haelt auf beiden Seiten des Atlantiks. Halb verfroren muss Larissa trotzdem schmunzeln: „Und der Kalte Krieg, was hätten wir all die Jahre ohne den Kalten Krieg und diesem Spiel um Krieg und Frieden gemacht? Ihr Arschloecher, ihr unseligen Unwissenden, die ihr doch alles mit Euch machen lasst. Eure Aersche haetten einen Krieg erlebt, wie nie zuvor – und manchmal denke ich, ihr haettet ihn verdient!” Larissa seufzt, wird wieder ruhiger. “Ach was, wir haben den Arsch hingehalten, nun muss ich meinen bewegen, dass ich hier weg komme” sagt sie sich.
Die schwarz-rot-goldenen Balken auf der Spitze des Pfostens tanzen vor ihren Augen auf und ab, während ihr die Irrsinnigkeit der Menschen auf beiden Seiten, sich selber eingeschlossen, in den Sinn kommt.
Sie achtet nicht auf den Bachverlauf und stolpert ins kalte klare Wasser bäuchlings hinein, fühlt, wie das Wasser ihre schweren Hosen und Stiefel durchnässt. Sie trinkt vom vermeintlich köstlichen Nass, um ihren rebellierenden Magen zu beruhigen. Das Wasser schmeckt nicht, hat einen faulen Beigeschmack, sie muss wieder wuergen. Ihr faellt die Taschenlampe aus der Hand, die rechts neben ihr an der Böschung des Rinnsals liegt und unregelmäßig in Richtung des in der Ferne stehenden Turms flackert. Sie greift danach und schüttelt diese, um dem Flackern Einhalt zu gebieten. Plötzlich erhellt Scheinwerferlicht das Areal, um ein paar Minuten später wieder zu verschwinden. Zur gleichen Zeit hört sie Hundegebell aus Richtung Norden. Soweit ihr bekannt ist, gibt es hier keine Grenzhunde. Die Genossen haben etwas wahrgenommen, vermutet sie, aber wer befindet sich noch von westlicher Seite auf ihren Fersen? Sie schaut sich um, kann nichts hoeren, als der Sturm weiter tobt. Während Feuchtigkeit und Kälte von ihrem Körper Besitz nehmen, bleibt sie ganz ruhig liegen, wobei sie die Taschenlampe in den feuchten Boden rammt, um nicht von den falschen Kameraden ausfindig gemacht zu werden.
Larissa muss sich eingestehen, dass gleichgültig wo sie gewesen war in ihrem Leben, sie immer zwischen den Welten gestanden hat. Sie hat die Schnauze endgültig voll, will nach Hause. Ihr ist klar, dass sie den Grenzübertritt allein wagen muss, wenn die Genossen nicht rechtzeitig eintreffen, und sie zu einem Klumpen steifgefroren ist. Der Schneesturm wird schlimmer, sie kann kaum noch ihre Hand vor Augen sehen. Der Turm steht an der äußersten Ecke der Grenzanlagen, links der Eisenbahnschienen, davor ist weites offenes Terrain. Dieses offene Feld will sie auf jeden Fall vermeiden. Sollte ihr etwas auf diesem Feld ‘zustossen’ würden die Genossen die Arschkarte bekommen, davon ist sie ueberzeugt. Die Sache mit ihr waere dann reibunglos aus der Welt geschafft worden. Wieder einmal an der Grenze ein Mensch zu Tode gekommen. Genau diese Gedanken von ihr bestätigte spaeter das BKA. ‘Es waere eine schoene Abrundung der Angelegenheit gewesen, wenn Sie an der Grenze krepiert waeren’. So wurde gesagt. Larissa entschliesst sich, weiter nördlich zu einer Holzhütte des BGS zu gehen, die näher am Zaun ist und einen Blick auf das offene Feld zulaesst.
Es ist mittlerweile 23 Uhr, seit fünfzehn Stunden ist sie unterwegs. An einem unbedeutsamen, vor sich hinrostenden Schlagbaum angekommen, ißt sie Schnee, während sie sich am rot-weißen Rundholz festhaelt, vor dem ein größerer Betonpfosten als im Bach postiert ist, auch dieser hat einen schwarz-rot-goldenen Kopf.
Plötzlich erkennt sie weit entfernt eine Gestalt mit einem weiten, dunklen Umhang, die sich, wie sie glaubt, aus oestlicher Richtung kommt, und sich auf westlicher Seite des Zaunes befindet und langsam durch das Schneetreiben in ihre Richtung marschiert. Sofort versucht sie, sich bemerkbar zu machen, bueckt sich unter dem Schlagbaum hindurch, laeuft einige Meter, aber stolpert in der Dunkelheit über alten Stacheldraht und faellt der Länge nach hin. Als sie hochsieht, ist der Genosse in circa fuenfzig Meter Entfernung dabei, den hohen Metallzaun einer Inspektion zu unterziehen. Er fasst immer wieder an die Umzäunung und rüttelt daran.
Sie zittert vor Nässe und Kälte, versucht ruhig zu bleiben. Die Schneeflocken, die auf sie fallen erstarren zu Eis, der kalte Wind nimmt ihr die Luft. Mit dem kalten, durchnässten Ärmel der Jacke wischt sie ihre nassen Haare aus dem Gesicht, um besser sehen zu können, dabei zerkratzt das Eis ihre Haut, was sie allerdings nicht mehr spürt. Sie ist sicher, er ist ein Genosse, ihr Herz rast. Dieser hadert mit sich und seinem Zaun, aber dreht sich abrupt um, sieht einmal noch kurz zurück, geht dann langsam in Richtung Turm und verschwindet in der Dunkelheit. Wieder versucht sie aufzustehen und sich aus dem Draht herauszuziehen, wodurch sie sich gänzlich in ihm verfaengt. Der Stacheldraht reisst ihre Hose am Oberschenkel auf; sie merkt nicht, dass sie blutet und der Schnee sich unter ihr rot faerbt. Hilflos liegt sie am Boden. Die Tränen, die aus ihren Augen laufen, erstarren augenblicklich zu Eis. Sie vermutet, der Genosse habe sie überhaupt nicht wahrgenommen. Ihre Stimme versagt, als sie ihm immer wieder vergeblich nachruft, er hört sie nicht. Nach wenigen Minuten ist er in Schnee und Dunkelheit verschwunden, sein weiter Umhang weht im Wind wie einen Abschiedsgruß. Er hatte sie nicht gehört, mit seiner Ushanka über die Ohren gezogen und die Kapuze des Capes darüber gezogen. Wieder tiefes wuetendes Hundegebell. Aus welcher Richtung ungewiss.
Torkelnd versucht sie aufzustehen, löst sich mit nunmehr blutenden Händen aus dem Draht und sieht erst dann, dass sie die Beobachtungshütte des Bundesgrenzschutzes, nur einige Meter vom Waldrand entfernt, erreicht hat. Einen Blick noch zurueck zum hohen Zaun und ein Blitzgedanke - versuchen an dieser Stelle hochzuklettern. Bis zum Stacheldraht oben wuerde sie klettern koennen, wenn sie in guter Verfassung waere. Aber sie ist sicher, in diesem Zustand wird sie kaum noch die paar Meter an den Zaun kommen. Und dann stellt sie sich die Frage, was wenn die Verfolger in der Nähe sind und nur auf diesen Augenblick warten. Man hat sie nicht verhaftet, nun soll ein geeigneter Platz und eine entsprechende Handlung das Problem der Larissa loesen, zum Vorteil ihrer westlichen Kameraden, die dann nicht mehr Rede und Antwort stehen muessten. Es gehoert zum Metier, die physische Liquidation, geplant, wird nichts dem Zufall ueberlassen. Larissa ist das alles nicht erst seit einigen Tagen ganz klar.
Abgesehen vom Wachturm auf der anderen Seite ist es die erste Behausung mitten in der Wildnis seit Stunden, wenn auch leer und verlassen. Es sind noch fast fünf Stunden bis zum Eintreffen der Genossen. Sie weiss, diese Stunden kann sie nicht mehr auf freiem Feld in Schnee und Kälte überleben, gleichgültig, ob das Feld sich im Osten oder Westen befindet.
Die Tür der stabilen Holzhütte ist verschlossen, auf der linken Seite ertastet sie ein kleineres Fenster, das groß genug ist, um hineinzukommen. Mechanisch macht sie einen Versuch, die dicke Glasscheibe mit einem gezielten Faustschlag zu brechen. Dies gelingt ihr nicht, sie rutscht ab, und faellt in der Dunkelheit zu Boden. In dem verzweifelten Versuch, einen Gegenstand zu finden, mit dem sie die Scheibe einschlagen kann, robbt sie auf allen Vieren um die Hütte in Schlamm und Schnee, stoesst mit dem Kopf an eine Betonkante. “Scheisse, naja, auf eine weitere Beule wird es auch nicht ankommen, Zeit zum Schönmachen wird sich später ergeben” geht ihr durch den Kopf. Es scheint, als ob ihr Humor nicht mit ihr sterben will. Einen massiven Feldstein, den sie mit Mühe gerade noch mit einer Hand aufheben kann, haelt sie fest umklammert, als sie sich wieder zum Fenster zurücktastet. Sie steht auf, streckt sich, versucht höher an das Fenster zu kommen, indem sie ihren Stiefel quer auf eine Kante des Fundaments stellt. Zweimal rutscht sie ab. Ihre Hände schmerzen, sind blutig verschmiert. Mit letzter Kraft hämmert sie mehrfach mit dem Stein gegen das Fenster, das erst unter dem vierten Stoß laut klirrend zerbricht. Der Stein faellt mit großem Knall in die Hütte. Sie horcht kurz danach auf die Stille ringsum und ist sich nicht sicher, ob sie wieder Hundegebell vernommen hat, was im Grunde nichts Ungewöhnliches auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze ist. Das Bellen ist jedoch anders als das tiefe Gebell der rassigen ‘Tschechisch-Deutschen Spitznasen’. Es hört sich an wie das spitze Gekläffe eines winzigen Schoßhündchens.
,Ich fange langsam an zu spinnen, mein Gehirn muss eingefroren sein‘, sagt sie sich. ,Hier mitten in der Nacht im tiefsten Wald an der innerdeutschen Grenze gibt’s keine Schoßhündchen.‘
Mit ihren verfrorenen Fingern umfasst sie die dicken Glassplitter am unteren Rand des zerbrochenen Fensters und zieht sich hoch, nimmt nicht mehr wahr, dass sie sich dabei erheblich an den Haenden verletzt. Sie faellt kopfüber in die Hütte, wo sie kraftlos in sich zusammensackt. Das Blut, das aus ihren zerschnittenen, steif gefrorenen Händen rinnt, fühlt sich für Momente seltsam warm an, was sie allerdings nur für ganz kurze Augenblicke wahrnimmt. Auf dem Bauch liegend, inmitten der Scherben, versucht sie etwas zu erkennen. Es ist stockdunkel in der Huette. Was sie ertasten kann, ist eine Pritsche und eine Propangasbombe, die sie in der Dunkelheit zu fassen bekommt. Ob sie aus einem inneren Befehl heraus den Entschluss fasst, der ganzen Quälerei ein Ende zu setzen, oder ob die Hoffung auf eine Wärmequelle in ihr hochkam, vermochte sie später nicht mehr zu sagen. Mit zitternden Händen tastet sie sich an der Gasbombe hoch und dreht den Hahn so weit wie moeglich auf, sucht dann vergeblich in ihren Hosentaschen nach Streichhölzern, die sie sonst immer bei sich hat. Das Gas, das unter gleichmäßigem Zischen austritt, ist das vorläufig Letzte, was sie hört, als sie beim Versuch aufzustehen stolpert und rücklings auf die harte Pritsche faellt. Sich etwas aufrichtend, zieht sie ihren Rucksack vom Rücken und legt diesen unter ihren Kopf. Im Liegen greift sie nach der Stolitschnaja-Flasche, die sich in ihrer Jackentasche befindet und wie durch ein Wunder heil geblieben ist. Der Durst nimmt quaelende und entsetzliche Züge an, ihr Koerper gehorcht nicht mehr, sie kann nicht mehr klar denken, hat graessliche Kopfschmerzen. Mit zitternder Hand schraubt sie den Deckel auf, hebt den Kopf so gut sie kann, und versucht, die Flasche zum Mund zu führen. Mit einer ruckartigen, aber unbeabsichtigten Handbewegung schlaegt der Flaschenhals hart gegen ihre Zähne und sie schmeckt warmes Blut. In kleineren Schlucken versucht sie, so viel wie möglich des bitteren Inhaltes durch ihre Kehle zu jagen. Flach atmend dreht sie den Kopf in Richtung der zischenden Gasbombe. Ihr ist klar, dass diese Gasbombe sie ohne Streichhölzer nicht aufwärmen wird. Durch das zerbrochene Fenster strömt ein kalter Luftzug, trotzdem umnebelt der Gasgeruch und das Schmerzmittel scheint für Augenblicke ihrem lädierten Körper gut zu tun. “Ich werde mich nicht auf offenem Feld wie ein Karnickelchen abknallen lassen. Nachher wird das auch noch den Genossen angelastet” sagt sie sich noch einmal. “Hier werde ich warten, sie werden kommen, noch vier Stunden. Ich muss durchhalten, nur noch vier Stunden.” Wie viele Stunden es zu dem Zeitpunkt noch waren, konnte sie in ihrem Zustand nicht mehr erfassen.
Die Bewusstseinstrübung ist angenehm fuer Augenblicke. Dass ihr Arm vom Rand der Pritsche gleitet und die Flasche, die sie bis dahin umklammert hatte, rummpelnd auf den Holzboden faellt und unter die Pritsche kullert, bekam sie nicht mehr mit. Phasenweise ist sie ohne Bewusstsein, um dann wieder in einem Dämmerschlaf von Zittern und Frieren zu fallen.
Wenn sie die Augen aufmacht, denkt sie an ihre Kinder, sieht die kleinen warmen Leiber, wie sie barfuss auf sie zukommen. Sie denkt an ihre Männer, an die Helden, die sie ausgenutzt, geschlagen, geliebt und gegen ihren Willen genommen hatten und denen sie nie entkommen konnte, von Kindesbeinen an. Ihr FO Alex geht ihr nicht aus dem Kopf. Der gradlinige Führungsoffizier, der in einer der schlimmsten Nächte ihres Lebens bei ihr geblieben war und der sie stets mit harter Hand geführt und geleitet hatte und doch so menschliche Zuege hatte. Er kannte sie in- und auswendig, verstand sie und wusste auch ihre Knoepfe zu druecken. Es schmerzt unsagbar, an ihren Mann zu denken, einer dieser ‘russischen Barbaren’ vor dem sie sich einst so gefürchtet hatte. Er war der einzige positive Lichtblick in ihrem fraulichen Dasein geworden. Erstmalig in ihrem Leben fühlte sie sich mit ihm beschützt und geliebt. Heiße Tränen laufen über ihr Gesicht, als sie an die ausweglose Situation denkt, und an den Druck, dem beide ausgesetzt waren in einem Metier, vom Militär argwöhnisch beobachtet, das sie als Paar nur duldete. Wenn Larissa manchmal nicht funktionierte, oder fuer unzureichend Ergebnis einbrachte, kam es auf seine Liste. Das Spielfeld, auf dem sie waren, liess nichts anderes zu. Larissa dachte an den letzten schmerzhaften Abschied von ihm und dem gemeinsamen Kind in der Hauptstadt.
Unter Zittern und Stöhnen gibt sie sich den Befehl, durchzuhalten. Einmal rafft sie sich noch auf. ,Ich muss an den Zaun kommen, ich muss nach Hause gehen - nur noch ein bisschen ausruhen‘, sind ihre letzten Gedanken, als sie das Bewusstsein verliert.
Erst Stunden später wird Larissa vom kleinen Tod einer Bewusstlosigkeit in die raue Wirklichkeit eines real-existierenden Lebens zurückgeholt.
Achtzehn Stunden, nachdem sie die Flucht angetreten hatte, wurde sie aufgefunden. Stimmen aus der Dunkelheit und das Scheinwerferlicht eines Fahrzeugs vor der Hütte brachten sie aus der Kälte des kleinen Todes in die eines hellen und zugleich duesteren Lebens zurück. Betäubt von der entsetzlichen Kälte hatte sie keine Empfindung mehr, konnte sich nicht mehr bemerkbar machen in einem Körper, der ihr nicht mehr gehorchte. Andererseits hörte sie fast alles, was um sie herum passierte, während ihre Augen nur zeitweise etwas sahen. Eine Gestalt mit einer Taschenlampe trat an das zerbrochene Fenster, zog sich hoch und rief mit lauter Stimme: „Hier ist die Scheibe kaputt.“ Der Schein der Taschenlampe, die ins Fenster der Hütte gehalten wurde, erhellte die ausweglose Situation der noch nicht erkannten Agentin Larissa.
„Passt auf, zerbrochenes Glas!“, sagte die Stimme.
Larissa hörte, wie einer sich am Fenster hochzog.
„Ähh, es riecht nach Gas“, sagte die Gestalt. „Und ich glaube, da liegt ein Kerl auf der Pritsche.“
„Seid vorsichtig, ihr wisst nicht, was euch da erwartet“, gab eine andere laute Stimme Anweisungen.
Dann schien sich ein anderer am Fenster hochzutasten: „Oh Mann, das stinkt, kann die Gasbombe ausgelaufen sein?“
„Seid bloß vorsichtig, wer weiß, was da los ist, sonst geht die Bude in die Luft und ihr mit.“
Es wurde wieder ruhig, als sich die Gestalten vom zerbrochenen Fester entfernten. Für eine Weile wurde es wieder ruhig. Die Angst schnürte ihr die ohnehin verfrorene Kehle zu und sie fragte sich, ob tatsächlich die westlichen Kameraden vor der Tür stünden.
Plötzlich wurde kräftig und laut mehrmals gegen die Tür geschlagen und eine tiefe Stimme rief: „Los, aufmachen, was ist hier los?!“, was sich anhörte, als wolle sich einer selber Mut machen vor dem unbekannten Wesen in der Hütte.
Dann wurde es für kurze Zeit wieder still, bevor einer sich an der Tür zu schaffen machte. Kurze Zeit später wurde diese aufgerissen, Taschenlampen blitzten auf und schwere Stiefel traten ein.
„Lasst bloß die Tür auf, stinkt widerlich“, vernahm sie eine Stimme.
„Die Propangasbombe ist aufgedreht, scheint aber leer zu sein“, sagte einer, der vor dem Ding kniete.
„Ich seh‘ schon, ihn brauchen wir nicht“, sagte eine andere ruhige Stimme und forscher dann: „Sitz!“ Larissa vernahm das kurze ‘hmm’ des Tieres, als es seinem Herrchen gehorchte. Als sie die Augen etwas öffnete, konnte sie das stolze Hundeantlitz eines Deutschen Schäferhundes erkennen, der sie, den Kopf leicht zur Seite geneigt, dicht vor ihrem Gesicht wachsam anschaute. Obwohl auch ihr Humor fast mitsamt Hirn eingefroren war, ging ihr die Frage durch den Kopf, ob dieser Hund ein deutsch-deutscher Hund aus BRD-DDR Produktion, oder ein DDR-Hund oder ein BRD-Hund wäre. Ihre Gedanken lebten auf und verschwanden ploetzlich in ein nichts aus Kaelte und Auf jeden Fall war die reinrassige feuchte deutsche Hundenase direkt vor ihrem Gesicht. Sie spürte augenblicklich den warmen Hundehauch, die ihr tausendmal besser vorkam als der angenehmste menschliche Geruch.
„Von dem hier haben wir nichts zu befürchten, scheint mir. Wir müssen wohl einen Krankenwagen anfordern“, sagte eine der Stimmen lässig, um dann zu fragen: „Lebt der überhaupt noch?“, während er näher kam und ihren vermummten, von kleinen und größeren Eiszapfen übersäten Körper betrachtete.
„Leben tut der noch gerade, aber dem ist wohl ganz schön kalt, wie der bibbert“, sagte der andere. “Leichen bewegen sich auch, und die geben auch Geräusche ab” konterte der andere. “Vielleicht bin ich doch schon tot” ging es Larissa durch den Kopf.
„Schaut mal“, rief einer der Stimmen plötzlich und wandte sich von ihr ab. „Die Kameraden da drüben auf der anderen Seite sind auch schon aufgewacht, sie werden neugierig.“ Die Stimme war plötzlich aufgeregt. „Oh Scheiße, schaut mal was da drüben auffährt.“
In diesen Moment dämmerte ihr, dass die Kameraden auf westlicher Seite, wenn auch nur ganz knapp, sie vor den Genossen erreicht hatten, wobei es ein wenig so zu sein schien, dass es nicht die waren, die nach ihrem Leben trachteten. Selbst bei dieser nüchternen Feststellung hätte sie gekotzt, wenn ihr Magen nicht vollkommen leer gewesen wäre. Tränen kamen nicht mehr aus ihren verfrorenen und eisbedeckten Augen, aber der Schmerz in ihrem Magen war lang anhaltend und widerlich.
Das deutsch-deutsche Tauziehen um eine Engländerin, die nach Moskau wollte, begann.
„Die denken jetzt, die haben einen verloren – suchen nach dem Loch im Zaun“, sagte einer vorwitzig. Lautes Gelächter folgte, als einer singend sagte: „Wir waren zuerst da, wir haben gewonnen……“
Obwohl Larissa fas jedes einzelne Wort hoerte, konnte sie sich kaum bewegen. Ein furchtbarer Gedanke kam in ihr hoch. Die Stimmen hatten sie die ganze Zeit über als „der“ bezeichnet und womöglich würde sie noch als Kerl sterben. Bei diesem furchtbaren Gedanken versuchte sie sich bemerkbar zu machen, was lediglich in einem lauten Stöhnen endete, während Blut aus ihrem Mund und aus der Nase lief. Morgens bei ihrem übereilten Auszug hatte sie eine Bundeswehr-Hose angezogen, einen langen schwarzen Wollpullover, der bis über die Knie und bis zum Kinn reichte, ihre knielange Blow-off-Jacke und Springerstiefel. Damenhaft hatte sie im sauberen Zustand nicht ausgesehen und jetzt von oben bis unten mit Schlamm und Blut verschmiert, sicherlich noch viel weniger.
Das Lachen der Bundesgrenzschuetzer über die anrückenden Genossen der NVA versiegte.
„Dem geht es nicht gut“, sagte die Stimme mit Hund neben ihr. Er murmelte etwas und zwei der Männer versuchten, sie auf die Seite zu drehen und stellten fest: „Sieht nicht nach einer Schussverletzung aus.“
Beide unterhielten sich. „Weißt du was, der muss schon Stunden hier liegen, es ist jetzt nach 4 Uhr. Die Frau Lemke hat schon vor Mitternacht das erste Mal angerufen, dann immer wieder, hat nicht locker gelassen, bestimmt fünf Mal hat die Frau angerufen, weil sie sicher war, dass sie hier draußen etwas Ungewöhnliches gehört hatte.“
„Wir mussten versprechen nachzusehen, die war hartnäckig”. Und nach einer Pause fuegte er verhalten hinzu: “Nun sind wir ja hier.“
„Was machte die Frau Lemke denn mitten in der Nacht hier draußen?“ fragte der andere.
„Ist mit ihrem Hündchen Gassi gegangen, konnte nicht schlafen. Hier ist nichts los, an der Grenze auf dieser Seite verirrt sich keiner – und von der anderen Seite ist auch noch nie einer rüber gekommen hier. Ist sicherer als in jeder Stadt, kannst mitten in der Nacht spazierengehen. Andererseits, die Leute, die hier leben, wissen genau, wann hier an der Grenze was los ist, die haben ein Gefühl dafür.“
Larissa hatte alles mitbekommen, stöhnte wieder, verschluckte sich am warmen Blut, das durch ihre Kehle lief, und rang nach Luft. Wie benebelt, hatte sie die Uhrzeit gehört: nach 4 Uhr – ihr Herz begann zu rasen, sie atmete schwer.
„Verdammt, wo bleibt der Krankenwagen?“, rief einer nach draußen.
„Ob der Typ von drüben kommt?“ fragte einer in die Stille hinein.
Es kam keine Antwort.
Eine Hand fasste vorsichtig in die Innentasche ihrer Jacke. Ihre gesamte Kleidung war steif wie ein Brett und Larissa ebenfalls.
„Oh Mensch, ist wie im Eisschrank“, sagte er, als er seine Hand wieder rauszog. „Kälter als ne‘ Leiche.“
Beide Männer sahen sich an, was aus der Jacke zum Vorschein gekommen war: „Schau mal, das ist ein Rubelschein, drei Rubel – jetzt wird’s wieder spannend.“
Kostenko hatte ihr vor langer Zeit lachend ein paar Rubel zugesteckt und sie vorwitzig gebeten, die harte russische Währung auf eine deutsche Bank einzuzahlen, damit die Rubel Kinder bekommen könnten. Auch wenn es Alex nie wissen durfte, sie hatte diesen Rubelschein immer bei sich behalten – und, die einzige die Kinder bekam war Larissa.
In ihren Nachforschungen wurden sie jäh unterbrochen. Auf der anderen Seite des Schlagbaums fuhr ein LKW mit NVA-Scheinwerfern auf und tauchte die Hütte und die gesamte Umgebung in gleißendes Licht.
Die Stiefel in der Hütte bewegten sich laut und schnell, als einer rief: „Mensch, was haben die da drüben denn vor?“
„Da setzt sich eine ganze Meute in Bewegung, direkt auf uns zu“, sagte der andere neben ihm.
„Raus aus der Hütte!“, rief einer von draußen. „Sichert die Umgebung ab, soweit ihr könnt, auf jeden Fall bis zum alten Schlagbaum, hier verläuft das Niemandsland Gott weiß wo in dieser Einoede.“ Einer kam wieder in die Hütte und schloss die Tuer ab.
In ihrem Unterbewusstsein konnte Larissa nur denken: „Endlich, meine Genossen sind da.“
Eine ruhige Stimme sagte: „Es sieht so aus, als ob die den unbedingt wiederhaben wollen.“
In der Hütte selbst kehrte wieder Ruhe ein, der Beamte mit Hund blieb bei ihr stehen, während das Gebrüll draußen lauter wurde. Nicht Neues im jahrzehntelangen Techtelmechtel, mal mehr, mal weniger schlimm, zwischen den Deutschen in Ost und West, diesseits und jenseits der Grenze. ,Ich habe damit gelebt, nun sterbe ich sogar damit‘, dachte Larissa und fand sich im Kopf für Momente oben auf der Mauer wieder. ,Nein‘, sagte sie sich dann. ,Ich bin nicht mehr auf der Mauer, ich bin im Wald, zwischen den Fronten, wie immer – und diesmal sitze ich richtig in der Scheisse”.
„Wir haben das Rescht, uns darüber zu informieren, was vor sisch geht hier, ihr habt bei der Anfard die Grensanlagen betreden“, rauschte es laut und deutlich aus einem Mikrofon.
„Wir haben nüscht, Kollege!“, brüllte einer zurück. „Danke für die Beleuchtung Genossen, wir haben unsere eigene Beleuchtung, und betreten ham‘ wir nüscht, der hier ist unser Mann, geht euch jar nüscht an.“
„Die Person liegt in unserem Bereisch“, kam es laut und deutlich zurueck. Es gab weitere Geräusche, die ihr sagten, dass sich andere Fahrzeuge der Hütte näherten. Stimmen in einem wilden Schreigefecht wurden laut. Der Scheinwerfer erhellte das Areal auf westlicher Seite, sodass die Genossen genau erkennen konnten, was vor sich ging. Es dauerte einige Zeit, bis wieder Ruhe einkehrte, als einer in die Hütte eintrat und dem bei ihr Verbliebenen sagte: „Die wollen nicht abziehen. Der Ober-Genosse ist hartnäckig, gibt sich nicht damit zufrieden, dass es nicht mehr sein Bier ist, egal wo der Kerl herkommt. Ich denke aber, die wissen, wer hier liegt und die haben bereits erkannt, dass sie zu spät gekommen sind.“
„Ja, da drüben scheißt sich schon einer in die Hose“, sagte er, als er aus dem Fenster der Hütte sah. „Oh, oh, das gibt aber Aua Morgen Leute, da wird das Ministerium aber böse sein.“
In all dem Durcheinander hatte Larissa zwischen Wachen und Dämmern bemerkt, wie eine Hand vorsichtig unter ihren Kopf gefasst hatte. Ihr Rucksack, auf der sie die ganze Zeit gelegen hatte, war in den Besitz eines anderen Menschen übergegangen, was bedeutete, dass ihre Anonymität, zumindest zum Teil, aufgehoben war. Und wie gleichgültig war ihr in diesem Moment, wie sie hieß, nach den vielen Identitäten, die sie umrankt hatten ueber Jahre. Eine Weile vernahm sie nichts mehr, dämmerte von einem Zustand zum anderen.
„Der Krankenwagen ist nicht mehr weit“, rief einer in die Hütte hinein, während eine andere Stimme die Feststellung des Jahres machte: „Du, das sind Ausweis und Reisepass eines weiblichen Wesens, schau mal.“
Die Männer schoben ihre Kapuze, die ihr bis zur Nase ging, vorsichtig nach hinten. „Ach du Scheiße“, sagte der andere, der neben ihm stand, als ihr langes Haar zum Vorschein kam. „Das gibt’s doch nicht, eine Frau.“ Und indem er sich bückte und die fast leere Wodkaflasche unter der Pritsche sah: „Und fast eine ganze Flasche Wodka hat die ausgesoffen.“
„Ich nehme die Tasche an mich“, sagte der Beamte, der mit dem Hund neben ihr stand. Hier stimmt was nicht, die kommt nicht von drüben – die wollte in den Osten. Deshalb die Aufregung der Genossen da drüben.“
Er sah dabei auf das lachende Gesicht auf dem Foto der Passinhaberin und sagte: „Schau mal, wie die sonst aussieht.“
„Kann ja wohl nicht angehen, die ist jetzt kaum wiederzuerkennen“, sagte der andere.
„Hier ist ein Grüner, BRD“, stellte er fest „aber hier, die ist in England geboren. Ein British Passport, United Kingdom.“
Beide sahen sich den Pass im Schein der Taschenlampe an.
„Brritish Passport, in ze name of her Majesty ... wollte die vielleicht türmen und die Kollegen sind zu spät gekommen?“, fragte die andere Stimme jetzt verhaltener.
„So wird es sein“, sagte der mit dem Hund ganz ruhig.
„Deswegen vielleicht auch der ganze Zirkus da drüben, als die zu spät reagiert haben? Die wissen tatsächlich, wer hier liegt.“
Beide schwiegen eine Weile, erkannten, dass es sich um etwas ganz anderes handelte als um eine betrunkene Mitbürgerin, die sich an der Grenze verlaufen hatte.
„Hier liegt keine, die sich einen hinter die Binde gegossen hat, um sich im Wald auszuschlafen. Das geht in andere Hände über“, sagte er nachdenklich.
Larissa öffnete die Augen. „Ich will nach Hause“, versuchte sie mit zitternder Stimme und klappernden Zähnen zu sagen, wobei wieder Blut aus ihrem Mund quoll. „Let me go, please.“ Dann nahm sie ihre letzte Kraft zusammen und schrie so laut sie konnte: „Ich bin hier, holt mich, lasst mich nicht hier“, während sie versuchte sich aufzurichten und dabei fast von der Pritsche fiel. “Ich hasse Euch, lasst mich gehen!” Ihre Schreie waren draußen hörbar, die Genossen standen hinter dem Schlagbaum, nur Meter entfernt. Mit letzter Kraft und mit nur noch ganz dünner Stimme kamen russische Brocken hervor. „Meine Kinder – ja chatschu ...“, flehte sie.
„Was heißt das, was will die?“, fragte einer der Beamten.
„Das ist russisch, das heißt ‚ich will‘ ...“, sagte der andere.
„Was will die, ihre Kinder? – Scheiße, hoffentlich liegen keine Kinder hier draußen im Schnee“, sagte einer besorgt.
„Das glaube ich nicht“, sagte der Hundefuehrer. „Aber schau mal her“, er hob ein durchnässtes Foto vom Boden auf.
Beide sahen es schweigend an.
„Ist die das?“, fragte er.
„Ist sie wohl, den langen dunklen Haaren nach zu urteilen“, sagte der andere und schaute noch mal auf das kleine Foto, das sich langsam in der Feuchtigkeit auflöste. „Das ist sie, mit einem Mädchen und einem Kerl, sieht aus wie eine Uniform“, sagte er und versuchte das kleine Schwarz-weiss-Foto trockenzuwischen, das blutverschmiert war und dabei nur noch mehr auseinanderfiel. „Mist, jetzt löst sich das Bild in Wohlgefallen auf. War kyrillisch, was da hinten draufstand, kann man nicht mehr lesen. Hier ist noch ein Foto von einem Baby, kann man auch kaum noch erkennen, kleiner blonder Lockenkopf.“
„Wir fordern eusch letztmalig auf, die Person an uns zu übergeben“, erklang die Stimme von der anderen Seite des Schlagbaums wieder, weitaus energischer als zuvor.
Larissas Schluchzen wollte nicht enden.
„Das ist ja furchtbar“, sagte der jüngere Beamte.
„Habt ihr keine Decke?“, fragte der mit dem Hund unwirsch. „Die hat keinen Alkohol getrunken, kannst du Schnaps riechen? Ich nicht.“
„Hast recht, vielleicht gehört die Flasche nicht zu ihr“, kam die Antwort aus der anderen Ecke. Ploetzlich sagte dieser: „Igitt – das ist kein Wodka, irgendein Gift“, sagte der andere, als er den dunklen dicken Satz am Flaschenboden sah.
Larissa verschluckte sich wieder am Blut, rang hustend nach Luft.
„Pass auf, die fällt gleich“, rief der mit dem Hund. Sie versuchte sich zu wehren, als sie angehoben wurde. Dann kam einer in die Hütte, schlug die Tür zu und sagte: „Wir müssen vorsichtig sein, bis die Genossen da drüben sich beruhigen und wieder abziehen. Ich will nicht, dass das hier eskaliert. Wir müssen sie schnell abtransportieren.“
„Mensch, wo bleibt der Krankenwagen?“
„Die finden diese Stelle hier nicht, wir sind schon am lotsen“, sagte eine Stimme von draußen. Die Jungs sind denen mit dem Jeep schon entgegengefahren.“
„Hören Sie, junge Frau?“, rief er und bückte sich zu ihr herunter. „Gleich kommt der Krankenwagen.“
Larissa schlug entsetzt die Augen auf und griff mit beiden Händen nach seiner Jacke. In einem letzten Aufbäumen versuchte sie ihm klarzumachen, dass sie gehen müsse. Ihre Kraft schien zurückzukehren, als sie vehement versuchte, seinem Griff zu entkommen. Die beiden Beamten mussten sie bis zum Eintreffen des Krankenwagens festhalten.
Der ältere Beamte wusste, um was es ging. Bevor er den Inhalt ihrer Tasche durchsuchte, war ihm klar, worum es sich handelte. „Wieder eine verdammte menschliche Tragödie an unserer deutsch-deutschen Grenze,“ sagte er leise.
Larissa hatte keine Kraft mehr, sich zu wehren. Als das Gespräch verstummte und kurz bevor sie wieder das Bewusstsein verlor, sah sie deutlich, dass immer noch der gleiche Mensch neben ihr stand und ihren bebenden Körper mit den Beinen absicherte, damit sie nicht von der schmalen Pritsche fallen konnte.
Der Krankenwagen erreichte die abgelegene Stelle und der Fahrer fuhr rückwärts so weit an die Hüttentür heran, wie er konnte, auf seiner linken Flanke stand ein BGS-Fahrzeug mit Blickrichtung Osten.
Einer der in der Hütte Verbliebenen sagte: „England ist weit entfernt ,junge Frau, und nun geht es bestimmt nicht nach Moskau, es geht mit Sicherheit in ein westdeutsches Gefängnis.“
Worauf der Beamte mit Hund brüllte: „Ruhe, ich will nichts mehr hören!“
Larissa hatte gehört, ihr musste das nicht mehr näher erklärt werden. Die hübsche Hundeschnauze war wieder dicht vor ihrem Gesicht. Das war alles, was sie noch aufnehmen konnte. Von der Lagerung in den Krankenwagen bekam sie nichts mehr mit.
Die deutschen Grenzer Ost und die deutschen Grenzer West hatten ihre Aufgabe erledigt, die einen waren mehr, die anderen waren weniger zufrieden, ein Spiel, das sich stets im Wechsel vollzog über die Jahre. Eines hatten sie sicherlich gemeinsam: Alle freuten sich nach der ganzen Aufregung in ihrem ansonsten recht ruhigen Gebiet auf ein wärmendes Getränk. Die einen gingen wieder auf ihre Posten, um ihren Staat und dem antifaschistischen Schutzwall weiter vor Faschisten und Imperialisten zu schützen, die anderen, um die innerdeutsche Grenze vor den Kommunisten zu bewachen. Auch ohne Zwischenfälle bewachten sich die Grenztruppen auf beiden Seiten in deutsch-deutscher Manier gegenseitig. Ein jahrelanges Spiel, initiiert von den Grossmaechten und Politikern deren Namen nicht das Papier Wert sind auf dem sie geschrieben stehen. Die alle nur in ihrem eigenen Interesse und sicher nicht im Interesse des deutschen Volkes und der uebrigen Voelker handelten.
Das Spiel im Metier ist ein jahrtausend altes Spiel und war eine Normalität in der Unnormalität der Deutschen Trennung. Oberflächlich kehrte auf beiden Seiten schnell wieder Ruhe und Dunkelheit im Niemandsland ein, als alle abzogen. Einer hatte sich jedoch mit Bestimmtheit dafür zu verantworten, dass er sich nicht rechtzeitig um das Geschehen um Larissa gekümmert hatte. Copyright M. Powell
Das war meine Flucht, die zu meiner Verhaftung fuehrte. Ich sah aus wie ein Zombie, hatte Erfrierungen und war stark unterkuehlt, hatte Schnittwunden an den Haenden, Beinen und Armen, sah richtig gut aus! Stand sogar auch weiterhin mit meinen FOs in Kontakt, bis sie es bemerkten. Kaum genesen, versuchte ich einige Wochen spaeter aus dem Krankenhaus zu entkommen, was gelang, kam jedoch nur bis nach Hamburg, wurde in Hamburg-Rahlstedt von einem Zivilen wieder festgenommen, wobei ich mich ebenfalls mit Händen und Fuessen - und Zähnen bei der Festnahme wehrte. Vernehmungen ueber Wochen, dann Einzelhaft war das Ergebnis, da Larissa 'keine Einsicht' zeigte.
Nachwort:
Ich bin der Meinung es muss sich keiner Vorwuerfe gefallen lassen er oder sie haette geschlafen in dieser brisanten Zeit, gleichgueltig auf welcher Seite der Mauer er stand. Dem Diktat Kommunismus und gleichzeitig dem Diktat Kapitalismus auf der anderen Seite, waren wir alle unterworfen.
Wer meint, dass er den anderen mit Vorwuerfen oder Beschimpfungen kommen muss, nur zu. Erhaben in einem Stuhl heute sitzen und den anderen mit Vorwuerfen ueberschuetten steht keinem gut zu Gesicht. Das sind fuer mich die, die absolut nicht begreifen in welchem Zeiten wir an verschieden besetzten Fronten standen, oder in welchem Wandel wir standen. Das sind die, die die wirkliche Geschichte dieser Grenze nicht verstehen, und deshalb die Zukunft und die Menschen genauso wenig verstehen werden. Das ist eine Ueberheblichkeit, die leider nach wie nicht nur das Leben in Deutschland diktiert, fast 24 Jahre nach dem Mauerfall. Wir haben uns alle darin bewegen muessen, so gut wie jedes kleine Rädchen dazu beiträgt, einen riesigen Mechanismus in Bewegung zu halten. Auf beiden Seiten waren wir dazu anerzogen zu reagieren und dem Staat zu vertrauen, an dem wir glaubten, ob als Agent, als einfacher Arbeiter als Beamte, als Soldaten der NVA oder der Bundeswehr. Es gibt etwas, das da heisst Selbsterhaltungstrieb und Verantwortung gegenueber der Familie und dem Staat. Wir waren und sind ‘der Staat’. Der eine zeigte weniger, der andere brachte mehr Loyalitaet an den Tag. Denn meist stellt der Mensch sich vor der Allgemeinheit, heute noch weitaus mehr als damals. Wie es in den meisten Menschen aussieht, und was sie anders gemacht haetten und heute machen wuerden, das bestimmte das Zeitgeschehen und das Ueberleben darin, damals wie heute. Der Macht-Mechanismus der Politik hat das Ziel heute noch mehr den je, keinen an den Schluessel zu lassen. Vermeintlich andere Wege sind nichts anderes als Fassaden, und wie es scheint in der heutigen wirtschaftlichen Lage kaum durchfuehrbar, in einem Leben in dem wir Menschen alle Spielbaelle der Politik sind.
Den Schluessel fuer diesen Mechanismus hatten in der DDR die Kommunisten, die an den Rand des Ruins deshalb fuehrten, weil sie sich leiten liessen von Groessenwahnsinningen, die nur an sich selbst dachten; In einem vereinten Deutschland sind es heute die Kapitalisten, die in ihrem Groessenwahn weiter in den Sumpf fuehren, und blindlings angeblichen Freunden vertrauen, ohne auf das Volk zu hoeren.
Das absolut Schlimme daran ist die Tatsache, dass diese Maechte heute weitaus maechtiger sind mit ihren Moeglichkeiten, die Menschen zu kontrollieren.
Freiheit ist nur ein Wort, das in der Sprache existiert.
Freiheit ist nicht sichtbar, so schoen das Wort auch klingen mag.
Freiheit ist ein Zustand, das gelebt werden moechte.
Lasst mich wissen, wenn ihr diesen Zustand findet.
Marleen Powell
Freedom can’t be seen in words and speech.
Freedom has to be lived. Let me know when found.
Copyright M. Powell

Vor so viel Mut und Durchhaltevermögen kann nur den Hut ziehen,
aber trozdem eine Frage:
Warum bist du damals nicht einfach aufs Vorgelagerte marschiert und hast dich mit deiner Taschenlampe bemerkbar gemacht?
Aus Angst nicht zu überleben? Oder befandest du dich durch die Kälte in einem extremen Schockzustand? Durften die einfachen Grenzer
nicht mitbekommen das dort eine Agentin "gerettet" werden sollte?
Diese Fragen sind nicht provokant gemeint.
Mfg Batrachos
Zitat von Batrachos im Beitrag #3
Vor so viel Mut und Durchhaltevermögen kann nur den Hut ziehen,
aber trozdem eine Frage:
Warum bist du damals nicht einfach aufs Vorgelagerte marschiert und hast dich mit deiner Taschenlampe bemerkbar gemacht?
Aus Angst nicht zu überleben? Oder befandest du dich durch die Kälte in einem extremen Schockzustand? Durften die einfachen Grenzer
nicht mitbekommen das dort eine Agentin "gerettet" werden sollte?
Diese Fragen sind nicht provokant gemeint.
Mfg Batrachos
So einfach war das in meiner Position nicht, wo war das Vorgelagerte? Ich war auch nicht dort wo ich sein sollte. Hatte die Position nicht erreicht. Ich wuenschte einer hier haette Kenntnis von der damalige Grenzanlage nahe Schwanheide, zumindest auf westdeutscher Seite. Ich konnte kaum noch aufrechtstehen, geschweige denn, weiterlaufen, war ausgemergelt, dehydriert und schon im Kaelteschock sicher, und seit mehr als vierzehn Stunden unterwegs. Das kann man so einfach nicht beschreiben. Der Koerper streikt, dann das Gehirn. Die Aerzte sagten dann spaeter, nur noch eine halbe Stunde und ich waere 'eingeschlafen'. Die einfachen Grenzer, das waere mir voellig egal gewesen. Wenn nur einer da gewesen waere. Der Zaun war sehr hoch. Aber alles kam zusammen was nicht zusammen kommen sollte, vor allem das Wetter. Meine Angst vor dem westlichen Geheimdienst war immens, so wurde mir das auch spaeter bestaetigt, wie ich es oben beschrieb.
Vielen Dank fuer Dein Interesse. Gruesse, Larissa
Stimmt Larissa,trotz unserer nicht immer übereinstimmenden Weltanschauung haben wir großen Respekt und Achtung für einander. Gerade als Dein Freund nehme ich mir das Recht raus auch mal Unangenehmes anzusprechen. Unsere kleinen Diskrepanzen lösen wir aber privat und benutzen nicht das Forum .Würde und Achtung ist wichtig. In unseren Köpfen ist die Schranke gefallen.Mich stört sie nicht Deine Weltanschauung,auch wenn ich hier und da mal mit meiner Meinung bei Dir anecke . Ändern tun wir uns beide nicht mehr. Akzeptieren wir uns so weiter . Eine gute Freundschaft verträgt auch kleine Unstimmigkeiten.
Liebe Gtüße Dein Freund Peter (turtle)

@Larissa:
Mit dieser Antwort kann ich mich zufrieden geben,die Kälte die Angst vor den Verfolgern und das unbekannte Terrain war
in dieser Situation mit Sicherheit zu viel in diesen Moment.Trotzdem Respekt vor dieser Leistung.
Das Vorgelagerte befand sich meiner Meinung nach von der Demarkationslinie( Grenzstein, Schild Bachmitte Grenzverlauf) zum ersten Zaun
hin (von der Westseite aus gesehen),ich hoffe ich liege mit meiner Aussage richtig,denn dieses Wissen hab ich mir auch erst hier
im Forum angeeignet. Wußten das ja früher auch nicht,obwohl ich an der ehemaligen Grenze im Südharz großgeworden bin.
Aber genauer Auskunft über das Vorgelagerte können hier natürlich nur Grenzer bzw Grenzaufklärer geben, die direkt am Kanten Dienst geschoben
haben.Aber du hast ja überlebt und befindest dich heute wieder bei deinen Freunden bzw Familie.Werde deine Berichte auch in Zukunft
mit großen Interesse weiter verfolgen.
Grüße in den Kaukasus
Mfg Batrachos
Hallo Larissa,
schon ein toller Beitrag, eine sehr interessante Geschichte.
Ein wenig kenne ich die Ecke da, direkt an der Stelle, an der Du wohl warst, gab es einen Behelfsbahnübergang für die Grenztruppen. Der Übergang war immer geschlossen, mittels Sprechanlage/ Rufknopf konnte man mit dem Stellwerk in Schwanheide sprechen und die Schranke öffnen lassen.
Zumindest war das nach dem 09.11.89 so, ich kenne die Gegend nur aus der Zeit nach dem 24.12.89, ich schrieb das schon in einem anderen Thread. Mein Vater wurde in Schwanheide geboren, wuchs dort auf.
Wir standen da oft auf westlicher Seite und er schaute mit Sehnsucht in den Augen nach Hause.
Raus kam man in Schwanheide direkt am Dorfrand nach Zweedorf, Bauernend wurde das genannt.
Hmm, aber 8 Std zu Fuß von Büchen bis dahin? Die Entfernung dürfte max 4 km auf den Gleisen gewesen sein, über Büchen- Dorf und Bröthen bis zu der Stelle sind es doch nur knappe (geschätzte) 8 km.
Geht man an der Stelle links, kommt man an das Gartenschäger Eck.
Man erzählt sich, dass es dort (zwischen dem GT- Bahnübergang und dem Gartenschlägereck) eine Schleuse gegeben hat, einen Tunnel. Ist das die Ecke, an der Du sein solltest?
Es soll da im Wald, an der Waldstr. in Schwanheide in Richtung Leisterförde eine Garage im Wald gegeben haben, umgeben von einem geharkten Kontrollstreifen.
Der Grenzbach ist die Riedebeck. Sie mündet südlich von Büchen in einen See.
Mfg Berlin
Edit:
Zitat
Das Vorgelagerte befand sich meiner Meinung nach von der Demarkationslinie( Grenzstein, Schild Bachmitte Grenzverlauf) zum ersten Zaun
Die Aussage ist richtig.
Die Demarkationslinie (Grenze) befand sich in Bachmitte, soweit alles richtig.
Das Vorgelagerte befand sich zwischen Grenzzaun 1 und der Demarkationslinie, also auch noch vor dem Grenzpfeiler.
8 Stunden von Bahnhof Büchen bis zur Grenze erscheint mir auch sehr lange auch bei schlechtem Wetter.
Das ist doch leichtes dicht besiedeltes Gelände mit vielen kleinen Feldflächen und den dazugehörigen Wegen und leichter Bewaldung .
Zum anderen hatten die Kundschafter für den Frieden sicher bessere Möglichkeiten zum plötzlichen Verschwinden in den Osten.
Naja künstlerische Freiheit.
Ich bin trotzdem froh, daß diese Spionagetätigkeit letzlich keinen Erfolg hatte sonst hätten wir die Genossen immernoch an der Backe.
Ich habe die Jungs von BRIXMIS und USMLM jedenfalls gerne gesehen wenn sie ab und an bei uns durchgefahren sind um die umliegenden Russenkasernen zu "besuchen".
also in den 70-igern hätte es doch die möglichkeit gegeben direkt am Bahndamm durch zu kommen und in Richtung Zweedorf gabs damals noch nicht mal einen 3 m -zaun.
Zitat
Das ist doch leichtes dicht besiedeltes Gelände
Nee, da ist hintern Bahnhof an der Bahnlinie Richtung Osten nichts mit Besiedelung. Nach dem Kanal war da nichts mehr, nur Acker. Die Zufahrt der Ackerflächen war nur über Büchen- Dorf/ Bröthen möglich Daran hat sich bis heute wenig geändert, es gibt neben der Bahnbrücke keine Verbindung zusätzlich über den Kanal, außer der Brücke Büchen- Dorf und dem Campingplatz Forellensee.
Die Strecke da war bis zur Wende nur eingleisig, lief mehr oder weniger durch den Wald. Im Bereich Grenze war im Osten Ackerfläche, im Westen Wald.
Selbst wenn man in Betracht zieht: Aus dem Zug die Böschung herunter gerollt und außerhalb an einem Kiosk versorgt.
Das würde bedeuten: Entweder unmittelbar nach dem Bahnhof abgesprungen, dass wäre dann vor dem Kanal gewesen. Nach dem Kanal wäre der Zug vermutlich zu schnell gewesen.
Versorgung bedeutet dann zurück, quasi am Bahnhof vorbei, außer der Tankstelle am Abzweig Büchen- Dorf bzw ggüb. der Kiosk/ Imbiss fällt mir da nichts ein. Das wäre über den Daumen 1km mehr.
Und ich frage mich, ob da zu der Zeit nicht ´ne Lady mit BW Hose und Springerstiefeln aufgefallen wäre. Zudem offensichtlich verletzt.
Zitat
also in den 70-igern
.
Kann sein, nur war das 88.
Mfg Berlin

Das da einiges schief ging, whow. Da haste ja mehrmals den lieben leninschen Marxengel oder wen auch immer auf Deiner Seite. Das mit dem Vorgelagerten ist nachvollziehbar, zumal es ja nicht die, also Deine 'richtige' Stelle war. Denn an diesen 'richtigen Stellen' sollen dann auch schonemal ganze Sportwagen am Stück 'heimgeholt' worden sein. Nur da jetzt meine Fragen, die ich mir erlaube zu stellen:
Wie wurde die richtige Stelle vereinbart und woran wäre diese für Dich erkennbar gewesen?
Nächste Frage, wurde eine solche Flucht mal geprobt, zum Beispiel an einer Lehrgrenze?
Ich meine von 'feindwärts' war ja der GZ-I recht einfach und flink zu überwinden, wenn es mal geübt wurde. Die Streckmetallplatten überlappten auf der Westseite und an einigen Betonsäulen waren ja die Schrauben regelrecht als Tritthilfen, so standen die raus. Hmm, vielleicht war das ja eine solche 'richtige' Stelle, na egal. Ich würde mich über möglichst emotionslose Antworten freuen und ... achso @Larissa, gehe mal davon aus das die Jungs, welche Du wahrgenommen hast hinter dem Zaun, keine 'richtigen' (im Sinne von normal) Grenzer waren, also gegen später dann mit dem Licht und so ...
Zitat von 94 im Beitrag #11
Das da einiges schief ging, whow. Da haste ja mehrmals den lieben leninschen Marxengel oder wen auch immer auf Deiner Seite. Das mit dem Vorgelagerten ist nachvollziehbar, zumal es ja nicht die, also Deine 'richtige' Stelle war. Denn an diesen 'richtigen Stellen' sollen dann auch schonemal ganze Sportwagen am Stück 'heimgeholt' worden sein. Nur da jetzt meine Fragen, die ich mir erlaube zu stellen:
Wie wurde die richtige Stelle vereinbart und woran wäre diese für Dich erkennbar gewesen?
Nächste Frage, wurde eine solche Flucht mal geprobt, zum Beispiel an einer Lehrgrenze?
Ich meine von 'feindwärts' war ja der GZ-I recht einfach und flink zu überwinden, wenn es mal geübt wurde. Die Streckmetallplatten überlappten auf der Westseite und an einigen Betonsäulen waren ja die Schrauben regelrecht als Tritthilfen, so standen die raus. Hmm, vielleicht war das ja eine solche 'richtige' Stelle, na egal. Ich würde mich über möglichst emotionslose Antworten freuen und ... achso @Larissa, gehe mal davon aus das die Jungs, welche Du wahrgenommen hast hinter dem Zaun, keine 'richtigen' (im Sinne von normal) Grenzer waren, also gegen später dann mit dem Licht und so ...
Gruesse Dich 94. Es gab diese vereinbarte Stelle. Nur, diese war fuer diese Nacht nicht programmieret. Der Nachricht von mir kam nicht an, nicht zeitig genug. Die am Ort wussten in dem Moment wo ich abtransportiert wurde von den West Guys, dass es mich war.
Sehen muss man sicher, dass ich bereits bei dem Verlassen des Hauses sehr angeschlagen war, in seelischer HInsicht, und auch in physischer Hinsicht war ich ein Wrack folgend aus den vorherigen vier Wochen. Ich musste sofort damals gehen, aber ich tat es nicht, wollte aus Sorge um meine Familie richtigstellen. Ich weiss heute nicht, wie es uberhaupt geschafft habe, so weit zu kommen, habe Fehler gemacht. Ich war nicht die uebliche ich.
Geprobt nicht, aber eingehaemmert wie auch sonst alles. Flink zu ueberwinden war auch bei guter Kondition der hohe Zaun an dem ich war zu der Nachtzeit absolut nicht. Wir sprechen von 1988. Ich habe am Anfang nur einen Grenzer wahrgenommen, am Eck und in ziemlicher Entfernung ausserhalb des Zaunes. Fuer den Uebertritt war ich zu weit suedlich am Eckzaun. Wenn er gesehen oder bemerkt haette mich, waere das aber gut gewesen. Er war ein Grenzposten. Aber ich hing im alten Stacheldraht fest und er sah mich nicht. Pech auf der ganzen Linie. Ja die Leninistisch-marxistische Engeln, die muessen aber bei mir gewesen sein. Ich habe es nicht geschafft aber mit dem Leben davongekommen. Aber sieht man es heute so, was danach mit dem Mauerfall ein Jahr spaeter passierte, wurden Leute festgenommen in der DDR und auch spaeter kommend aus Moskau. Ich werde vieles spaeter schreiben was nach 1990 passierte, aber noch nicht ist die Zeit reif. Ich habe auch eine Zeichnung der Fluchtlinie der meinige, aber nicht hier.
Der Kiosk war ausserhalb oder nahe bei dem kleinen Bahnhof. Der alte bartige Mann, so hat man mir gesagt, waren ein paar Leute, die in einer Bruchbude wohnten, unweit von dem Bahnhof. Das war bereits am Anfang im Waldgebiet. Die waren meist betrunkene hat man mir nachher erzaehlt. Spaeter bestaetigt, hat man angenommen, dass ich bis Schwanheide fahren wollte mit dem Zug. Dort waere ich am Kontrollpunkt festgenommen worden. Ich bog zu spaet ab im Wald von den Schienen, haette noerdlicher gehen muessen. Alles muss in Betracht gezogen werden. Der Sturm, die Dunkelheit, vor allem mein Befinden das wurde stuendlich schlechter. *Das naechste Mal mache ich es besser.
Lieben Gruss, Larissa

Zitat von Larissa im Beitrag #12Ost-West bedingt ja, einige GV hatten sich mit (teilweise selbstgebauten) Übersteighilfen gut vorbereitet. Für West-Ost-Richtung war's 'einfach', es hätte nur mal geübt werden müssen. Und ja. wir reden von Mitte der 80er und dem 3,20m hohen Zaun mit den drei Stretchmetallplatten übereinander.
... Flink zu ueberwinden war auch bei guter Kondition der hohe Zaun an dem ich war zu der Nachtzeit absolut nicht. Wir sprechen von 1988.
Doch nun nochmal meine erste Frage, woran hättest Du unter 'normalen' Bedingungen 'Deine Stelle' erkennen können/sollen/müssen?
P.S. Ich meine GPS gabs damals ja noch nicht so richtig, zumindest nicht für Oma Schlawuttke.
Zitat von PF75 im Beitrag #9
also in den 70-igern hätte es doch die möglichkeit gegeben direkt am Bahndamm durch zu kommen und in Richtung Zweedorf gabs damals noch nicht mal einen 3 m -zaun.
Ich bin nur 157cm gross PF75. Ja, es war 1988. Dieser Zaun an dem die Holzhuette der BGS auf der anderen Seite des alten Schlagbaums stand weiter noerdlich, war sicher 6- 8 Meters hoch, wenn nicht noch mehr, oben mit Stacheldraht auf dem schraeg nach innen breiten Rand.
Ich weiss mit Gewissenheit, ich waere in dem letzten Zustand auch nicht ueber 3 Meter gekommen.
Gruesse, Larissa
Zitat von 94 im Beitrag #13Zitat von Larissa im Beitrag #12Ost-West bedingt ja, einige GV hatten sich mit (teilweise selbstgebauten) Übersteighilfen gut vorbereitet. Für West-Ost-Richtung war's 'einfach', es hätte nur mal geübt werden müssen. Und ja. wir reden von Mitte der 80er und dem 3,20m hohen Zaun mit den drei Stretchmetallplatten übereinander.
... Flink zu ueberwinden war auch bei guter Kondition der hohe Zaun an dem ich war zu der Nachtzeit absolut nicht. Wir sprechen von 1988.
Doch nun nochmal meine erste Frage, woran hättest Du unter 'normalen' Bedingungen 'Deine Stelle' erkennen können/sollen/müssen?
P.S. Ich meine GPS gabs damals ja noch nicht so richtig, zumindest nicht für Oma Schlawuttke.
Ende der 80 iger, 1988. Es wurde nix geuebt 94. Welche Richtung und wie man hochkommen musste auf einer Leiter war klar. Ich kannte nur von Fotos die Stelle aber Anhaltspunkte gab es. Ich habe nie ausgesagt, das wollten die Vernehmer sehr genau wissen auch. Es war eine hektische und stressige Zeit in der alle Kraefte vor dem Mauerfall und Fall der Demarkationline zur Stelle sein mussten, ohne Ruecksicht auf Verluste. Das kann man schlecht erklaeren, wer nicht mitten darin gewesen ist. Der Zaun war wie vorher gesagt, weitaus hoeher als 3.20 m. Aber es nicht die Stelle an der ich sein sollte. Das BGS Huette hatte eine grosse Bewandtnis. Ich musste 1 km weiter geradlinig mit dem Zaun gehen von dieser Huette aus. Das war Anhaltspunkt und ich waere abgeholt worden. Ich war nicht am Punkt. Aber auch die Genossen nicht. Die Genossen kamen, genau an dieser Stelle, wo ich war, aber zu spaet. Sie wurden aufmerksam gleichzeitig auf die BGS Grenzer und Fahrzeuge, die sich dort sammelten, als sie den Alert bekamen, das war zu spaet.
Larissa