Forum DDR Grenze- DDR Zeitgeschichte Online » + » Die Grenze,Die Teilung,geteilte Familien » Eine Grenze, die uns einst trennte und heute verbindet

Zitat von DoreHolm im Beitrag #3
Es hatte lange gedauert, ehe ich bei meinen Fahrten, meist dienstliche, das Passieren der ehemaligen Grenze als etwas Normales empfand. Ich dachte dabei meist zurück an die Zeit, als das nicht nur nicht möglich war, sondern auch nicht vorhersehbar, daß sich daran so bald etwas ändern könnte. Jetzt fällt Dir ein, einfach mal dort und dorthin zu fahren, dazu nicht bloß mit der Bahn, sondern mit dem PKW. Und Du mußt nicht mal die Geschwindigkeit drosseln, wenn rechts oder links Reste des Plattenweges auftauchten und niemand hat die Schranke unten und verlangt Deine Papiere. Solche Gedanken kamen mir dann meist.
... ich glaube selbst wenn ich 120 werden sollte ist eine Fahrt über die ehemalige Grenze (gleich wo)für mich nie etwas Normales, meine Augen suchen förmlich nach Anhaltspunkten und ich spüre das Mental.
Wenn wir über Helmstedt fahren werde ich unruhig, meine Augen suchen immer wieder das Stück Halde wo unsere 114 stand, dann sehe ich den Elm und vermisse die Totii Towers (KnollenBelobigungsMaschine).

Zitat von Zappel-EK-79-2 im Beitrag #16
Zitat von DoreHolm im Beitrag #3
Es hatte lange gedauert, ehe ich bei meinen Fahrten, meist dienstliche, das Passieren der ehemaligen Grenze als etwas Normales empfand. Ich dachte dabei meist zurück an die Zeit, als das nicht nur nicht möglich war, sondern auch nicht vorhersehbar, daß sich daran so bald etwas ändern könnte. Jetzt fällt Dir ein, einfach mal dort und dorthin zu fahren, dazu nicht bloß mit der Bahn, sondern mit dem PKW. Und Du mußt nicht mal die Geschwindigkeit drosseln, wenn rechts oder links Reste des Plattenweges auftauchten und niemand hat die Schranke unten und verlangt Deine Papiere. Solche Gedanken kamen mir dann meist.
... ich glaube selbst wenn ich 120 werden sollte ist eine Fahrt über die ehemalige Grenze (gleich wo)für mich nie etwas Normales, meine Augen suchen förmlich nach Anhaltspunkten und ich spüre das Mental.
Wenn wir über Helmstedt fahren werde ich unruhig, meine Augen suchen immer wieder das Stück Halde wo unsere 114 stand, dann sehe ich den Elm und vermisse die Totii Towers (KnollenBelobigungsMaschine).
Ja, klar. Ich sehe schon, daß ich unwillkürlich nach Anhaltspunkten suche, wo die Grenze denn nun genau verlief und was noch übrig ist.
Nur, das etwas ungläubige Staunen ist nicht mehr, über das noch wenige Jahre vorher Unfassbare. Vor allem hatte ich immer nach den drei Kanaldeckeln geschaut, die an bestimmten Stellen im Asphalt zu sehen waren (Brücken, Steilhänge u.s.w.). Bis zu knapp 100 km in Altbundesland konnte ich sie entdecken. Aber seit etlichen Jahren sind sie weg.

Ich betrachte "meinen" Grenzabschnitt längst wie andere Orte meiner Vergangenheit.

Krelle, da hast Du aber ein Thema aufgegriffen, welches mich doch sehr berührt, sogar heutzutage noch. Sofort taucht der Begriff Heimat auf und schon hänge ich mit den Gedanken mitten drin in dem Dilemma mit "zu Hause", "Daheim" und "Herkunft" und alles drum und dran.
Bin gebürtig in Essen, mitten im Kohlenpott. Während des Krieges habe ich, fern von zu Hause, fern der Heimat in Österreich gelebt. Währenddessen wurde mein Zuhause durch Bomben völlig zerstört und meine Familie in die Altmark umgesiedelt, die Heimat verloren. Die Stationen meines Lebens lagen dann im Osten, jetzt ist Dresden meine Heimat. Manchmal kommen dann Zweifel auf. Gibt es eine alte und neue Heimat, kann eine willkürlich gezogene Grenze, die ich selbst 15 Jahre bewacht habe, mich von meiner Heimat trennen? Jetzt ist die Grenze längst gefallen und ich besuche meinen Bruder, der 89 sofort von Stendal nach Essen umgezogen ist. Warum ich nicht? Meine Schwester lebt in Wolfsburg. Wenn ich sie besucht habe nach 89, bin ich über die Grenze hin und her in meinem eigenen ehemaligen Abschnitt Beendorf gefahren, wo ich ja mal 120 m von der Grenze entfernt mit meiner Familie gewohnt und dort auch gedient habe. Natürlich war ich nach der Grenzöffnung in Essen, aber erst dann wurde mir so allmählich klar, dies Stadt ist nicht mehr meine Heimat, meine Heimat ist Dresden geworden. Und doch, wenn ich nach Wolfsburg zur Familie meiner Schwester oder nach Essen zu meinem Bruder fahre, die Grenze passiere ich in der Regel so, dass ich an einer günstigen Stelle anhalte , um schließlich festzustellen, da ist nichts mehr, die Geschichte ist darüber hinweg gegangen.
Ein wenig emotional mein Geschreibsel, wem es nicht zusagt, muss es ja nicht lesen, meint der 39.

@der 39. ja was du da aufschreibst ist schon sehr interessant auch für mich. In gewisser Hinsicht habe ich mich auch selbst entwurzelt und bin in die Ferne gezogen, die ersten 7 1/2 Jahre ohne eine Chance auf Rückkehr. Es war nicht so, dass ich mich nach der DDR gesehnt habe, ganz gewiss nicht, aber in erster Linie meine Eltern und Geschwister ( weitere Verwandten hatte ich dort nicht ) hätte ich gern wieder gesehen und natürlich auch die Freunde aus der Kindheit und Jugend. Erst nach Ablauf dieser Zeit konnte ich fahren und von da an war meine Ausreise komplett. Nach einem Kurzaufenthalt im Bundesland Bayern zog ich weiter ins Rheinland. Hier fühlte ich mich vom ersten Tag an sehr wohl. Die Menschen sind sehr aufgeschlossen und begegnen einem ohne Vorurteile. Nun wohne ich schon 57 Jahre in Düsseldorf, einer sehr schönen Stadt. Hier habe ich eine Familie gegründet , wir haben 2 Kinder und 3 Enkel. Das sind alles Bindungen, also Wurzeln im rheinischen Boden. Ich kann mir vorstellen wieder in EF zu wohnen, es ist mir nicht fremd, aber es zieht mich auch nicht sehr dorthin. Nach meiner Ausreise aus der DDR war ich auch mal kurz in Wien, meiner Geburtsstadt. Ja auch eine schöne Stadt aber ich merkte durch Geburt entwickelt man nicht sofort ein Heimatgefühl. Ich hatte überlegt, nach Wien zu gehen und die österreichische Staatsangehörigkeit hätte ich sicher in kurzer Zeit bekommen. Auch hatte ich die Oma dort und einen Groß-Cousin, die mir sicher hätten helfen können. Aber Österreich war mir etwas zu klein , zu piefig. Ich bin eben in Deutschland aufgewachsen und sozialisiert. So habe ich diesen Plan wieder fallen lassen. Ich denke hier bleibe ich bis ans Lebensende.
In Essen war ich auch schon einige Male, die Alfredstr. ist mir in Erinnerung als eine Hauptstraße. Es ist ja nur eine knappe Stunde mit dem Auto nach Essen.