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Als der Sekundenzeiger um 23.59 Uhr und 59 Sekunden des 2. Oktober 1990 nach vorne schnellte, war dieser Augenblick für unzählige Menschen mehr als nur „Zeitgeschichte“. Zu den vielen Menschen, die auf diesen Moment warteten, gehörte auch ich.
Am ehemaligen Grenzübergang zwischen Selmsdorf und Lübeck-Schlutup befindlich, erlebte ich „live“, wie sich etwas vollzog, das ich vor dem 9. November 1989 eigentlich für „unmöglich“ gehalten hatte.
In der Innentasche meiner Lederjacke, die ich trug, befand sich gegrilltes Hähnchen, das ich kurz zuvor auf dem Gelände der bereits im „Zerfall" begriffenen ehemaligen GÜSt Selmsdorf von einem Imbissbetreiber erworben hatte und das dafür vorgesehen war, am kommenden Mittag verspeist zu werden.
Das „Halbe“ schrieb ebenfalls „Geschichte“; versaute es mir doch das teure Bekleidungsstück, weil das Fett durch die dünne Tüte in die Jacke drang.
„Verloren“ schien mir aber doch so viel mehr.
Gewiss, ich nahm den mitgebrachten Einweg-Becher in die Hand und setzte diesen, mit Sekt gefüllt, an meine Lippen. Ja, ich hatte auch eine „Deutschland-Fahne“ dabei und schwenkte sie in den ersten Sekunden des 3. Oktober 1990 wild umher. Die Augen waren feucht. Ich weiß heute nicht mehr genau zu sagen, welche Tränen, die ich vergoss, „echter“ waren.
Waren es die der Freude? Oder hatten jene der „Trauer“ oder des Besorgnis doch die „Oberhand“?
Mein bisheriger Arbeitsplatz war ebenso „Vergangenheit“ wie die Grenze, die uns Deutsche jahrzehntelang getrennt hatte. Ende Juni 1990 war ich zum letzten Male als Angehöriger des bundesdeutschen Zolls an der innerdeutschen Grenze unterwegs gewesen – und bereits diese letzte Streife hatte viel „Kraft gekostet“ – eine Menge an Erinnerungen und Emotionen waren damit verbunden gewesen.
Berufliche Erfüllung hatte ich in meinen „Grenzdienst-Jahren“ zwischen 1983 und 1989 gefunden. Hatte sich diese nun ebenso „abgesetzt“ wie die vielen Menschen, die seinerzeit der DDR den Rücken gekehrt hatten? Und falls ja, „wo“ würde ich sie nun finden?
Der neue „Arbeitsplatz“ im Hamburger Freihafen schien mir eine andere Welt zu sein. „Befremdlicher“ als jene Grenze, die es ab Punkt 00.00 Uhr des 3. Oktober 1990 nicht mehr gab. Die vielen im Hafen befindlichen Schiffe mochte ich – die fiskalischen Aufgaben, die es dort nun zu bewältigen galt, entsprachen jedoch nicht mehr „dem“, warum ich einst zum Zoll ging. Ich war eigentlich fest davon ausgegangen, bis zu meiner Pension den für mich äußerst interessanten und spannenden Grenzaufsichtsdienst an der Grenze zur DDR leisten zu können.
Aber es kam anders (was ich nicht als „Klage“ bitte aufzunehmen) …
Gehofft hatte ich, dass die „Wiedervereinigung“ – als dieser Begriff besonders ab dem „Mauerfall“ immer mehr in den Vordergrund rückte – "mehr" sein würde, als „nur“ der Anschluss der Demokratischen Republik an die Bundesrepublik Deutschland.
Gehofft hatte ich, dass wenn keine „ DDR“ mehr existiert, es dann auch keine „BRD“ und es „nur“ noch DEUTSCHLAND gibt. Gehofft hatte ich, dass wenn zwei Welten fusionieren, „Neues“ dabei entsteht und das „Beste“ aus beiden sich zu diesem EINEN (DEUTSCHLAND) zusammenfügt.
Manche Hoffnungen sind dazu da, um sie zu Grabe zu tragen. Aber es gibt auch Hoffnungen, welche Kraft und Bestand haben und für die es sich zu leben lohnt.
Leben und hoffen wir gemeinsam, dass dieses Leben „lebenswert“ bleibt.

ein sehr schöner Beitrag, den du @krelle da schreibst. Ich denke das Werk wird vollendet, die Vollendung der deutschen Einheit. Den ossi wessi Stuss, der vor allem durch dieses Forum geistert, muss man nicht ernst nehmen und schon gar nicht verallgemeinern. Ist eine vorübergehende Erscheinung, rein biologisch gesehen.

Mir gefällt der Beitrag von krelle. Ich teile Gerts Optimismus, dass die deutsche Einheit vollendet wird.
Probleme habe ich mit der Aussage: "
Zitat von Gert im Beitrag #2
Den ossi wessi Stuss, der vor allem durch dieses Forum geistert, muss man nicht ernst nehmen und schon gar nicht verallgemeinern
Verallgemeinern dürfen wir diese Stimmungen und Empfindungen nicht; ernst nehmen aber müssen wir sie schon.
Die Einheit musste 1989/90 schnell vollzogen werden. dieses Tempo schloss Fehlentscheidungen und Ungerechtigkeiten ein.
In den nachfolgenden 30 Jahren sind aber viele Fehlentscheidungen und Ungerechtigkeiten nicht korrigiert worden. Übrig geblieben ist ein in den NBL unterschwellig vorhandenes Gefühl der Benachteiligung. Nicht nur alte Menschen sehen, dass fast alle wichtigen Positionen in Wissenschaft, Justitz u.a. Bereichen mit Persönlichkeiten aus den alten Bundesländern besetzt sind. Darüber denken auch junge Menschen nach.
Davon, dass der sogenannte "Ossi Wessi Stuss" nicht ernst genommen wurde, profitierten m.E. bei den Wahlen auch Leute mit einem Demokratieverständnis, das Angst machen kann.

Zitat von Klauspeter im Beitrag #3
profitierten m.E. bei den Wahlen auch Leute mit einem Demokratieverständnis, das Angst machen kann.
die Gewählten machen mir keine Angst, sie werden sich durch ihre dummen Sprüche irgendwann selbst entlarven und entzaubern.
was mich sehr enttäuscht oder besser gesagt wundert,ist das Demokratieverständnis derer, die diese Figuren wählen. Haben sie vergessen, was es heißt unfrei zu sein, in einer Diktatur zu leben?.
Zuzm Glück sind die Menschen in D in der Überzahl, die das erkennen, also auch um zu verhindern dass eines Tages solche Radikalen an die Macht kommen egal ob von links oder rechts.

Die Grünen sind längst radikal. Neulich wurden sie irgendwo in den Medien mit "linker als LINKS" charakterisiert.
Stimmenfang mit Angstmache, ein beliebter Vorwurf an Andere, beherrschen die bestens. Intoleranz auch.

Gert #4 : Zuzm Glück sind die Menschen in D in der Überzahl, die das erkennen, also auch um zu verhindern dass eines Tages solche Radikalen an die Macht kommen egal ob von links oder rechts.
Ich hoffe, Du hast recht. So sehr sicher bin ich mir da nicht. Es reichen schon 30 - 40%, die das nicht erkennen und es problematisch in Deutschland für viele Menschen, die das erkennen. Bei den Nazis war es auch weniger als 50% und doch hat er es geschafft.

Zitat von Klauspeter im Beitrag #3
Mir gefällt der Beitrag von krelle. Ich teile Gerts Optimismus, dass die deutsche Einheit vollendet wird.
Probleme habe ich mit der Aussage: "Zitat von Gert im Beitrag #2
Den ossi wessi Stuss, der vor allem durch dieses Forum geistert, muss man nicht ernst nehmen und schon gar nicht verallgemeinern
Verallgemeinern dürfen wir diese Stimmungen und Empfindungen nicht; ernst nehmen aber müssen wir sie schon.
Die Einheit musste 1989/90 schnell vollzogen werden. dieses Tempo schloss Fehlentscheidungen und Ungerechtigkeiten ein.
In den nachfolgenden 30 Jahren sind aber viele Fehlentscheidungen und Ungerechtigkeiten nicht korrigiert worden. Übrig geblieben ist ein in den NBL unterschwellig vorhandenes Gefühl der Benachteiligung. Nicht nur alte Menschen sehen, dass fast alle wichtigen Positionen in Wissenschaft, Justitz u.a. Bereichen mit Persönlichkeiten aus den alten Bundesländern besetzt sind. Darüber denken auch junge Menschen nach.
Davon, dass der sogenannte "Ossi Wessi Stuss" nicht ernst genommen wurde, profitierten m.E. bei den Wahlen auch Leute mit einem Demokratieverständnis, das Angst machen kann.
Kürzlich hatte ich Auszüge eines ganzseitigen Interviews einer ostdeutschen Frau (Frau Hiltrud Werner) eingestellt, die es bis in die Vorstandsetage von VW geschafft hatte. Ich zitiere hier mal: " Ich glaube nicht, daß es ein Problem ist, als Ostdeutscher im Westen Karriere zu machen. Aber im Osten schon. Rund achtzig Prozent der Leitungsfunktionen werden dort von Westdeutschen besetzt. Da würde ich mir wünschen, daß dieses Verhältnis umgedreht ist und auch mehr Frauen eine Chance erhalten".
Warum wohl ? Ich denke, da ist immer noch in manchen Köpfen das Denken verankert, die Westdeutschen sind die Sieger, die können Marktwirtschaft, die haben wirklich von allem mehr Ahnung, egal ob das Wirtschaft, Wissenschaft, Sport oder Kultur ist. Nun, da sie (die Westdeutschen) nun mal in den Positionen sitzen, wen werden sie bevorzugt als Nachfolger oder Leitungskader fördern ? Ihresgleichen aus dem Westen. Ist nicht immer so, aber ich meine, überproportional zumindest. Der eigene Clan, die eigenen alten Bekannten, die Menschen mit gleichem historischen Hintergrund.

auf SPON habe ich eine interessant These gefunden, die in dieses Thema passt.
Ossis schon chancenlos, als es noch gar keine Ossis gab
Ostdeutsche haben geringere Karriereaussichten als Westdeutsche. Das zeigt sich sogar auf Wikipedia, wo ein deutliches West-Ost-Gefälle bei Personenartikeln besteht. Die Gründe dafür sind teils Jahrhunderte alt.
www.spiegel.de/karriere/wikipedia-analys...-a-1288668.html
kann man darüber diskutieren. Ich glaube da ist etwas dran

Wer’s glaubt!
Meines Erachtens dummes Zeug. Wer will wird auch was, wer aber meint sich hinter „oasis“ verstecken zu müssen hat schon verloren. Die vielen die aus MV etc in den letzten Jahren nach NRW gezogen sind, sind doch was geworden. Aber einige Thesen immer wieder vertreten, dann wird auch geglaubt.
@Krelle Dein Text ist super und auch ich glaube an eine gute Zukunft für alle zwischen Oder und Rhein

Ohne den Artikel gelesen zu haben, frage ich, was ist Karriere? Was will der Mensch in seinem Berufsleben erreichen? Ist Geld alles oder gibt es da noch andere Dinge im Leben?
Für meine Person kann ich schreiben, in der DDR hätte ich nur mit dem Kopf nicken müssen, um Direktor eines VEG (Volkseigenes Gut) zu werden. Habe ich abgelehnt, weil mich die Nähe zu den "führenden Genossen", die mich dann hätten gängeln können, gestört hat.
Nach der Wende hat man mir in Niedersachsen auch mehrmals eine Trittleiter vor die Nase gestellt. Diese habe ich ebenso nicht betreten, weil ich auch da in die Nähe irgendwelcher Funktionäre gerückt wäre, weil mir mein Job Spaß gemacht hat und weil mir mein Familienleben wichtiger war als ein paar Euronen mehr.

Zitat von Ratze im Beitrag #9
Die vielen die aus MV etc in den letzten Jahren nach NRW gezogen sind, sind doch was geworden.
das ist ja auch genau das , was in dem Artikel steht. Die dort vertretene These lautet aber, dass sie in ihren angestammtem Heimatgebieten schlechtere Chancen haben, weil diese überwiegend ländlichen Charakter haben. Das gleiche Merkmal schreibt der Autor des Artikels den ländlichen Gebieten in Scjhleswig Holstein und Niedersachsen zu.
Ich denke auch, dass die Menschen in den industriellen Ballungsgebieten größere Entwicklungschancen haben als die auf dem Lande. Ist aber meine subjektive Beobachtung.

Zitat von furry im Beitrag #10
Ohne den Artikel gelesen zu haben, frage ich, was ist Karriere? Was will der Mensch in seinem Berufsleben erreichen? Ist Geld alles oder gibt es da noch andere Dinge im Leben?
Für meine Person kann ich schreiben, in der DDR hätte ich nur mit dem Kopf nicken müssen, um Direktor eines VEG (Volkseigenes Gut) zu werden. Habe ich abgelehnt, weil mich die Nähe zu den "führenden Genossen", die mich dann hätten gängeln können, gestört hat.
Nach der Wende hat man mir in Niedersachsen auch mehrmals eine Trittleiter vor die Nase gestellt. Diese habe ich ebenso nicht betreten, weil ich auch da in die Nähe irgendwelcher Funktionäre gerückt wäre, weil mir mein Job Spaß gemacht hat und weil mir mein Familienleben wichtiger war als ein paar Euronen mehr.
dazu muss man natürlich wissen, was das Wort Karriere bedeutet.
Wiki sagt hierzu :Das Wort Karriere bedeutet dem Wortsinn nach „Fahrstraße“ (lateinisch carrus „Wagen“). Der Begriff im exakten Sinne bezeichnet also jegliche berufliche Laufbahn, ganz gleich ob sie als Auf- oder Abstieg wahrgenommen wird.
also mitunter auch eine simple Berufausbildung ist schon eine Karriere.
https://youtu.be/uPHi5xn_q5c

@Gert , es ist einfach immer wieder schön, wie man Dich locken kann.
Und schön ist es auch, dass Du mir die Erklärung der "Karriere" präsentierst.
Nur haben wir beide völlig verschiedene Ansichten vom Sinn des Lebens, das einfach, ganz einfach, auch sehr schön sein kann.
Frei nach Alfred Tetzlaff: "Wenn Du verstehst, was ich meine."

@furry, Es ist auch einfach schön zu beobachten wie du auf jeden Post von mir anspringst. Bist ein richtiger kleiner Dampfplauderer