Forum DDR Grenze- DDR Zeitgeschichte Online » + » DDR Staat und Regime » Wer glaubte an die Parolen in der DDR?
Da es im Thema Gartenschläger wirklich nicht angebracht ist und ich meinen "Senf" auch schreiben wollte hier ein anderes Thema....
@Gert ich trauere der DDR nicht nach.....
Nur das Thema ist so zwiespaltig.....
Ich habe nie wirklich "alles geglaubt", ich habe schon immer Abstriche an den Meldungen gemacht. Wenn z.B. von den heldenhaften kampftaten der Arbeiter an der "Arbeitsfront" berichtet wurde, da habe ich innerlich "abgelacht", ich hatte ja Umgang mit den Helden der Arbeit und wußte wie diese wirklich denken. So wie man heute manipuliert wird, so wurde man auch damals manipuliert.
Doch es gab einen Grundsatz für mich, lieber in einem sozialistischen Staat mit all seinen Fehlern zu leben als im Kapitalismus. Und genau an dieser Stelle hat die Meinungsmache eingesetzt. Es gab nur "Schwarz (pöööse Kapitalismus) und weiß (der guuute Sozialismus). Dies zeigte sich schon in einfachen Liedtexten "Sag mir wo Du stehst", dort wurde in etwas modernen Rhytmen die Ansage "Du kannst nicht zu uns und zu ihnen gehören" untergebracht.
Wenn man Ideale hat, da ist man bereit über so ein paar "Ungereimtheiten" hinweg zu schauen. Ich habe erst dann mit diesem Staat gehadert, als ich erkannte wie dieses System die eigenen Grundlagen (Marx) verbogen hat. Zu diesem Zeitpunkt ist für mich eine starke Distanz entstanden. Ich habe nicht den Sozialismus abgelehnt, ich habe die Art der versuchten Umsetzung abgelehnt.
Es ist schwer zu erklären was man damals dachte. man war irgendwie innerlich zerissen, JA zu dem Sozialismus und gleichzeitig hat man die Auswüchse erkannt und wollte diese für die großen Ideale nicht sehen. Frei nach dem Motto "Lieber Gott laß mit meinen Glauben".
Es war wohl eine Form des Selbstbetruges, aber nicht aus Naivität.....
Es gab in der DDR die Parole „gesicherte Grenze - gesicherter Frieden“, die für mich unter Betrachtung der sich gegenüberstehenden Militärblöcke durchaus Sinn machte. Heute denke ich über diesen Slogan gelegentlich nach und komme global betrachtet, auf die heutige Zeit bezogen, zu der Einschätzung, dass diese Parole durchaus etwas realistisches hat. Denn die Welt ist nach dem Wegfall der Blockkonfrontation weder sicherer, berechenbarer oder politisch stabiler geworden.

Also die DDR-Parolen hatten für mich immer etwas Erheiterndes, die konnte man ja nicht ernst nehmen. Ich bin aber auch nicht dagegen angegangen, man schmunzelte innerlich oder lachte im verlässlichen Freundeskreis darüber. Ich passte mich an, es blieb einem ja auch in dieser Käfighaltung fast keine Alternative. Man wusste, z.B. bei der Einleitung in einer Diplomarbeit, dort mussten ein paar Zitate aus dem VIII. Parteitag vom Ulbricht erscheinen. Wer das nicht erlebt hat, schüttelt natürlich den Kopf darüber.
Mit dem Glauben habe ich sowieso meine Probleme, das betrifft auch religiöse Fragen.
Ich erkenne aber an, dass die Erziehung eine wesentliche Rolle in allen Glaubensfragen ergibt.
In dieser Beziehung wurde ich zu keinerlei Glauben angehalten.
Und hier noch ein schönes Bild zu der Parole: „Überholen ohne Einzuholen“
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Für mich gehörten die "Parolen" dazu, war halt so. Habe da ehrlich gesagt nie tiefgründiger drüber nachgedacht.
Bin halt damit aufgewachsen, so wie die im Westen mit "Wäscht so weiß, weißer geht's nicht." verscheissert wurden.

Begeisterung sieht anders aus....
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Wie ernst diese offiziellen Parolen genommen wurden und was aus ihnen gemacht wurde:
Initiative ist Disziplinlosigkeit mit positivem Ausgang.
Was heute richtig ist, kann morgen schon falsch sein.
Vorwärts zu allem Möglichen.
Wir machen jeden Tag Minus, aber die Masse bringt es.
Staatliche Auflagen heißt, überbieten ohne zu erfüllen.
Kommunismus ist, wenn jeder von jedem genug hat.
So wie wir heute leben, haben wir noch nie gearbeitet.

„Kein Bedarf, kein Bedarf“ so klingt es heute noch in meinen Ohren als ich einem alten Stellwerker aus Eisleben von meiner bevorstehenden Bahnreise nach Kiew erzählte.
Er hat dort noch als tapferer Weltkrieger mitgemacht, war Mitte der 1980er Jahre schon kurz vorm Rentenalter und hatte eine ganz andere Perspektive auf Ostwärtsreisen, so wie die Perspektive der ebenfalls überwiegend kriegserfahrenen Genossen DDR– Gründer auf den segensreichen Kapitalismus eine andere war als jene der jugendlichen Empfänger frisch parfümierter, Lewis bestückter Westpäckchen.
Es ist sehr viel Einfühlungsvermögen notwendig, so etwas zu verstehen.
Zu verstehen, daß die alten Kämpfer schon eine Zeitschleife mehr als wir jungen Sozialismusverwalter hinter sich hatten und wußten, was die Macht des Geldes in wenigen Händen für Konsequenzen haben würde.
Was ist so schlimm am Leitspruch „ Im Namen der Menschheit wir bleiben dabei, ins neue Jahrtausend atomwaffenfrei“, vermutlich sogar ein Honecker– Original, wobei wir heute eigentlich froh sein können, daß es mehrere Atommächte gibt.
Warum sich die Russen damals dieses ruinöse Wettrüsten haben aufzwingen lassen, ist mir heute noch unbegreiflich– Niemand stirbt doch fünf Mal hintereinander– wozu die ganzen Massenvernichtungswaffen, na sei es drum, gehört nicht hier her.
Einige dieser glorreichen Thesen z. B. „ Wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben“ waren auch schlüssig und vernünftig, das kannte ich ja schon von den Saatkartoffeln die erst Mal gelegt und gepflegt werden müssen bevor sie in der Bratpfanne landen.
Aus mir unerklärlichen Gründen wurden solche wahrheitshaltigen Parolen von Politikern wie jenem Honecker ins Gegenteil verkehrt, das kann nur die blanke Angst vorm eigenem Volk oder krankhafte Harmoniesucht dieses „grinsenden Zuckerschnäuzchens“ (Zitat meiner Mutter) gewesen sein.
Und „was des Volkes Hände schaffen sollte schließlich des Volkes Eigentum“ sein, was aber wenn nicht jeder zum Umgang mit Eigentum qualifiziert ist?
So wie heute der eine aus 100.000 € in zehn Jahren mit etwas Mut und Cleverness Millionär werden kann, so verzocken andere innerhalb von sechs Monaten einen gleich großen Lottogewinn, will heißen, das Volkseigentum nichts mit Wohltaten und Reichtum sondern überwiegend mit Verantwortung zu tun hatte und nicht jeder Gorilla kann halt Auto fahren, leider.
Parolen im Allgemeinen sind Populismus, damals wie heute und wenn man sie zu übersetzen versteht, erkennt man beeindruckende Duplizitäten, hier eine über das Pfeifen im Walde:
„Wir schaffen das“ (A.M) = „ Vorwärts immer rückwärts nimmer“ (E.H.)
Wer kennt sie noch die 10 Prinzipien der soz. Leitungstätigkeit?
Ich bringe sie leider nicht mehr alle zusammen.
Wo wir sind ist vorn, wenn wir hinten sind ist hinten vorn.
Keiner ist so schlecht, dass er nicht noch als abschreckendes Beispiel zu gebrauchen ist.
Unser Wissen und unser Können ist unser Reichtum, aber Armut schändet nicht.
Kontrollstreife

Habe ich noch nie gehört
Stand ja auch nicht im ND.
Ich habe es irgendwann schon mal geschrieben, dass doch einiges von dem was ich immer als politische Propaganda abgetan habe sich nach der Wende doch als real herausgestellt hat.
Aber so ist es eben. Man wird alt wie eine Kuh und lernt jeden Tag dazu.
Kontrollstreife
[quote="Ebro"|p692471]Habe ich noch nie gehört[/quote]
solchen Dönchen wurden sicher auch nicht in den Kreisen erzählt, in denen du dich vermutlich bewegtest. Deine Gesprächspartner konnten sicher wie aus der Pistole geschossen die §§ zitieren, die solche Gesprächsinhalte sanktionierte.
mein Vater hatte mal solch einen schönen Spruch drauf.
"Die Höchststrafe in der DDR sind 5 Jahre ohne Beziehungen".
ich Glaube und glaubte so wenig an die Parolen der DDRäh wie an die vom jetzigen System.
Einer geht noch.
"Wer schon die Übersicht verloren hat, sollte wenigstens den Mut zur Entscheidung haben."
Mal sehen wer da noch einen beisteuern kann und bestimmt fällt mir auch noch einer ein.
Kontrollstreife